FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

tigkeit ist für mich irrelevant.“ Vermutlich würde sich aber aufgrund der hohen Nach- frage ohnehin kaum ein Anbieter komplett aus der Nachhaltigkeit „ausklinken“. Durchgehend gültig ist jedenfalls, dass alle Anbieter nun darlegen müssen, inwie- fern ihre Vergütungspolitik im Einklang mit dem eigenen Nachhaltigkeitsaufrtitt steht. Hier genügen einfache Formulierun- gen. Andere Details bereiten hingegen Kopfzerbrechen: So verlangt etwa Artikel 6, dass in den vorvertraglichen Informationen die „zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite“ angeführt werden. Ob hier Zahlen stehen sollen, ist unbekannt. Man müsse in der Praxis auf die Erwartungshaltung der Auf- sicht warten, so Ritzinger unlängst in einemOnlineseminar. „Ich gebe zu beden- ken, dass konkrete quantitative oder quali- tative Bewertungsergebnisse ihre haftungs- rechtlichen Gefahren haben“, sagt er. Der- zeit solle man auf „eine gute Mischung aus Konkretheit und Abstraktheit“ achten. Apropos Aufsicht: Es gibt noch keine Behörde, die die Einhaltung der Verord- nung in Österreich kontrolliert, Verwal- tungsstrafbestimmungen fehlen ebenso. Der Gesetzgeber ist säumig. Den Anbie- tern kann es recht sein, denn wie ein Blick auf die Websites zeigt, hatten in den ersten Tagen der Einführung viele kleinere Wert- papierfirmen noch nichts unternommen. Wie FONDS professionell erfuhr, ist ein Gesetzentwurf in Arbeit, der aber Mitte März noch nicht in Begutachtung war. Demnach soll die FMA zuständig sein. Bei den gewerblichen Vermittlern dürfte die Gewerbebehörde mitreden.Doch auch die EU selbst ist säumig: Es fehlen die prakti- schen Umsetzungshinweise (kurz RTS), die ja für den Alltag der Anwender wichtig sind. Ein Entwurf kam erst im Februar 2021.Die darin enthaltenen Vorschläge zur Darstellung der Offenlegungen sind vor- aussichtlich erst ab Beginn 2022 bindend. Dennoch gilt die Verordnung schon jetzt. Noch ein Wort zu den Betroffenen: Für vertraglich gebundene Vermittler (vgV) und Wertpapiervermittler (WPV) als Erfül- lungsgehilfen gilt die Verordnung nicht direkt. Thomas Moth, Geschäftsführer des Fachverbandes der Finanzdienstleister, emp- fiehlt aber, dass vgV oder WPV auf die Veröffentlichung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens aufmerksam machen oder verlinken. Ent- lastet sind von der Verordnung übrigens auch Unternehmen mit weniger als drei Personen. „Wir lassen noch klären, wie Teil- zeitkräfte zu zählen sind“, so Moth. Artikel-8- und -9-Fonds Eine große Neuerung ist, dass nachhalti- ge Anlageprodukte künftig in zwei Katego- rien eingeteilt werden: Unter „Artikel 8“ („hellgrüne Produkte“) fällt alles, sobald mit einem Nachhaltigkeitsaspekt gewor- ben wird. Ein entsprechender Fonds müss- te dann darlegen, wie er die behaupteten Merkmale erreicht. Unter „Artikel 9“ fallen hingegen fortgeschrittene („dunkelgrüne“) Produkte, wo Investitionen mit messbarem ESG-Einfluss (Impact) getätigt werden. Alle anderen (konventionellen, „graue“ oder „farblose“) Fonds oder Versicherungen dürften besonders ab 2022 stark benach- teiligt sein. Dann müssen die Berater ihre Kunden verpflichtend fragen, ob sie nach- haltig anlegen wollen. Ist die Antwort Ja, dürfen voraussichtlich nur noch Artikel-8- oder 9-Fonds angeboten werden. Die meis- ten Fonds sind zurzeit aber noch „grau“. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Konkrete quantitative oder qualitative Bewertungsergebnisse haben ihre haftungs- rechtlichen Gefahren. « Günther Ritzinger, KCU Überblick: Nachhaltiges EU-Finanzwesen 2015/2016: UN-Agenda 2030 und Pariser Klimaabkommen definieren Nachhaltigkeitsziele. 2016: EU-Kommission schließt sich diesen Zielen an (Papier: „Weg in eine nachhaltige Zukunft“). 2018: EU-Kommission veröffentlicht Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Daraus entspringen bisher drei Verordnungen (VO) zum Thema „Sustainable Finance“: 1. Die Offenlegungs-VO (Disclosure-VO, engl. SFDR). Inhalt: Finanzdienstleister müssen auf der Website und andernorts erklären, wie sie mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen. Fonds- anbieter müssen ihre Produkte einstufen. Anzuwenden weitgehend ab 10. 3. 2021. 2. Die Referenzwerte-VO (auch Benchmark-VO): Es werden neue Benchmarks („EU Climate- Transition Benchmark“ und „EU Paris-aligned Benchmark“) als Richtgrößen für CO2-güns- tige Investitionen eingeführt (Fristen bis Ende 2022). 3. Die Taxonomie-VO: legt Kriterien fest, wann eine Wirtschaftstätigkeit ökologisch nachhal- tig ist. Anwendbarkeit gestaffelt ab 1. 1. 2022 bzw. 1. 1. 2023. Quelle:WKOFinanzdienstleister,KCU,FONDSprofessionell fondsprofessionell.at 1/2021 261

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