FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022
wicklung des Standorts der Immobilie, von ihrem Typ und von ihrer Qualität ableitet. Hier spielen zwar auch makroökonomi- sche Faktoren eine Rolle, aber nicht die Inflation. Was für den langfristigen Wert- zuwachs spricht: Grund und Boden sind – vor allem in Ballungszentren – ein knappes Gut und lassen sich nicht reproduzieren. Das hat ebenfalls nichts mit der Inflation zu tun. Faktor Nutzung Der direkte Inflationsaus- gleich muss also aus der Nut- zung und Bewirtschaftung kommen. Selbst genutzte Im- mobilien haben den Vorteil, dass sich der Eigentümer stei- gende Mietzahlungen erspart. Bei Zinshäusern, Anlegerwoh- nungen, Büro- und anderen Gewerbeobjekten beruht der Inflationsschutz auf der Ver- mietung und der regelmäßigen Anpassung der Miethöhe an die Verbraucherpreise (Indexie- rung). Entscheidend ist, dass die Immobilie einen Ertrag ab- wirft, und in diesemZusammenhang müs- sen Investoren einiges beachten. Schwierige Mieterhöhung Ob die Mieteinnahmen steigen können, hängt einerseits von der Rechtslage ab. Bei geförderten Wohnungen sind die Mieten ebenso gedeckelt wie bei Immobilien, für die das Mietrechtsgesetz (MRG) gilt. Ande- rerseits müssen die freien Mieten markt- fähig sein, das bedeutet, dass sie von der Nachfrage und von der Leistbarkeit abhän- gen. „Der Trend zu Mietpreisdeckeln in einigen Städten Europas ist ein politisches Risiko und kann die Inflationsanpassung aushebeln“, betont die Ökonomin Heike Lehner, Analystin bei der Agenda Austria. In Österreich ist die Gefahr durch die Wohnbauförderungen der öffentlichen Hand einstweilen noch gering. „Die Leist- barkeit des Wohnens sehe ich in Wien auf- grund der vielen Gemeindewohnungen und der regen Bautätigkeit noch nicht an Grenzen stoßen“, so Lehner. Dennoch ist Skepsis angebracht, dass Indexklauseln, die im Übrigen häufig nur einen Teil der Inflation abdecken, in den Mietverträgen immer durchgesetzt werden können. Denn in einem unsicheren und wirtschaftlich schwierigen Umfeld werden Mieter preissensibler. Die Eigentümer soll- ten deshalb realistisch bleiben. „Mieten, die schon grenzwertig hoch sind oder sogar über dem Markt liegen, lassen sich schwer an die Inflation anpassen – das gilt für Wohnungs- und Gewerbemieten, wobei bei Privaten die steigenden Lebenshal- tungskosten eine Rolle spielen“, so Karl. Das verdeutlicht folgendes Beispiel: Wenn die Ausgangsmiete pro Quadrat- meter und Monat bereits 13 Euro netto kalt beträgt, würde sie bei einem jährlichen Plus von fünf Prozent nach fünf Jahren 16,59 Euro betra- gen. Bei „nur“ drei Prozent Anpassung steigt die Miete immerhin auf 15,06 Euro. Gleichzeitig steigen aber auch die Betriebs- und die Neben- kosten. „Es ist mittlerweile schwierig, eine Immobilie zu finden, die sich mit einer rea- listischen Miete refinanzieren lässt. Zuletzt fiel die Mietrendi- te immer schmaler aus. Wenn wir jetzt steigende Kreditzinsen und die Inflation ergänzen, wird diese Rechnung nicht mehr aufgehen“, schlussfolgert Peter Karl, Erste Immobilien: „Ich würde nicht generell von einem Inflationsschutz sprechen. Man muss das Thema differenziert betrachten.“ Heike Lehner, Agenda Austria: „Die Leistbarkeit des Wohnens sehe ich in Wien aufgrund der Ge- meindewohnungen noch nicht an Grenzen stoßen.“ Entwicklung der Wohnkosten Die Wohnkosten in Mietwohnungen sind in den vergangenen Jahren nicht nur auf dem freien Markt kräftig gestiegen. Quelle:StatistikAustria,EU-SILC 400 500 600 700 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 Andere Hauptmiete Genossenschaftswohnung Gemeindewohnung 482 478 398 513 634 690 in Euro pro Monat pro Mietwohnung fondsprofessionell.at 2/2022 167 FOTO: © AGENDA AUSTRIA, KLAUS RANGER
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