FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022

einer Inflation, so hoch wie schon lange nicht mehr, der steigenden Zinsen und der Verschärfungen bei der Kreditbeschaffung, ist die Zahl der Interessenten, die sich einen Kauf auch leisten können, deutlich zurückgegangen“, berichtet Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer des Makler- netzwerks Re/max. Die rückläufige Nachfrage ist auch bei den Krediten zu sehen. Im August und September halbierten sich auf- grund der verschärften Kredit- vergabekriterien und der Zins- erhöhungen die Zusagen für Wohnbaudarlehen. „Eine Ana- lyse der vorliegenden Daten der OeNB zeigt, dass es seit 2009 und trotz verschiedenster Turbulenzen einen derartigen Einbruch bislang nicht gege- ben hat. Zudem stellen wir fest, dass der Immobilienverkauf binnen weniger Monate deut- lich schwieriger geworden ist“, kommentiert Christoph Kirch- mair, Geschäftsführer des Kre- ditbrokers Infina, die aktuelle Situation. Er rechnet 2023 mit einem weiteren Rückgang bei der Kredit- nachfrage um 25 bis 50 Prozent. Fraglich ist, ob sich Immobilieninvest- ments von dieser Entwicklung abkoppeln können. FONDS professionell hat sich umgehört und unterschiedliche Statements erhalten. Zumindest hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass die Nachfrage insbesondere nach Vorsorgewohnungen spürbar zurückgegangen ist. Investoren zögern Das Interesse der Investoren ist prinzi- piell weiterhin vorhanden, so die befragten Marktteilnehmer. Die Entscheidungsfreu- digkeit lässt jedoch nach. „Die Investoren sind von der permanenten negativen Medienberichterstattung verunsichert und zögern ihre Investmententscheidung hin- aus“, berichtet Öko-Wohnbau-Geschäfts- führer Wolfgang Stabauer. Das scheint aber nicht überall so zu sein. Während viele Branchenteilnehmer stagnierende oder gar rückläufige Umsätze verzeichnen, meldet die IFA einen Rekord. „Zum Ende des dritten Quartals hatten wir den in unserer Historie höchsten Platzierungsstand zu die- sem Zeitpunkt erreicht“, freut sich Vorstand Michael Meidlinger. Das in der Regel um- satzstärkste vierte Quartal sei gut gestartet. Auch die C&P, eine führende Anbieterin von Anlegerwohnungen, ist nicht unzufrie- den. Vorstand Albert Sacher erklärt auf An- frage: „Im dritten Quartal ist die Nachfrage merklich zurückgegangen, sodass auch wir unserer sportlichen Verkaufsplanung hin- terherhinken. Aktuell zieht die Nachfrage bei Bestandskunden, Vertriebspartnern und Neuinteressenten wieder sehr stark an.“ Die Verkaufsargumente für Immobilien- investments haben sich inhalt- lich kaum, dafür in der Beto- nung stark geändert. Die An- bieter rücken den Inflations- schutz vermieteter Immobilien und den auf lange Sicht mög- lichen Vermögenserhalt in den Vordergrund. Der Faden muss aber weitergesponnen werden. „Denn die hohen Energie- kosten für die Mieter und die damit verbundene Beeinträch- tigung der Vermietbarkeit, wenn die Miete bereits relativ hoch ist, sind auch ein Grund für eine gewisse Zurückhal- tung vieler Anleger“, weiß Maklerchef Reikersdorfer. Marion Weinberger-Fritz, RVW: „Die hohe Inflation treibt Investoren, die über ausreichend Eigenkapital verfügen, nach wie vor in die Immobilie.“ Albert Sacher, C&P: „Man merkt auf alle Fälle, dass sich die Kaufinteressenten genauer informieren und gründlicher nachdenken.“ Ruhe vor dem Sturm Wohnimmobilienpreisindex der OeNB (bis September 2022) Der rasante Preisanstieg bei Wohnimmobilien ist gestoppt. Im zweiten Quartal begannen die Preise zu stagnieren. Quelle:OeNB |2000=100 100 150 200 250 300 350 2022 I I 2020 I I I I I 2015 I I I I I 2010 Wien Österreich (ohne Wien) Österreich (gesamt) 127 121 142 278 265 320 SACHWERTE Immobilienvertrieb 164 fondsprofessionell.at 4/2022 FOTO: © GUENTER MENZL, RIEDLER PETER | C&P

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