FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022
einen neuen „Superzyklus“ für Rohstoffe aus. Anders als etwa beim Ölpreisschock von 1973 betreffe der Anstieg diesmal zu- dem fast alle Rohstoffe, so Currie. „Öl, Gas, Metalle, Titan, Weizen – die Liste lässt sich beliebig fortsetzen“, erklärt er und sagt: „So etwas haben wir noch nie zuvor erlebt.“ Goldene Zeiten Potenzial sehen viele Experten vor allem bei Gold. Trotz der großen Nachfrage privater Anleger nach physischem Gold notiert das Edelmetall mit rund 1.800 US- Dollar je Feinunze deutlich unter seinem Rekordhoch aus dem Jahr 2020. Im globa- len Goldmarkt spielen private Käufer aber nur eine Nebenrolle. Ned Naylor-Leyland, Leiter der Gold- und Silberstrategie bei Jupiter Asset Management, verweist auf das Vertrauen professioneller Investoren in die US-Notenbank Fed. Sie rechnen mit einem entschiedenen Durchgreifen der Fed gegen die Teuerung und erwarten noch mehrere Zinsschritte in diesem Jahr. „Sollte die US- Notenbank die Leitzinsen aber weniger stark erhöhen als erwartet oder die Inflati- on überrascht weiter, könnte der Goldpreis die kritische Marke von 2.100 US-Dollar durchbrechen“, sagt Naylor-Ley- land. Auch Goldman-Sachs- Analyst Currie ist dem Edel- metall gegenüber positiv ge- stimmt: „Gold ist der Rohstoff mit dem höchsten Potenzial und der klarsten und stärksten Story dahinter.“ Deutlich schwächer hat sich zuletzt Silber entwickelt. Des- sen Preis ist langfristig eng korreliert mit Gold, allerdings bei höherer Volatilität. Zahl- reiche Industriemetalle legten dagegen zu, darunter Nickel – hier ist Russland mit einem Weltmarktanteil von rund 20 Prozent einer der größten Pro- duzenten. Die Spekulationen trieben solche Blüten, dass die Londoner Metallbörse den Handel zeitwei- se aussetzte. Unsichere Prognose Im Fokus vor allem der Verbraucher und der Industrie stehen die fossilen Energie- träger Rohöl und Erdgas. Sie hatten bereits seit Mitte 2020 deutlich zugelegt, auch als Folge jahrelang geringer Investitionen in Förderkapazitäten. Die aktuellen Rekord- preise werden aber von der politischen Nachrichtenlage diktiert. Ein weiterer Un- sicherheitsfaktor ist die Entwicklung der globalen Konjunktur und damit verbun- den der Nachfrage nach Energierohstoffen. Die Analysten der Bank of America unter- scheiden verschiedene Szenarien, in denen der Ölversorgung nach einem möglichen Kriegsende eine entscheidende Rolle zukommt. Je nach Entwicklung gehen sie im weiteren Jahresverlauf von Rohölprei- sen zwischen 100 und 130 Dollar je Barrel aus, wobei kurzfristige Ausschläge bis 200 Dollar durchaus möglich seien. Auch an den Agrarmärkten steigen die Preise. Enttäuschende Ernten in vielen Regionen hatten neben weiteren Faktoren bereits zu einer Angebotsverknappung etwa bei Kaffee, Orangensaft oder Baum- wolle geführt. Der Kriegsausbruch schaffte weitere Engpässe, so fällt die Ukraine als ei- ner der größten Weizenprodu- zenten auf unbestimmte Zeit aus. Indirekt profitieren Aktive Fonds und ETFs investieren in den gesamten Rohstoffmarkt oder ausge- wählte Segmente. Unterschie- den wird vor allem zwischen Anlagen in Rohstoffaktien und Rohstoffpreisen. Erstere investieren in die Aktien von Minenkonzernen oder Grund- stoffproduzenten. Die Logik dahinter: Steigt etwa der Gold- preis, profitieren die Minen- betreiber. Deren Gewinne stei- gen in der Regel sogar stärker als der zugrunde liegende Roh- » Der Goldpreis könnte die kritische Marke von 2.100 US-Dollar durchbrechen. « Ned Naylor-Leyland, Jupiter Asset Management Rohstoffe obenauf In keiner anderen Anlageklasse sind Fondsmanager derzeit relativ zum Zehnjahresdurchschnitt so stark positioniert wie in Rohstoffen. 1 imVergleichzumDurchschnittdervergangenenzehnJahre (Z-Score) |Quelle:BofAGlobalFundManagerSurvey,April2022 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 +0,5 +1,0 +1,5 +2,0 +2,5 Eurozone Industriewerte Anleihen Schwellenländer Aktien US-Dollar Gesundheitsbranche Geldmarkt REITs Rohstoffe Positionierung der Fondsmanager mit Blick auf ausgewählte Anlagesegmente 1 fondsprofessionell.at 2/2022 75
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