FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022

ja keineswegs die Gefahr gebannt, dass sich der Kollisionskurs zwischen Israel und dem Iran weiter verschärft.Nicht zu verges- sen der wieder zu einer Realität gewordene kalte Krieg zwischen den USA und China, der mit jedem Tag kälter zu werden droht. Was Ihrer Ansicht nach wozu führen wird? Zu einer Aufteilung der Welt in zwei große Blöcke. Auf der einen Seite stehen die USA mit ihren Verbündeten in Europa und einigen befreundeten Schwellenländern, auf der anderen Seite steht China gemein- sam mit Staaten wie Russland, Nordkorea und Iran sowie Pakistan, Kambodscha und einigen Emerging Markets in Afrika und Lateinamerika. Die Welt wird in zwei Hälf- ten zerfallen, und das wird Konsequenzen haben – sowohl geopolitisch als auch wirt- schaftlich. Was ist Ihre Befürchtung? Sie glauben doch nicht, dass ein Xi Jinping es einem Elon Musk erlauben wird, seine autonom fahrenden Autos in China zu ver- markten – selbst wenn der zusichert, dass die dafür notwendige Masse an Daten auf einem Server in China selbst gehostet und verarbeitet wird. Spätestens wenn auto- nomes Fahren serienreif wird, ist es also vorbei mit dem Exportgeschäft westlicher Autokonzerne nach China. Das wird auch die deutsche Automobilbranche zu spüren bekommen.Und es ist nur eines von vielen Beispielen, warum die bevorstehende Zwei- teilung der Welt zu einem großen Problem für die gesamte Menschheit werden wird. Wir befinden uns in einer Situation, die der US-Historiker Graham T. Allison als Thukydides-Falle bezeichnet hat … … und damit was konkret beschreibt? Dass der Aufstieg einer neuen Großmacht die Vorherrschaft einer bereits existierenden Großmacht bedroht und am Ende mit ho- her Wahrscheinlichkeit zu einem Konflikt führt, der nur mit Glück lediglich in einem kalten Krieg mündet und nicht zu einer offen ausgetragenen kriegerischen Aus- einandersetzung führt. Andere Bedrohun- gen laufen eher in Zeitlupe ab, sind aber auf lange Sicht sogar schwerwiegender. Wie zum Beispiel? Nehmen Sie den Klimawandel, der unse- ren Planeten wirklich zerstören könnte. Um die daraus erwachsenden Bedrohun- gen wie Dürren, Wasserknappheit und so weiter zu bekämpfen, würde es einer ech- ten, konzertierten Aktion der gesamten Menschheit bedürfen. Diese findet aber nicht statt, weil alle immer noch viel zu sehr an sich denken. So ist es kein Wunder, dass alle Welt über Greenwashing schimpft. Denn am Ende begnügen wir uns bisher mit ESG-Feigenblättern und Nachhaltig- keitsgerede.Handfeste Fortschritte kann ich jedenfalls bisher nicht erkennen. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER FP » Am Ende begnügen wir uns bisher mit ESG-Feigenblättern und Nachhaltigkeits- gerede. Handfeste Fortschritte kann ich jedenfalls bisher nicht erkennen. « Nouriel Roubini, New York University KURZ-VITA: Nouriel Roubini Nouriel Roubini ist emeritierter Professor an der Stern School of Business der New York University. Der 1958 in der Türkei geborene Ökonom lebt seit 1983 in den USA, Mitte der 90er- Jahre erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Seine oft düsteren Prognosen, die in aller Regel jedoch eingetroffen sind, brachten ihm den Beinamen „Dr. Doom“ ein. FOTO: © DANIA MAXWELL | BLOOMBERG fondsprofessionell.at 4/2022 119

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