FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

Wie haben Sie den Anfang der Coronakrise wahrgenommen? Natürlich ist es nicht einfach, in einer der- artigen Situation eine ruhige Hand zu bewahren, vor allem wenn die Kurse so rasant ins Bodenlose stürzen. Aber als nach- haltiger Investor heißt es auch, Verantwor- tung zu tragen und langfristig investiert zu bleiben. Wenn man vom Geschäftsmodell überzeugt ist, kann man auch gemeinsam mit dem Unternehmen durchhalten. Schließlich ist man überzeugt, dass das Unternehmen besser funktioniert als seine Konkurrenten. Das Reporting von Nachhaltigkeits- kennzahlen bedeutet nicht automa- tisch, dass ein Unternehmen tatsäch- lich nachhaltig arbeitet. Was ist Ihnen bei der Auswahl besonders wichtig? Ein hoher allein Score reicht nicht. Unter den Textilfirmen haben bei- spielsweise viele einen hohen Score, werden von uns aber diskretionär ausgeschlossen. Viele von ihnen ha- ben jahrelang in Asien Flüsse verun- reinigt. Zwar haben sie sich verbessert und sie arbeiten nun mit nachhalti- geren Zulieferern zusammen, die Ver- schmutzung haben sie aber einfach zurückgelassen. Es reicht nicht, die Verant- wortung für das zu übernehmen, was man jetzt anders macht, und dabei einen früher verursachten Schaden zu ignorieren. Wenn wir den Eindruck haben, dass die Daten nicht stimmen können, gehen wir dem auf den Grund mit dem Ziel, letzt- endlich für ein besseres Reporting zu sorgen. Deshalb sind Engagement und der direkte Kontakt wichtig: Man bekommt ein Gefühl für die Qualität eines Unter- nehmens, wenn man mit dem Manage- ment spricht. Wie wird mit dem Thema Nachhaltigkeit aus Ihrer Sicht außerhalb Europas umge- gangen? Vor Covid-19 bin ich einmal im Jahr zu einer großen Investorenkonferenz nach Chicago gereist, bei der auch Field Trips zu einigen großen Unternehmen auf der Tagesordnung stehen. Fragen zu nachhal- tigen Themen wurden hier so gut wie nicht gestellt. Als ich bei einem dieser Meetings den CEO eines großen Unter- nehmens die Frage stellte, ob es intern interessante Entwicklungen im Bereich ESG gegeben hätte, fragte er nur: „What’s ESG?“ Seine Kollegin von Investor Rela- tions reagierte blitzschnell und wies ihn darauf hin, dass es sich hier quasi um ein Synonym zu SRI handelt. Ich finde nur, selbst wenn der Begriff ESG in Amerika noch nicht so geläufig ist, sollte man trotz- dem etwas damit anfangen können. Denn das „G“ in Governance bedeutet für mich nicht nur, dass es einen unabhängigen Auf- sichtsrat oder ein gut vorbereitetes Investor- Relations-Team gibt – das Thema muss auch von oben nach unten und von unten nach oben gelebt werden.Wenn ein Unter- nehmen 20 zusätzliche Punkte von ESG- Ratingunternehmen erhält, dann war das Nachhaltigkeits-Team zwar fleißig, aber das muss nicht bedeuten, dass das Unternehmen die Nachhaltigkeit richtig lebt. Vielen Dank für das Gespräch. AZIM EL-MORSI FP KURZ-VITA: Michael Huber Seine mehr als zehn Jahre andauernde Karriere im Raiffeisen-Konzern hat Michael Huber in der Vermö- gensverwaltung begonnen. Da er bereits in jungen Jahren prägende Erfahrungen an der Börse machen konnte, blieb sein Talent nicht lange unbemerkt. Unter anderem war Huber einige Zeit in der nachhaltigen Fondsanalyse tätig. Seit Mitte 2015 trägt er die Ver- antwortung für die von ihm mitentwickelte Strategie Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum. So schlägt sich der Fonds Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum R T ISIN AT0000A1PKP3 Erstausgabedatum 15.11.2016 Fondsvolumen 200 Millionen Euro Performance 3 Jahre p.a. 5,41 % 80% 100% 120% 140% 160% 2020 I 2019 I 2018 I 2017 I Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum R T IX AKTIEN EUROPA EUR MARKT & STRATEGIE Michael Huber | Raiffeisen Capital Management FOTO: © CLAUDIA EL-MORSI 74 fondsprofessionell.at 3/2020

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