FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022
Auflösungs erscheinung Jedes Jahr kommen Hunderte neue Publikumsfonds auf den Markt. Eine exklusive Analyse zeigt, wie viele davon schon nach kurzer Zeit wieder abgewickelt werden. D ie Werbung lebt von neuen Produk- ten. Klar, die alten Turnschuhe muss man nicht mehr promoten, schließlich sol- len die Kunden die neuen Sneaker kaufen. Oder andersrum: Erst die Werbung schafft den Anreiz, sich ein Paar Schuhe zu kau- fen, obwohl das Vorjahresmodell seinen Zweck eigentlich noch erfüllt. Auf die Asset Manager trifft diese Logik nur zum Teil zu. Deren Marketingbudgets konzentrieren sich nicht nur auf die neuen Produkte. Beworben werden gern auch Fonds, die schon seit Jahren amMarkt sind – vorausgesetzt, ihre Perfor- mance stimmt. Doch natürlich stellen die Investmenthäuser auch ihre neuen Portfolios ins Schaufenster, besonders dann, wenn der Fonds eine frische Anlageidee verfolgt, ein ange- sagtes Thema abbildet oder aus anderen Gründen gerade gut zumMarktumfeld passt. Doch ist es auch aus Anle- gersicht sinnvoll, einen neuen Fonds zu zeichnen? Diese Frage lässt sich im Vorhinein nicht beantworten, schließlich lässt sich die künftige Performance nicht prognostizieren. Es gibt neue Fonds, die ihren Kunden von Beginn an Freude bereiten, aber auch solche, die trotz ihrer überzeugend klingenden Anlageidee ent- täuschen. Klar ist nur eines: Wer einen neuen Fonds zeichnet, setzt sich einem nicht zu vernachlässigenden Risiko aus, dass sein Anlageprodukt schon nach recht kurzer Zeit vom Markt verschwindet. Im Fall einer Liquidation kann das mit der Realisierung hoher Verluste einhergehen. Und wird der Fonds auf ein anderes Port- folio verschmolzen, hat der Anleger unver- sehens ein Produkt im Depot, das er ursprünglich gar nicht haben wollte. Gut 23.700 Produkte analysiert FONDS professionell wollte es genauer wissen und bat das Analysehaus Refinitiv Lipper, seine umfangreiche Datenbank aus- zuwerten. Als Basis dienen alle seit 2012 aufgelegten Anleihen-, Aktien- und Misch- fonds inklusive ETFs, die in mindestens einem Land Euro- pas zum öffentlichen Vertrieb zugelassen sind. In Summe sind das gut 23.700 Produkte. Die Grafik auf dieser und die Tabellen auf der nächsten Seite zeigen, wie viele Fonds eines „Jahrgangs“ in den Folgejahren wieder geschlossen (fusioniert oder liquidiert) wurden. Ein Beispiel: Von allen 2017 lancierten Publikumsfonds sind heute, fünf Jahre später, nicht einmal drei Viertel noch erhältlich. Und auch auf kurze Sicht gehen die Pläne der Pro- duktmanager oft genug nicht auf. Im Jahr 2020 kamen 544 neue Mischfonds auf den Geringe Halbwertszeit Anteil der abgewickelten Fonds nach Auflagejahr* 55 Prozent der 2012 aufgelegten Fonds sind mittlerweile vom Markt verschwunden. Aus dem „Jahrgang“ 2018 wurden bislang 17,4 Prozent aufgelöst oder fusioniert. Quelle:RefinitivLipper | Stand:21.9.2022 *Aktien-,Anleihen-undMischfonds (inkl.ETFs)mitZulassung inmindestenseinemEU-Mitgliedsstaat 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 Aufgelöst/fusioniert Nach wie vor am Markt 55,0 % 55,7 % 52,3 % 42,2 % 36,5 % 28,2 % 17,4 % 14,3 % MARKT & STRATEGIE Fondsschließungen 130 fondsprofessionell.at 4/2022 FOTO: © STU12 | STOCK.ADOBE.COM
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