FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2021
Nachhaltig im Recht Nachhaltigkeit ist gut – aber nicht ungefährlich. Für Anlageberater gibt es einige Stolpersteine , wie die auf Sustainability spezialisierten Anwälte der Kanzlei Dorda erklären. W enn man die Erderwärmung stop- pen und gesellschaftliche Unge- rechtigkeiten beseitigen will, reichen Appel- le zum Öffi-Fahren und zum Einkauf im Fair-Trade-Laden nicht aus. Es müssen Para- grafen her und Pflichten definiert werden. Deshalb schreibt sich die EU Seite um Seite, Verordnung um Verordnung, in eine klimatisch und sozial bessere Zukunft. Jenen, die zur Umsetzung verpflichtet sind, wird wahrlich nicht langweilig. Dazu zählen die Anlageberater, die heuer wieder etliche Bestimmungen dazubekom- men haben. Sie müssen sich aber nicht nur überlegen, wie sie die trockenen EU-Amts- blattseiten in die lebendige Praxis hieven. Angesichts des wachsenden Gesetzes- umfangs stellt sich für sie zunehmend die Frage, welche Folgen die Nachhaltigkeits- vorschriften in juristischem Sinne haben können. Pointiert formuliert lässt sich sagen: Die Haftungsfalle ist aufgespannt. Wer einem Kunden zum Beispiel Produkte empfiehlt, die weniger ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) enthalten als ge- wünscht, kann mit Ansprüchen konfron- tiert werden. Auch zu viel ESG kann ein Problem sein: etwa wenn man einem Anleger nach- haltige Produkte empfiehlt, obwohl dieser bei der Abfrage seiner Präferenzen ange- geben hat, dass er keinen Wert darauf legt und für ihn nur die Rendite zählt. Grund- sätzlich darf man zwar auch einem solchen Kunden eine nachhaltige Anlageform empfehlen; nämlich dann, wenn man be- legen kann, dass diese im besten Interesse des Kunden gewählt wurde. Schmälert jedoch ausgerechnet die Nachhaltigkeit den Ertrag (um den es dem Anleger ja ging), dann wurde ganz offensichtlich nicht in seinem besten Interesse ausgewählt, und es drohen Schadenersatzansprüche. Dieses Beispiel aus einem neuen Handbuch der beiden Wiener Rechtsanwälte Andreas Zahradnik und Christian Richter-Schöller, (Kanzlei Dorda) zeigt bereits, dass es bei Nachhaltigkeit kein Schwarz-Weiß gibt – oder kein Grün-Braun, um in der Termi- nologie der ESG-Welt zu bleiben. Kundensicht entscheidet Zwar definiert die EU-Kommission sei- tenweise, was gut und was schlecht ist. Im Gespräch mit Zahradnik und Richter- Schöller, deren Kanzlei sich unter anderem auf Nachhaltigkeit spezialisiert hat, wird aber deutlich, dass „erlaubt“und „verboten“ in der Beratung eher zwei sehr individuelle Kategorien sind. Das illustriert ein weiteres Beispiel: Die EU-Offenlegungsverordnung, die seit 10. März 2021 weitgehend ange- wandt werden muss, unterteilt Finanzpro- dukte in Artikel 8 (werben mit Nachhaltig- keit) und Artikel 9 (Impact). Solche Finanz- instrumente müssen belegen, wie sie die » Wenn ein Kunde sagt, er möchte ein nach- haltiges Produkt, ist die erste Frage, was er damit meint. « Christian Richter-Schöller, Dorda Justitia muss zunehmend über Regeln wachen, die die Umwelt schützen. Das sollten auch Anlage- berater bedenken, um nicht mit dem Gesetz konfrontiert zu werden. STEUER & RECHT ESG-Beratung 250 fondsprofessionell.at 3/2021 FOTO: © SATORI | STOCK.ADOBE.COM, NATASCHA UNKART & ISABELLE KÖHLER
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