FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

Auswahlkriterien. Dabei werden unter an- derem die Baumaterialien, die Flächen- effizienz, die Versorgung und die Nutzung inspiziert. VII-Präsident Obrowsky wünscht sich, dass „neben immobilienspezifischen Themen Werte wie Respekt, Integrität, ver- antwortungsvolles Handeln und nachhal- tiges Wirtschaften als Teil der Unterneh- menskultur“ etabliert werden. Die Entwickler und Manager können sich an die Maßstäbe nationaler und inter- nationaler Prüfstellen halten (siehe Tabelle auf Seite 156). Hierzulande gelten der TQB-Standard der ÖGNB und die Krite- rienkataloge für die beiden Auszeichnun- gen „Umweltzeichen“ und „klimaaktiv“, hinter denen das BMK steht, als Vorreiter. Der Gebäudestandard der Initiative „klimaaktiv“ umfasst die Bewertung der Qualität der Infrastruktur, der Energieeffi- zienz, die Nutzung erneuerbarer Energien und ökologischer Baustoffe und den ther- mischen Komfort. „Dieser Standard ist ein gutes Beispiel, mit dem die Qualität eines Gebäudes messbar und vergleichbar wird“, meint Georg Trnka, Senior Expert im Be- reich „Buildings“ bei der Österreichischen Energieagentur, die „klimaaktiv“ im Auf- trag des BMK umsetzt. Ende vergangenen Jahres wurde der Kriterienkatalog über- arbeitet und dabei nicht zuletzt an das Regierungsprogramm angepasst. „Der Ein- satz fossiler Energieträger ist bei ‚klima- aktiv‘-Gebäuden nun grundsätzlich ausge- schlossen“, so Trnka. Greenwashing vermeiden Mit der Offenlegungsverordnung will die EU das „Greenwashing“ von nicht wirklich nachhaltigen Produkten verhin- dern. Völlig zu Recht, denn die Immo- bilienzertifikate gelten im Markt in erster Linie als „teures Marketinginstrument“ ohne substanzielle Aussage. Widerspruch bleibt nicht lange aus, beispielsweise von Peter Ulm: „Jeder Projektentwickler sieht in der Zertifizierung seiner Projekte zwar auch ein Verkaufsargument, aber vor allem eine Bestätigung, dass sein Projekt den An- forderungen einer modernen Lebensreali- tät entspricht.“Die Auszeichnungen unter- scheiden sich jedoch stark und sind nicht miteinander vergleichbar,weshalb ihre Aus- sagekraft durchaus eingeschränkt ist. Klar ist, dass Immobilien mit Zertifikat amMarkt Wettbewerbsvorteile haben. Das hat seinen Preis, den üblicherweise der Anbieter und nicht der Abnehmer zahlt. Bei der ÖGNB etwa kostet die Zertifizie- rung für ein Gebäude mit 10.000 Quadrat- meter Bruttogeschoßfläche 6.200 Euro netto. Bei ÖGNI betragen die Gebühren für die gleiche Größe ab 7.200 Euro. „Bei den anspruchsvollen Gebäudezertifikaten kommt es sicher nicht zu ‚Greenwashing‘, denn damit würde man die Marke sehr schnell zerstören“, entgegnet Bernhard Lipp, Vorstand des Österreichischen Instituts für Bauen und Ökologie (IBO), Kritikern. Politik legt die Latten hoch Der Politik ist der umstrittene Nimbus von Ratings bekannt, und im BMK hofft man, dass „die EU-Taxonomieverordnung Greenwashing verhindert und einen tat- sächlichen Mehrwert im Sinne der Errei- chung der Klimaneutralität im Gebäude- sektor liefert“.Mit den Level-II-Maßnahmen soll ein „Taxonomie-Check“ im Rahmen der „klimaaktiv“-Gebäudebewertung ein- geführt werden. „Damit schaffen wir für Bauträger und Immobilieninvestoren einen klaren Benefit“, erklärt Michaela Seelig, Lei- terin der Abteilung „Grüne Finanzen und nachhaltige Wirtschaft“ im BMK. Dadurch könnte sich der Stellenwert der Zertifikate der freien Marktwirtschaft in den kommenden Jahren verändern. Kon- sens in der Branche ist zwar, dass sich die etablierten Zertifikate in der Vergangenheit weiterentwickelt haben. Dennoch gibt es Vorbehalte, bestätigt Peter Karl, Geschäfts- Peter Karl, Erste Immobilien KAG: „Im Einzelfall können sich Zusatzkosten für höchste Standards mittel- bis langfristig durchaus rentieren.“ Louis Obrowsky, VII: „Institutionelle Investoren werden vom Regulator und von ihren Kunden zu nachhaltigem Handeln animiert.“ » Mit der Einführung eines Taxonomie-Checks schaffen wir für Bau- träger und Investoren einen klaren Benefit. « Michaela Seelig, BMK SACHWERTE ESG Immobilien FOTO: © KLAUS RANGER, VII 154 fondsprofessionell.at 1/2021

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