FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

den kontroversen Aktivitäten erachteten die Teilnehmer es als sehr wichtig, dass Waffen, Fracking und schädliche Chemikalien, aber auch Massentierhaltung und Pelztierzucht sowie kosmetische Tierversuche ausge- schlossen werden. Im Themenbereich ESG, in dem es um die Vermeidung bestimmter Aktivitäten ging, priorisierten die Teilneh- mer den Ausschluss von missbräuchlicher Kinder- und Zwangsarbeit und die Ach- tung der Menschenrechtsstandards, gefolgt von einer geringen Umweltverschmutzung und Korruptionsfreiheit. „Bei Nachhaltig- keit denken viele zuerst an Natur und Um- welt“, erklärt dazu Kevin Endler, Leiter des quantitativen Portfoliomanagements bei Acatis. „Für uns war daher überraschend, dass Umweltthemen bei den ESG-Kriterien nicht auf dem ersten Platz gelandet sind.“ Im dritten Themenblock ging es um „Impact Investing“, die gezielte Lenkung von Geldern in Unternehmen, die die Welt im Sinne der SDGs besser machen. Die weltweite Versorgung mit sauberemWasser sowie der Schutz der Meere und der Öko- systeme an Land hatten für die Acatis-In- vestoren dabei den höchsten Stellenwert. Als weniger wichtig empfanden die Befrag- ten ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum und die Geschlechtergleichstellung. „Die Umfrage zeigte auch Widersprüche beziehungsweise Konflikte auf“, so Endler. „So wurden etwa die Bekämpfung von Hunger und die Vermeidung von Massen- tierhaltung als gleich wichtig erachtet. Bei einer wachsenden Bevölkerung wird beides parallel schwierig umzusetzen sein.“ Und die Performance? Die Wünsche und Erwartungen von Kunden zu berücksichtigen ist das eine und unter dem Nachhaltigkeitsgedanken sicher ein feiner Zug von Gesellschaften wie Acatis. Aber was bedeutet die Integra- tion von Nachhaltigkeitskriterien eigentlich für die Performance eines Fondsportfolios? Für einen Asset Manager eine nicht ganz unbedeutende Frage, an die sich im Übri- gen eine Reihe weiterer anschließt. Wie hoch kann ich die Erwartungen meiner Kunden in einer Strategie gewichten, um nicht gleichzeitig auf Rendite zu verzich- ten? Soll ich einen Titel komplett ausschlie- ßen, weil er seinen Umsatz mit als kontro- vers betrachteten Geschäftsaktivitäten er- zielt oder durch schwere Verstöße gegen die SDGs der UN auffällt? Und ist es sinn- voll, ein Unternehmen auszuschließen, ob- wohl ich als Aktionär dann die Möglich- keit verliere, durch mein Stimmrecht Ein- fluss auf sein Geschäftsgebaren zu neh- men? Oder wäre es nicht besser, investiert zu bleiben, wenn der Umsatzanteil in kon- troversen Aktivitäten einen bestimmten Wert nicht überschreitet und ich so meine Einflussmöglichkeit erhalte? Antworten auf diese Fragen zu finden ist alles andere als trivial. Hinzu kommt die Komplexität der Interdependenz von Nach- haltigkeitsanspruch einer- und Rendite- erwartung andererseits. Um zu ergründen, mit welchen Auswirkungen auf die Rendite der jeweiligen Aktien man rechnen muss, sind die Acatis-Leute einen Schritt weiter- Zweifel am Zusammenhang zwischen ESG und Rendite Eine unter dem Titel „Honey, I Shrunk the ESG Alpha“ publizierte Studie des Analysehauses Scientific Beta kommt zu dem Schluss, dass Aktienstrategien, die die in ESG-Ratings enthal- tenen Informationen zur Erzielung von Alpha einsetzen, zwar in vielen wissenschaftlichen Arbeiten positive Renditen zeigen, dass diese Überschussrenditen bei entsprechender Risiko- adjustierung aber wieder verschwinden. „Es gibt kein ESG-Alpha“, bringt Felix Goltz, einer der Autoren, die Ergebnisse auf den Punkt. Die Behauptungen in verschiedenen Arbeiten, es gebe ein solches, würden einer wissenschaftli- chen Überprüfung nicht standhalten. Es gebe zwar eine Tendenz hin zur Outperformance, weil die „ESG Leaders“ die „ESG Laggards“ mit fast drei Prozentpunkten Renditedifferenz schlagen. Allerdings kommt die Studie zu dem Schluss, dass drei Viertel dieser Outperformance quali- tativen Faktoren wie der Profitabilität oder der konservativen Investitionspolitik von Unterneh- men geschuldet sind. Qualität gilt schon seit Längerem als der Faktor, der traditionell dazu tendiert, Überrenditen zu erzeugen. Kevin Endler, Acatis: „Die ESG-Umfrage unter unseren Kunden zeigte auch Widersprüche beziehungsweise Konflikte auf.“ Michael Horf, Degussa Bank: „Wir gewichten Un- ternehmen stark, die in den ESG-Kategorien, die An- leger favorisieren, sehr gut abgeschnitten haben.“ MARKT & STRATEGIE Nachhaltigkeitsfonds 98 fondsprofessionell.at 2/2021 FOTO: © ACATIS, DANIEL SOHLER | DEGUSSA BANK

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=