FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022
und Aktuarwissenschaften (IFA) in Ulm. Er verweist auf eine heuer veröffentlichte Studie, die er gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Graf erstellt hat. Die bei- den Aktuare untersuchten 20 verschiedene Konstellationen wie Hybridprodukte sowie Misch- und Life-Cycle-Fondsprodukte mit unterschiedlich hohem Anteil von Aktien- fonds (zwischen 0 und 100 Prozent). Den Rahmen gaben die PEPP-Verordnung und die zugehörigen technischen Regulierungs- standards (RTS) vor. Demnach muss eine Europarente so ausgestaltet sein, dass das Kapital zu Beginn und „während der Leis- tungsphase mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 92,5 Prozent zurückerlangt wird. Wenn die verbleibende Ansparphase beim Einstieg in das Basis-PEPP jedoch höchstens zehn Jahre beträgt, kann bei der Nutzung der Anlagestrategie eine Wahr- scheinlichkeit von mindestens 80 Prozent zugrunde gelegt werden.“ Ferner soll mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 80 Prozent ein Inflationsausgleich erreicht werden, wobei Brüssel 2020 eine Inflations- rate von 2,5 Prozent unterstellte (heute schon bei sechs Prozent). All das haben Graf und Kling in ihre stochastischen Modelle (Wahrscheinlich- keitsrechnung) einbezogen. Die Resultate sind ernüchternd: Geht man vom aktuel- len Zinsniveau und einer Aktienrendite von vier Prozent aus, erfüllt keine Produkt- kategorie die gesetzlichen Anforderungen. Lediglich sehr konservative Produkte, darunter kapitalgarantierte Lebensversiche- rungen, schaffen es, den erwarteten Kapital- verlust auf unter 20 Prozent zu beschrän- ken. Die vorgeschriebene Wahrschein- lichkeit für Kapitalerhalt von mindestens 92,5 Prozent schafft kein Produkt – außer wenn man die Kosten komplett abzieht. Bei den Vorgaben zur Inflation sieht es noch düsterer aus: „Die vorgeschriebene Wahrscheinlichkeit für Inflationsausgleich von mindestens 80 Prozent schafft kein Produkt“, so Kling.Nur wenn man sowohl das Zinsniveau als auch die erwartete Aktienrendite um jeweils zwei Prozent- punkte erhöht, wären Europarenten sei- nem Modell zufolge darstellbar. Sprich: Die Europäische Zentralbank müsste die Zinsen schon deutlich erhöhen, um den PEPPs etwas Pepp zu verleihen. Ein Sprecher der Wiener Städtischen Ver- sicherung bestätigt dies.Momentan gebe es „für kein denkbares Produkt“ eine Chance auf Inflationsausgleich. Und er hebt einen weiteren vertriebsrelevanten Punkt hervor: „Wir halten die Vorgabe, stochastische Mo- dellierungen und Wahrscheinlichkeiten im Beratungsgespräch verwenden zu müssen, für ein unkalkulierbares Rechtsrisiko.“ JENS BREDENBALS UND EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Das Land des Altersruhesitzes hat den ersten Zugriff, dann wird geschaut, was die anderen bekommen. « Daniel Ziska, GPC Tax So kompliziert ist die Besteuerung einer PEPP-Rente Rechtliche Ausgangslage: Wer in einem EU-Staat lebt, muss dort zumeist sein gesamtes Einkommen versteuern, auch wenn er es aus einem anderen Land bezieht – das „Welteinkom- mensprinzip“. Wenn der Staat, aus dem das Geld fließt, diese Einkunfts- quelle auch besteuert, kommt es zur Doppelbesteuerung. „Das lösen Staa- ten in aller Regel durch ein Doppelbe- steuerungsabkommen, das sozusagen die Vorfahrt bei der Besteuerung regelt“, sagt Daniel Ziska, Vorstand der Berliner Steuerberatungsgesellschaft GPC Tax und Experte für internationales Steuer- recht. Diese Abkommen betreffen auch PEPPs. Einfaches Beispiel: Wer in den Niederlanden lebt und vorher in Deutschland in ein PEPP-Konto eingezahlt hat, muss nach dem Doppelbesteue- rungsabkommen zwischen den Ländern Steuern in den Niederlanden zahlen. Aber: Wenn der Bruttobetrag der Rente aus Deutschland mehr als 15.000 Euro pro Jahr beträgt, muss die Ren- te in Deutschland versteuert werden. „Der PEPP- Kunde muss also eine Steuererklärung in Deutsch- land abgeben. Gleichzeitig muss er die Rente aber auch in den Niederlanden erklären. Dort wird er aber eine Steuerermäßigung erhalten, sodass die Rente in den Niederlanden im besten Falle steuer- frei ist“, so der Experte, der auch steuerpolitischer Berater des Vermittlerverbands AfW ist. Wer bekommt was? Das Prinzip der Dop- pelbesteuerung greift auch für Kunden, die meh- rere PEPP-Unterkonten führen. Geprüft wird, in welchem Staat man bei Rentenbezug lebt und welche Abkommen mit den Ländern bestehen, in denen die PEPP-Konten liegen. „Das Land des Altersruhesitzes hat den ersten Zugriff, dann wird geschaut, was die anderen bekommen“, erläutert Ziska. Das könne etwa passieren, wenn ein PEPP in der Anzahlphase steuerlich gefördert war und der Fiskus daher einen Teil der Rente besteuert. Diese Regeln bedeuten für die Anbieter einen gehörigen Aufwand: Sie müssen beispielsweise Steuern einbehalten, Reports erstellen oder Kun- den deren Steuern ausrechnen. STEUER & RECHT PEPP-Rente 256 fondsprofessionell.at 2/2022 FOTO: © GPC TAX
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