FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

diese Richtung setzt, dann wird dies auch einen Effekt haben. Wir gehen daher davon aus, dass diese Assetklassen in Zu- kunft sehr viele Mittelzuflüsse verzeichnen werden. Sie sprechen damit auch die Auswirkungen des „EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen“ an.Welche Effekte erwarten Sie von den neuen Regularien? Grundsätzlich verstehen wir die Ziele hin- ter dem Plan und unterstützen diese auch. Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns als Unternehmen schließlich in der DNA. In wenigen Jahren wird unser Unternehmen das 200-jährige Jubiläum feiern, wir haben also eine sehr langfristige und dadurch auch nachhaltige Sichtweise. Auf der ande- ren Seite muss man aber auch feststellen, dass die Gesetzgebung offenbar nicht den Mut gefunden hat, die Klimathemen direkt an die betroffenen Branchen zu adressieren. Stattdessen wurde der Umweg über die Finanzwirtschaft gewählt, was den großen Nachteil hat, dass die Maßnahmen nur indirekt wirken. Für uns bedeutet dies mehr Regulatorik, Bürokratie und am Ende auch eine Belastung mit mehr Kom- plexität. Im Lauf des nächsten Jahres wer- den das auch die Berater in jedem Bera- tungsgespräch spüren. Dann kommt zu dem Aufwand, den der Beratungsprozess mittlerweile ohnehin mit sich bringt, auch noch die Abfrage der Nachhaltigkeitsprä- ferenzen hinzu. Marktbeobachter warnen auch davor, dass die massiven Zuflüsse in nachhaltige In- vestments eine Gefahr darstellen könnten. Wie schätzen Sie dieses Thema ein? Momentan sieht man überall einen Wett- bewerb im „Window Dressing“ – alle ver- suchen, sich möglichst nachhaltig darzu- stellen, und am Ende kennt sich der Kun- de gar nicht mehr aus. Zudem könnten natürlich einzelne Unternehmen und Bereiche so stark gepusht werden, dass sich am Ende auch Blasen entwickeln könnten. Im Moment sind wir davon sicher noch entfernt, aber tendenziell ist ein Eingriff in die Marktkräfte immer problematisch zu sehen. Die Regierung hat auch eine KESt-Be- freiung für nachhaltige Investments in Aussicht gestellt. Was halten Sie davon, und welche Wünsche hätten Sie an die Regierung? Sollte das kommen, wollen wir in den entsprechenden Bereichen auch von der Versicherungsteuer befreit werden.Generell bin ich der Meinung, dass die Versiche- rungsteuer im Bereich der Lebensversiche- rung an das von der EZB vorgegebene Zinsniveau angepasst werden muss. Eine deutliche Reduktion von derzeit vier auf zwei Prozent würden wir für angemessen erachten. Im Bereich der PZV sind unsere Forderungen seit einigen Jahren unver- ändert, so hätten wir gern etwas breiter gefasste Veranlagungsmöglichkeiten. Eben- so sind unsere Wünsche in der betriebli- chen Altersvorsorge bekannt: So fordert die Branche schon lange eine deutliche Erhö- hung der steuerfreien Zukunftssicherung von derzeit 300 Euro. Was mir aber ange- sichts des künftigen Pflegenotstandes sehr wichtig wäre, ist eine staatliche Förderung im Bereich der Pflegevorsorge. Danke für das Gespräch. GEORG PANKL FP KURZ-VITA: Ralph Müller Ralph Müller ist seit Jänner 2021 Generaldirektor der Wiener Städtische Versicherung. Der promovierte Jurist startete im Jahr 2011 seine Tätigkeit in der Wiener Städtischen als Vertriebsvorstand, danach war er für das Risiko- und Finanz- ressort verantwortlich, im Sommer 2018 wurde er General- direktor der Donau Versicherung. Anfang 2020 kehrte Müller als Vorstandsmitglied in die Wiener Städtische zurück. Müller sammelte vor seiner Zeit in der VIG-Gruppe Erfah- rungen im Finanzdienstleistungsbereich, unter anderem war er Vorstand der Bank Austria. Müller ist verheiratet und hat zwei Kinder. » Für uns bedeutet dies mehr Regulatorik, Bürokratie und am Ende auch eine Belastung mit mehr Komplexität. « Ralph Müller, Wiener Städtische FONDS & VERSICHERUNG Ralph Müller | Wiener Städtische FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN 166 fondsprofessionell.at 1/2021

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