FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

liarden US-Dollar gestiegen. Bei der D&O- Versicherung wiederum gibt es Ängste, dass auf Geschäftsführer eine Klagswelle zukommt. Zum Beispiel wurde in Öster- reich – wie in anderen Ländern auch – angesichts der Pandemie die Insolvenzan- tragspflicht bei Überschuldung ausgesetzt. Es besteht die Sorge, dass es später zu Insol- venzverschleppungsvorwürfen kommen könnte. Sehr hohe Steigerungen Tatsächlich sieht man am gesamt- europäischen Gewerbeversiche- rungsmarkt derzeit eine rasante Prä- miendynamik (siehe nebenstehen- de Grafik). Erhöhungen um 15 Pro- zent imQuartal sind ein kompletter Bruch mit der Vergangenheit.Nach jahrelangen Preisrückgängen müs- sen Unternehmen, die Versiche- rungsschutz brauchen, nun hohe Aufschläge hinnehmen. Steigerun- gen wie diese hat es laut einem Be- richt der „Financial Times“ seit fast zwei Jahrzehnten nicht gegeben. Auch in Österreich wird sich die- se Entwicklung bemerkbar machen, sagen Expertinnen und Experten gegen- über der Redaktion. Die Allianz bestätigt eine „Marktverhärtung“ speziell in der Sach-Industrieversicherung. Und das sieht auch der Mitbewerb so: „Es stimmt, dass internationale Rückversicherungen wegen hoher Schadensbelastungen in der Vergan- genheit die Prämien für Erstversicherer zum Teil kräftig erhöhen mussten. Auch die Corona-Pandemie hat diese Entwick- lung weiter verstärkt“, sagt Doris Wendler, Vorstandsdirektorin bei der Wiener Städti- schen. Man sei wie alle anderen Versiche- rungen gezwungen, dem Rechnung zu tra- gen „und Prämienerhöhungen an Indus- trie- und Firmenkunden in einigen Seg- menten weiterzugeben“, so Wendler. „Fakt ist, dass nicht mehr jedes Risiko zu jedem Preis versichert werden kann“, bestä- tigt Christoph Zauner, Leiter Retail und Corporate der Generali Versicherung AG. Im Industriebereich habe es seit über zehn Jahren einen „weichen Markt“ gegeben, also ein Überangebot an Versicherungs- schutz, flankiert von dementsprechend niedrigen Preisen. Es gebe Bereiche wie D&O, wo derzeit die Prämien „beträcht- lich unter den technisch notwendigen Preisen liegen“. Hier werde es Erhöhungen geben müssen. Sehr große Vorsicht ist auch aus der Uniqa zu hören: Man habe die Be- dingungen zur Manager- oder Cyberversi- cherung bisher zwar nicht eingeschränkt, aber: „Wir prüfen jedes Unternehmen und entscheiden individuell, ob und zu wel- chen Konditionen wir anbieten. Die wei- teren Entwicklungen werden genau beob- achtet“, heißt es. Die „Financial Times“ zitierte vor einiger Zeit Experten, die bei D&O eine Ver- doppelung der Preise annahmen. Wendler von der Wiener Städti- schen verweist auf die USA oder auf Großbritannien, wo in vielen Bereichen Steigerungen von 30 Pro- zent und mehr zu erwarten seien. Der deutsche Markt gehe ebenfalls in diese Richtung. Sorgen wegen Cybercrime Die Gesamtlage bringt die Versi- cherungen teils in eine schwierige Position, wie Wendler am Beispiel der Cyberversicherung verdeutlicht. Die Bedrohungslage sei nicht zu- letzt angesichts von Remote Work höher einzuschätzen als je zuvor, weshalb Rückversicherer bei der Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen, sagt, dass alle Versicherer heuer Preissteigerungen weitergeben müssen. René Hompasz von Höher Insurance meint, dass Versicherungen und Rückversicherungen derzeit extrem genau prüfen, wen sie versichern. Gewerbeversicherungen Kontinentaleuropa Prämien fürs Gewerbe sind in Europa in den letzten drei Quartalen um je 15 Prozent zum Vorjahr gestiegen. Quelle:Marsh –7,5 % +15 % -10% -5% 0% 5% 10% 15% 2020 I 2019 I 2018 I 2017 I 2016 I 2015 I 2014 I 2013 Prämienveränderung im Quartal fondsprofessionell.at 1/2021 175

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