FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022

ABGB eröffnet grundsätzlich die Möglich- keit, auch Produkte einzusetzen, die ex lege nicht mündelsicher sind, vorausgesetzt, es gibt eine richterliche Genehmigung und ge- wisse Rahmenbedingungen wie zum Bei- spiel die Einhaltung einer breiten Streuung.“ Auch Spängler-Experte Kottke vertritt die Meinung, dass im Sinne vom Paragraf 220 ABGB aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auch andere als die imGesetz aufgezählten Veranlagungsformen einemGesamtportfo- lio beigemischt werden können. „Mündel- geld zu 100 Prozent in mündelsichere Sparbücher oder in entsprechende Wertpa- piere zu investieren, ist nicht ideal und vom Gesetzgeber so auch nicht gewollt. In Zei- ten extrem niedriger Anleihenrenditen be- ziehungsweise Zinsen gewinnt eine Beimi- schung anderer Veranlagungen an Bedeu- tung. Grundsätzliches Ziel könnte es sein, neben den per se mündelsicheren Papieren auch eine gewisse Aktienquote oder Alter- native Investments wie Rohstoffe und Edel- metalle beizumischen“, erklärt der Spängler- Vorstand. In der Praxis entscheidet jeden- falls das Gericht, ob das Portfolio für die mündelsichere Veranlagung infrage kommt oder nicht. Es kann für die Entscheidungs- findung auch ein Sachverständigengutach- ten verlangen. Ist diese Hürde genommen, darf das Kapital investiert werden. Eine Vermögensverwaltung eignet sich für die Wertpapierveranlagung in dem Zusammenhang besonders gut, da es gesetzlich normierte, detaillierte Berichts- pflichten wie zum Beispiel Quartalsberich- te oder Verlustschwellenmeldungen gibt. Dies ermöglicht es dem Erwachsenenver- treter wiederum, seiner Berichtspflicht gegenüber dem Gericht effizient nachzu- kommen. „Der Erwachsenenvertreter ist grundsätzlich der Verwalter des vorhande- nen Vermögens. Dahingehend muss das Pflegschaftsgericht diesen überwachen“, erklärt Vögerl. Für Visotschnig hat sich diese Lösung je- denfalls als Glücksfall erwiesen: So haben sich die Empfehlungen mit der Möglich- keit der Vermögensverwaltung durch die Privatconsult, so sein Resümee, in letzter Zeit gehäuft. Und das Geschäft lohne sich, da es meist um höhere Summen geht. Die Vermögensverwaltungslösungen von Privat- consult sind erst ab einem Investment von 100.000 Euro zugänglich. Kollegen, die sich nun ebenfalls mit diesem Bereich beschäftigen möchten, rät Visotschnig aller- dings zu bedenken, dass die Abwicklung hier deutlich länger dauern kann als bei einer normalen Veranlagung. GEORG PANKL FP Rechtliche Situation bei Mündelgeldveranlagungen In Österreich ist die Mündelsicherheit in § 215 ff. ABGB geregelt. Mündel- geld, das nicht für besondere Zwecke vorgesehen ist, muss gemäß § 215 ABGB unverzüglich sicher und mög- lichst fruchtbringend angelegt wer- den. Das Begriffspaar „sicher“ und „fruchtbringend“ stellt gerade im aktuellen Marktumfeld ein nur schwer zu überwindendes Span- nungsverhältnis dar. Grundvorausset- zung für eine mündelsichere Veran- lagung ist jedenfalls größtmögliche Sicherheit. Zur Wahl stehen in erster Linie die in § 216–219 taxativ auf- gezählten und damit per se mündel- sicheren Veranlagungsformen. 216 beginnt diese Aufzählung mit den Spareinlagen, die auf den Namen des Mündels lauten und ausdrücklich die Be- zeichnung „Mündelgeld“ tragen müs- sen. Für die Verzinsung und Rück- zahlung der Mündelspareinlagen hat das Institut einen entsprechenden Deckungsstock aufzubauen. Im Wertpapierbereich sind Bundesanleihen oder Anlei- hen, für deren Verzinsung und Rückzahlung eines der Länder haftet, als Mündelgeld geeignet. Darunter fallen auch Teilschuldverschreibun- gen eines inländischen Instituts, sofern die Bank verpflichtet ist, die Ansprüche aus diesen Teilschuld- verschreibungen vorzugsweise zu be- friedigen und als Sicherheit ein be- stimmter Deckungsstock vorgesehen ist. Ebenso können Forderungen, die in das Hauptbuch der Staatsschuld eingetragen sind, oder Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibun- gen herangezogen werden. Als mündelsichere Veranla- gung gelten darüber hinaus sonstige Wertpapiere, sofern sie durch besondere gesetzliche Vor- schriften als geeignet zur Anlage von Mündelgeld erklärt wurden. Darunter fallen z. B. spezielle mündelsichere Fonds, die nach § 46 Abs. 3 Invest- mentfondsgesetz ausschließlich in Wertpapiere, die in § 217 ABGB auf- gezählt sind, investieren dürfen. Beimischung anderer Anla- geformen: Im Sinne der Ge- neralklausel in § 220 ABGB können aus Wirtschaftlichkeitsüber- legungen auch andere als die taxativ im Gesetz aufgezählten Veranla- gungsformen einem Gesamtportfolio beigemischt werden. § 215 ABGB enthält nicht nur ein Sicherheits-, sondern auch einWirtschaftlichkeits- prinzip. Das Handlungsgebot, Mün- delgeld möglichst fruchtbringend an- zulegen, bewirkt eine gewisse Gleich- rangigkeit der im Gesetz taxativ auf- gezählten Anlagearten mit der Gene- ralklausel des § 220 ABGB. Quelle:BankhausSpängler Thomas Neuhold, Bank Gutmann: „In der Fonds- branche wird die schlechte Ertragschance dieser Veranlagungen schon seit einiger Zeit diskutiert.“ VERTRIEB & PRAXIS Mündelsichere Veranlagung 210 fondsprofessionell.at 2/2022 FOTO: © BANK GUTMANN

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