FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

Früher war der direkte Kontakt zu frem- den Fondsgesellschaften nicht gern gese- hen. Es wurden uns hauseigene oder ver- einzelt fremde Produkte von den Vertriebs- managern vorgesetzt.Heute setzten wir uns zum Produktanbieter und diskutieren Stra- tegien und Auswahlprozesse und können Fragen über Fragen stellen.Und mittlerwei- le haben wir eine Größe erreicht, wo nicht wir den Kontakt anbahnen, sondern viele internationale Fondsgesellschaften unsere Nähe suchen. Wie viel Geld muss ein Kunde bei Ihnen mitbringen? Und wie viele Kunden sollen maximal betreut werden? Proksch: Der Ziel- beziehungsweise Wunsch- kunde sollte über ein freies Vermögen von 500.000 Euro verfügen. Aber auch kleinere Depots, etwa von Familienmitgliedern un- serer Kunden, lehnen wir natürlich nicht ab. Das durchschnittliche Kundenvolumen liegt derzeit bei zirka einer Million Euro. Peychal: Bei der Kundenanzahl ist es unser Ziel, uns im Bereich von 80 bis 100 Kun- den pro Berater einzupendeln. Das ist das Maximum, um die gelebte Qualität weiter- hin gewährleisten zu können. Würden Sie sich angesichts der bisherigen Erfahrungen wieder für die Selbstständig- keit entscheiden? Proksch: Natürlich bin ich versucht, ganz klar mit „Ja“ zu antworten. Das entspricht auch tatsächlich meinem wahren Gefühl. Aber ehrlicherweise möchte ich auch von Augenblicken der Verzweiflung und Momenten der Ratlosigkeit sprechen. Wir haben uns wahrlich keine leichte Zeit für den Start ausgesucht. 2018 hat der Handels- streit zwischen den USA und China Rezes- sionsängste geschürt und die Aktienkurse talwärts geschickt. Und nach einer Ver- schnaufpause im Jahr 2019 folgte das Jahr 2020 mit einer weltweiten Pandemie. Das war nicht unser Wunschszenario für den Start. Die größte Herausforderung zu Beginn der Pandemie war aber nicht das Kundenge- schäft. Wir kennen unser Kunden Groß- teils seit über zehn oder sogar 15 Jahren und durften sie bereits durch die Finanzkri- se, die Eurokrise und zahlreiche andere schwierige Phasen begleiten. Wahrlich an- strengend war die Erfahrung am Beginn der Pandemie, nicht in ein großes Bank- institut eingebettet zu sein. Während der Finanzkrise 2008 war es auch hektisch, aber wir haben am 1. des Monats ganz normal unser Gehalt bekommen. Diese vermeint- liche Sicherheit fehlt als Unternehmer. Das war emotional anstrengend, auch wenn es irrational war. Denn tatsächlich ist es ja genau umgekehrt. Peychal: Neben emotionalen Themen gab es aber auch unzählige – ungeahnte – orga- nisatorische Hürden zu überwinden. Und als Selbstständige konnten wir die nicht einfach an eine Fachabteilung delegieren. Wir mussten selbst entscheiden. Was aber zu Beginn eher eine Belastung war, weil einfach unglaublich viele Themen auf uns einströmten, erleben wir heute als Freiheit. Es wird nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden. Wir dürfen selbst Entschei- dungen treffen. Und dies tun wir mit gro- ßer Freude und immer mit Blick auf unse- re Kunden. Und das ist unglaublich wert- voll, demnach gibt’s ein klares „Ja“ auf Ihre Frage. Ich würde wieder so entscheiden. Vielen Dank für das Gespräch. GEORG PANKL FP KURZ-VITA: Thomas Peychal Thomas Peychal, EFA®, begann seine Karriere bei der Gärt- nerbank in Wien. Dort arbeitete er sich vom Hauptkassier zum Filialleiter und schließlich zum Leiter der Wertpapier- abteilung nach oben. 2012 wurde er Prokurist und Vertriebs- leiter der Gärtnerbank. Nach der Fusionierung der Gärtner- bank mit der Volksbank Wien-Baden im Jahr 2014 war Peychal im Private Banking der Volksbank tätig. KURZ-VITA: Robert Proksch Robert Proksch, MSc., EFA®, ist seit knapp 30 Jahren im Bankbereich tätig. Nach der Matura startete er als Kunden- berater bei der Erste Bank. Es folgten Stationen bei der Raiffeisenbank Schwechat, wo er bereits im Bereich Anlage- beratung tätig war. Seit 1996 war Proksch bei der Volksbank beschäftigt. Bei der Volksbank Wien war er am Aufbau des Private Banking beteiligt und betreute vermögende Privat- und Firmenkunden sowie Stiftungen. » Eine Honorarberatung wäre in unserem Fall schwierig zu administrieren. « Thomas Peychal, PPP Financial Solutions BANK & FONDS Robert Proksch + Thomas Peychal | PPP Consult FOTO: © GÜNTER MENZL 244 fondsprofessionell.at 1/2021

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