FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2021

Gab es in der Vergangenheit auch Fälle, in denen Fonds die Lizenz nach einer Über- prüfung wieder entzogen wurde? Wenn sich herausstellt, dass ein Produkt nicht mehr den Kriterien entspricht, kann es im schlimmsten Fall auch zu einem Ent- zug des Umweltzeichens kommen. Wir würden davor allerdings das Gespräch mit demUnternehmen oder dem Fondsmana- ger suchen. Allerdings kann ich mich an keinen Fall erinnern. Zeichenzurücklegun- gen gibt es üblicherweise dann, wenn Fonds aufgelöst werden. Selbst nach Richt- linienadaptierungen und somit strengeren Kriterien gibt es kaum Zeichenzurückle- gungen. Aber wir haben jedenfalls noch nie eine Lizenz entzogen, da vorher noch Konsultationen stattfinden würden – prin- zipiell möglich wäre es aber. Die EU plant seit einiger Zeit auch ein EU- Ecolabel für Fonds. Angeblich soll es bis Ende des Jahres präsentiert werden. Sehen Sie die Gefahr, dass das Umwelt- zeichen dann an Bedeutung verliert? Die Angst besteht bei uns nicht, es gibt ja bereits in vielen Ländern ähnliche Siegel und Auszeichnungen. Das Ecolabel und das Umweltzeichen können also durchaus parallel existieren.Mit demUmweltzeichen haben wir zudem einen sehr hohen Stan- dard gesetzt; wie das Ecolabel im Detail aussehen wird, werden wir wohl erst Ende des Jahres sehen. In Österreich kommt hinzu, dass wir sehr strikte Regeln imHin- blick auf Atomenergie haben, hier gibt es jedoch länderspezifisch durchaus unter- schiedliche Auffassungen. In Frankreich ist man etwa der Atomenergie gegenüber sehr positiv eingestellt, daher ist es auch schwierig, sich auf EU-Ebene – sowohl im Bereich der Taxonomie als auch im Bereich des Ecolabels – auf eine Linie zu einigen. Gerade aufgrund des Themas „Greenwa- shing“ ist ein Gütesiegel wie das Umwelt- zeichen auch in Zukunft wichtig, da es im Rahmen der Taxonomie- und der Offen- legungsverordnung ja zu keiner tieferge- henden Produktüberprüfung kommt. In welchen Abständen kommt es zu einer Überprüfung der Produkte? Fonds werden zwar für eine Dauer von vier Jahren mit demUmweltzeichen ausge- zeichnet, anschließend ist wieder ein neues Gesamtgutachten fällig. Allerdings führt der VKI jährliche Stichproben bei aus- gewählten Produkten durch, diese geben zusätzliche Sicherheit, dass die Anforde- rungen des Umweltzeichens kontinuierlich eingehalten werden. Auch sind jährliche kleine Update-Prüfungen durch externe Auditoren verpflichtend. Seit 2016 können auch nachhaltige Immo- bilienfonds mit dem Umweltzeichen aus- gezeichnet werden. Welche Punkte sieht man sich im Rahmen des Kontrollprozes- ses dabei im Detail an? Bei offenen Immobilienfonds ist es nicht ganz einfach, da müssen andere Kriterien herangezogen werden. Die Fonds müssen in Immobilien mit überdurchschnittlicher Umwelt- und Sozialverträglichkeit investie- ren, die anhand von Positiv- und Negativ- kriterien und gewisser Mindeststandards ausgewählt werden. Mindestanforderung für neue oder sanierte Immobilien sind dabei die Basiskriterien des klimaaktiven Gebäudestandards. Aktuell sind es übrigens fünf Immobilienfonds, die das Österreichi- sche Umweltzeichen tragen. GEORG PANKL FP » Gerade aufgrund des Themas ›Greenwashing‹ ist ein Gütesiegel wie das Umweltzeichen auch in Zukunft wichtig. « Dr. Josef Behofsics, BMK KURZ-VITA: Dr. Josef Behofsics Josef Behofsics studierte Wirtschaftswissenschaften in Wien, St. Gallen und an der Stanford University. Seine Karriere startete er 1992 beim Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds der Kommunalkredit. Danach war er für das Bundesministe- rium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt- schaft tätig. 2001 wurde er bei der OECD-Vertretung in Paris Attaché für Umwelt und Nuklearenergie. Seit 2011 ist er beim heutigen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität und Technologie für den Bereich Green Finance und Umweltzeichen Nachhaltige Finanzen zuständig. FOTO: © MARLENE FRÖHLICH FÜR LUXUNDLUMEN 196 fondsprofessionell.at 3/2021 VERTRIEB & PRAXIS Josef Behofsics | Bundesministerium für Klimaschutz und Umwelt

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