FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022
Die fetten Jahre sind vorbei, der Wohnimmobilienmarkt steht unweigerlich vor einer Konsolidierung. FONDS professionell sprach mit Wohninvest-Geschäftsführer Gerold Pinter über die gegen- wärtige Situation und die Beständigkeit von Bauherrenmodellen. E nde November 2008, gut zwei Mona- te nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers, war eine manifeste Finanz- und Wirtschaftskrise im Anflug. Trotzdem gründeten zwei Gra- zer in Wien ein neues Immobilienunter- nehmen. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht absehbar, dass Gerold Pinter und Robert Fotter vor einem Immobilienboom historischen Ausmaßes standen. Es lief deshalb gut, ohne dass das Geschäftsmo- dell innovativ ist: Wohninvest entwickelt Immobilien bevorzugt durch die Sanie- rung von Altbauten. Für die steueropti- mierte Finanzierung sorgt Pinter, da er selbst Steuerberater und Rechtsanwalt ist. Inzwischen hat Wohninvest nach eige- nen Angaben im Osten und Süden Öster- reichs über 50 Projekte selbst und einige für Privatbanken oder andere Anbieter um- gesetzt. Das Gesamtinvestitionsvolumen dieser Projekte beträgt mehr als 300 Mil- lionen Euro. Die Coronavirus-Pandemie konnte dem Immobilienmarkt nichts an- haben. Enorme Preissteigerungen und die Zinswende verändern aber das Geschäft. Herr Pinter, Ihre Wohninvest ist primär für Bauherrenmodelle bekannt. Welche Rolle spielen Vorsorgewohnungen in Ihrem Unternehmen? Hin und wieder machen wir solche Projek- te, das ist aber nicht unser Hauptgeschäft. Wir sind auf steueroptimierte Beteiligun- gen spezialisiert. Wie viele Projekte, die in Akquisition, Ent- wicklung und im Bau sind, verfolgen Sie aktuell? Momentan sind es 15, wobei wir Liegen- schaften nicht auf Vorrat kaufen, ohne etwas zu tun. Unser Geschäft ist mit einem langfristigen Ansatz die Entwicklung von Objekten, die sich gut vermieten lassen. Die Todsünde ist immer der zu teure Einkauf, sagten Sie imVorfeld. Wie meinen Sie das? Manche Investoren kaufen Zinshäuser und halten Sie einfach im Bestand, ohne ent- lang der Wertschöpfungskette zu inves- tieren. Trotzdem wollen sie diese später teurer verkaufen. Eine Zeit lang ist das gut gegangen, aber jetzt funktioniert das nicht mehr. Das heißt ja nicht, dass Sie nicht auch zu teuer einkaufen? Wir haben nie das Thema gehabt, dass wir eine zu teure Grundsubstanz gekauft hät- ten, weil wir die Vermietung so kalkulieren müssen, dass es wirtschaftlich auf jeden Fall passt. Denn entweder sind die Mieten im Zusammenhang mit öffentlichen Förde- rungen gedeckelt oder wir profitieren im Denkmalschutz davon, dass die Mieten bei denkmalgeschützten Immobilien nicht dem Vollanwendungsbereich des Miet- rechtsgesetzes unterliegen. Das heißt, dass dort trotz verkürzter Abschreibungen höhere Mieten verlangt werden dürfen. Das klingt fast so, als hätten Sie sich von der Preisexplosion in der Boomphase ent- koppeln können? Für uns war der Boom am Immobilien- markt eher schlecht, weil damit die Preise für Altsubstanzen ein wenig davongelaufen „Bei Immobilien muss wieder gerechnet werden“ » Für uns war der Boom eher schlecht, weil die Preise für Altsubstanzen davongelaufen sind. « Gerold Pinter, Wohninvest SACHWERTE Gerold Pinter | Wohninvest 156 fondsprofessionell.at 4/2022
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