FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022
der investierbaren Aktien verringert? Beer: Erfreulicherweise macht sich das in der Praxis kaum bemerkbar. Im RB Lux- topic Aktien Europa sind es gerade einmal zwei Unternehmen, deren Aktien wir auf- grund der Ausschlusskriterien nicht mehr kaufen können. Neben der französischen Safran-Gruppe gehört auch der Airbus- Konzern dazu. In beiden Fällen ist der Anteil des Geschäftsbereichs Waffen und Rüstungsgüter zu hoch. In unserem inter- national investierenden Fonds RB Luxtopic Flex sind es vielleicht zehn Unternehmen, in deren Aktien wir nicht mehr investieren können. Aber auch bei diesem Fonds stellt uns das nicht vor Probleme, weil das Anla- geuniversummit gut 200 Aktien erheblich breiter ist. Problematisch würde es erst dann werden, wenn es 30 oder 40 Unter- nehmen wären, die aufgrund der Aus- schlüsse wegfallen würden. Claus: Wie agieren Sie denn, wenn es darum geht, zwischen Nachhaltigkeit und Performanceerwartung zu entscheiden. Beer: Wir haben zwei Regeln entwickelt, durch die wir gar nicht erst in die Zwick- mühle einer solchen Entscheidung geraten. Für uns gilt: Sollten Unternehmen gute Finanzdaten aufweisen, die Nachhaltigkeits- werte aber unter einem gewissen Niveau liegen, werden sie nicht gekauft. Genauso gilt: Wenn Unternehmen sehr gute Nach- haltigkeitswerte aufweisen, aber schlechte Finanzdaten, dann werden sie auch nicht gekauft. Beides, Nachhaltigkeit und Per- formanceerwartung, muss unseren Anfor- derungen entsprechen und mit dem je- weils anderen im Einklang sein. Zudem sollte möglichst eine zu erwartende Verbes- serung in puncto Nachhaltigkeit erkennbar sein, zumindest aber glaubwürdig kommu- niziert werden. Dann kann Nachhaltigkeit sogar den Anlageerfolg wie auch das Ren- dite-Risiko-Verhältnis positiv ergänzen. Heuser: Geben Sie uns ein Beispiel? Beer: Wasserstoff ist ein unter dem ESG- Gesichtspunkt bedeutendes Thema, weil das ein entscheidendes Energiemedium der Zukunft sein wird. Wir würden aber keine gehypten und heillos überteuerten Unternehmen kaufen, nur weil außen Wasserstoff draufsteht.Wir investieren aber in einen Konzern wie Total Energies, bekannt als Mineralölgesellschaft, die aber den Übergang zur Wasserstofftechnologie aufgrund ihrer Finanzkraft und ihres Inno- vationspotenzials mitgestaltet. Auch Unter- nehmen wie Linde und Air Liquide gehö- ren dazu. Ebenso verhält es sich mit Unter- nehmen aus dem Bereich von Wind- und Solarenergie. Claus: Ist damit der ESG-Aspekt inzwischen zu einer Art Bestandteil Ihres Risiko- managements geworden? Beer: Vom Grundsatz her hat Nachhaltig- keit natürlich schon eine gewisse Risiko- managementfunktion, weil man darüber bestimmte Unternehmen ausschließen kann, die aufgrund von Verfehlungen ein Risiko fürs Portfolio darstellen können. Risikomanagement im engeren Sinne aber zielt nach wie vor darauf, den Markt zu managen, auftretende Marktrisiken idealer- weise zu eliminieren oder zumindest früh- zeitig abzusichern. Einer meiner Grundsät- ze dabei lautet: Die größten Risiken sind jene, die man nicht sieht. Wenn der ganze Markt über ein Risiko diskutiert, ist dessen unmittelbare Bedrohung schon vorbei. Die Corona-Pandemie, vor allem aber die jüngste Krise aufgrund der Entwicklungen in der Ukraine sind Beispiele dafür. Des- wegen betreiben wir ein unabhängiges, permanentes Risikomanagement. Es nützt nichts, abzusichern, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Heuser: Was erwarten Sie denn in Bezug auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine? Beer: Immer wenn etwas unvorhersehbar Negatives passiert, gibt es kurzzeitige Kurs- » Vom Grundsatz her hat Nachhaltigkeit natürlich schon eine gewisse Risikomanagement- Funktion. « Robert Beer, Robert Beer Investment MARKT & STRATEGIE Nachhaltig nachgefragt | Robert Beer | Robert Beer Investment 86 fondsprofessionell.at 1/2022 NACHHALTIG NACHGEFRAGT FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=