FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022
lich aus, ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft (beide einkommen- steuerpflichtig) in eine GmbH (KÖSt- be- ziehungsweise KESt-Pflicht) umzuwandeln. Ein weiterer guter Grund für eine recht- zeitige Übergabeplanung: Am besten funk- tioniert die Nachfolge dort, wo Alt- und Jungmakler für zwei bis drei Jahre Hand in Hand daran arbeiten, lautet die einhellige Meinung aller Experten. „Man muss den Übergang intelligent aufsetzen. Am Ende muss der Kunde zuzustimmen, ob er zum neuen Vermittler wechseln möchte“, betont KPMG-Experte Lorenz. Eine hohe Belastung entsteht bei der Übertragung auch für den übernehmen- den Makler: „Die Integration ist ein enor- mer Aufwand und ein Prozess, der sehr lang dauert. Man muss die neuen Kunden anschreiben, gemeinsam vorbeischauen. Und die Kunden haben teils sehr lange Einspruchsfristen“, so Maklerobmann Berg- hammer. Deshalb sei ein Wachstum durch Bestandsübernahmen zwar interessant, für viele aber eben nur beschränkt bewältigbar. Echtes Marktscreening würden nur die sehr Großen betreiben, so Berghammer. Der durchschnittliche Makler komme meist durch Zufall oder aufgrund der gu- ten Vernetzung untereinander zu solchen Beständen. „Wenn man sich kennt und weiß, wie der andere arbeitet, ist es einfa- cher. Ist die Philosophie ähnlich, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass ich als neuer Makler auch zu den Kunden passe“, so Berghammer. Die Betreuungsphilosophie ist ein wich- tiger Aspekt, der darüber bestimmen kann, ob man bei einem frei werdenden Bestand wirklich zugreift. Entscheidend ist aber schlussendlich, ob beide Seiten beim Kauf- preis zusammenkommen. Dieser errechnet sich aus den „harten Fakten“. Im Rahmen einer Due Diligence wird die Typologie des Geschäfts abgearbeitet, insbesondere Spar- tenmix, regionale Verteilung, Schadenssätze oder die Profitabilität der Verträge, wie KPMG-Experte Lang erklärt. Und natür- lich muss die betriebswirtschaftliche Situa- tion beurteilt werden, etwa durch die Abzinsung von Folgeprovisionen oder Bonifikationen. Schwierige Preisfindung Der Marktwert, der dabei am Ende herauskommt, ist die Verhandlungsbasis. Zu große Hoffnungen, dass die Käufer einen deutlichen „Goodwill“ drauflegen, sollten sich Verkäufer nicht machen. Um die 20 bis 30 Prozent könnten bei guten Bedingungen drin sein, sagt der Bewer- tungsprofi Willim. Dass jemand einfach so das Mehrfache des Jahresumsatzes zahlt, gehöre der Vergangenheit an. „Heute ha- ben wir einen gesättigten Markt, in dem nicht Wachstum, sondern Verdrängung vorherrscht“, so Willim. Dementsprechend genau werde beim Bestandskauf auch gerechnet. „Wir beurteilen zum Beispiel, ob ein Bestand Stabilität bringt, weil er viele laufende Provisionen hat, oder ob es mehr Abschlussprovisionen gibt und ich Rück- rechnungsrisiken fürchten muss.“ Ein interessantes Detail zu den Bewer- tungen: Häufig beurteilt Willim Unter- nehmen, die nicht verkauft, sondern ver- schenkt werden sollen – in den meisten Fällen,weil sie innerhalb der Familie an die nächste Generation gehen. „Eine Bewer- tung bei einer Schenkung ist sinnvoll. Es schärft das Bewusstsein, was da weiterge- geben worden ist“, so Willim. Sein Fazit ist relativ ernüchternd: „Man kann sagen, nur ein Drittel der Betriebs- nachfolgen funktioniert wirklich super. Ein weiteres Drittel stolpert so dahin, und beim Rest klappt es gar nicht“, so Willim. Gerade innerfamiliäre Nachfolgen seien nicht unproblematisch. Im einen Extrem ruht sich der Übernehmer auf den Erfol- gen der Eltern aus, im anderen Extremfall kann er keine Neuerungen einleiten, weil der übergebende Elternteil nicht loslassen will. „Innovationen sind aber meist drin- gend nötig“, so Willim. Apropos Innovationen: Der Versiche- rungsvertrieb hat nicht nur ein Alterspro- blem. Wie man in den Grafiken auf der vorigen Seite sieht, sind Frauen stark unter- repräsentiert.Möglicherweise gäbe es mehr Junge, wenn die Branche sich stärker um Diversität bemühen würde und so in einem größeren Nachfolgepool fischen könnte. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP Wolfgang Willim, Sewico: „Man kann sagen, nur ein Drittel der Betriebsnachfolgen funktioniert wirklich super.“ Lorenz Lang, KPMG: „Am Ende muss der Kunde zustimmen, ob er zum neuen Vermittler wechseln möchte.“ FONDS & VERSICHERUNG Betriebsübergaben 192 fondsprofessionell.at 2/2022 FOTO: © KPMG AUSTRIA, HELMUT HIESINGER | SEWICO
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