FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2021
Forschung war sie ein „bekanntes unbe- kanntes“ Ereignis. Das hätte sie eigentlich auch für die Politik sein sollen. Denn schon Anfang 2013 hat die Bundesregie- rung dem Bundestag und der Öffentlich- keit eine Risikoanalyse vorgelegt, in der eine vom Coronavirus ausgelöste SARS- Pandemie erstaunlich hellsichtig beschrie- ben wurde. Aber weder Politik noch Öffentlichkeit nahmen Notiz davon. VomKlimawandel und seinen Folgen, die in der Zukunft zutage treten werden, nehmen der europäische Gesetzgeber, Politik und Wirtschaft hingegen immer stärker Notiz. Sie folgen Greta Thunberg, die ihnen zuruft: „Hört auf dieWissenschaftler!“ IhremBuch ist zu entnehmen, dass Sie diese Forde- rung nicht unterstützen. Wenn Greta Thunberg ruft: „Hört auf die Wissenschaftler!“, meint sie die Vertreter einer bestimmten These.Wissenschaft lebt aber vom Austausch zwischen These und Gegenthese und der Gewissheit, dass es niemals vollständige Gewissheit geben kann. Zweifel ist der Antrieb der Wissen- schaft und muss immer mitgehört werden. Nun ist der Klimawandel eine sehr kom- plexe Sache. Er wird von naturwissenschaft- lichen und von sozialen Prozessen verur- sacht. Das Problem im Umgang damit ist, dass die Komplexität für die Prognose auf einfache mathematische Modelle reduziert wird. Daraus kann man aber nur mögliche Szenarien und keine echte Prognose ablei- ten. Eines dieser Szenarien mag eintreffen, vielleicht aber auch keines. Ich denke, es ist vermessen – eine Anmaßung von Wissen – zu glauben, man könne die Erderwär- mung präzise vorhersagen und dann da- rauf Einfluss nehmen, so wie mit dem Thermostat einer Heizung auf die Wärme im Haus. Der EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen läuft zumgroßen Teil auf eine Verminderung des Kohlendioxidausstoßes hinaus, der für die Erderwärmung verant- wortlich gemacht wird. Liegt der europäi- sche Gesetzgeber damit falsch? Das weiß niemand genau. Was mich stört, ist, dass man aber glaubt, so genau zu wis- sen, was da passiert, dass man das Welt- klima steuern kann. Das ist menschliche Überheblichkeit, die in der Geschichte nie zu etwas Gutem geführt hat. Ein lehr- reiches Beispiel, das heute schon wieder vergessen zu sein scheint, ist die wirtschaft- liche Zentralplanung im Sozialismus. Da- mit hat man hat es über sieben Jahrzehnte versucht und ist grandios gescheitert. Nun machen wir einen neuen Versuch. » Es ist vermessen zu glauben, man könne die Erd- erwärmung präzise vorhersagen und dann darauf Einfluss nehmen, so wie mit dem Thermostat einer Heizung auf die Wärme. « Thomas Mayer, Flossbach von Storch Thomas Mayer | „Die Vermessung des Unbe- kannten“ | gebundene Ausgabe | 288 Seiten | 18 Euro | Finanzbuch Verlag | ISBN: 978-3-95972-483-8 FONDS professionell KLUB Mitglieder erhalten jedes Jahr 2 x 10 Euro Büchergutscheine für den Finanzbuch Verlag! fondsprofessionell.at 3/2021 105
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