FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022
auch nicht versuchen, einer U-Bahn hinter- herzuhechten, weil man sehr genau weiß, dass die nächste ohnehin kommen wird. Puga: Ein gutes Beispiel sind Banken, wovon wir die Finger grundsätzlich lieber lassen. Anfang des Jahres hat sich dieser Sektor sehr gut entwickelt, besser als der Gesamtmarkt. Natürlich haben manche unserer Kunden uns gefragt, warum wir nicht investiert sind. Als die Bankenbran- che nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine um 50 Prozent gefallen ist, hat nie- mand mehr unsere Philosophie hinterfragt. Die Zeit extrem niedriger Zinsen, von der gerade Wachstumswerte profitiert haben, ist aber offenbar fürs Erste vorbei. Oben- drauf kommt eine ausufernde Inflation. Puga: Was zunächst einmal gegen ein Invest- ment in Anleihen, aber nicht im gleichen Maße gegen die Aktienanlage spricht. Selbst wenn die Zinsen noch weiter stei- gen, so wird ein Anleiheninvestor ange- sichts der inzwischen enorm hohen Infla- tion noch für geraume Zeit eine negative Realverzinsung erzielen, anders gesagt: Er wird Geld verlieren. Für die Aktienanlage aber gilt: Tina! Die englische Abkürzung steht für „There is no alternative“, was zu Deutsch so viel bedeutet wie: Es gibt keine Alternative zur Aktie für einen Anleger, um einen auskömmlichen Ertrag zu erzielen. Zinser: Wobei man natürlich einschrän- kend sagen muss, dass das bei Weitem nicht für den gesamten Aktienmarkt gilt. Gerade Unternehmen, die sich aufgrund der jahrelangen Niedrigzinspolitik der Notenbanken enorm verschuldet haben, werden es mit weiter steigenden Zinsen ex- trem schwer haben. Zweifellos wird dabei eine Reihe von Firmen auf der Strecke blei- ben. Zusätzlich wird die hohe Inflation bei manchen zu erheblichen Problemen füh- ren. Das betrifft insbesondere Gesellschaf- ten, die nicht in der Lage sind, ihre auf- grund der inzwischen enorm hohen Ener- giepreise deutlich gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Von stark roh- stoffabhängigen Konzernen sollte man als Anleger deshalb die Finger lassen. Puga: Andererseits werden jene Gesellschaf- ten, die schon vor der Ukrainekrise und selbst vor Corona solide und kostenbe- wusst gewirtschaftet haben, wieder zu den Gewinnern zählen, sobald sich die aktuelle Aufregung an den Märkten wieder etwas gelegt hat. Unternehmen mit einer Aus- richtung auf Themen wie die allgemeine Digitalisierung, im Speziellen auf Bereiche wie Cloud Computing, IT-Sicherheit oder Automatisierung und, nicht zu vergessen, der Gesundheitssektor werden auch künf- tig attraktive Erträge abliefern. Mancher Anleger scheint davon noch nicht so überzeugt zu sein. Das Volumen der beiden Prévoir-Fonds ist von 650 Millionen Euro Ende 2021 auf inzwischen 420 Millio- nen Euro zusammengeschmolzen. Zinser: Was aber in erster Linie nicht mit Mittelrückflüssen zusammenhängt, son- dern mit der Marktentwicklung an sich, die natürlich auch an unseren Fonds nicht spurlos vorübergegangen ist. Solche Phasen muss man als Fondsmanager aushalten können. Wer da wankelmütig wird, sollte lieber seine Berufswahl noch einmal genauer hinterfragen. Für Louis Puga als meinen Nachfolger hat das den Vorteil, dass er mehr über die Funktionsweise von Märkten erfahren kann, als das in den zurückliegenden Jahren der Fall gewesen ist, in denen Aktien im Grunde nur eine Richtung kannten: nach oben. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER FP » Wer immer nur der Herde folgt, sieht nie etwas anderes als deren Hinterteil. « Armin Zinser, Prévoir AM KURZ-VITA: Armin Zinser Über 13 Jahre hat der Wahl-Pariser Armin Zinser als Portfolio- manager für die französische Fondsgesellschaft Prévoir Gestion gearbeitet. Davor war er zehn Jahre lang für die Geschicke der Pensionsfonds der OECD verantwortlich. Begonnen hat er seine Laufbahn bei der ehemaligen Banque CPR. FOTO: © FRANÇOIS DABURON 118 fondsprofessionell.at 2/2022 MARKT & STRATEGIE Armin Zinser + Louis Puga | Prévoir Asset Management
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