FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

Detlef Glow (Refinitiv-Lipper): War die schnel- le Reaktion von Politik und Zentralbanken richtig? Woolnough: Grundsätzlich war es sozusagen schon ein Glück, dass wir mit einer bereits moderaten oder unterstützenden Geldpo- litik der Zentralbanken in diese Rezession hineingegangen sind. Auch die diversen Stützungsmaßnahmen von Regierungen waren als erste Reaktion hilfreich, um Schlimmeres zu verhindern. Schwerer zu beantworten ist die Frage, ob die fiskali- schen und monetären Maßnahmen ausrei- chend sind oder ob sie sich am Ende even- tuell als übertrieben herausstellen. Das kann im Moment kaum jemand sagen, denn geldpolitische Maßnahmen brau- chen oft zwei Jahre, bevor sich ihre tatsäch- liche Wirkung auf die Wirtschaft zeigt. Man darf zudem nicht vergessen, dass die Notenbanken Geld in einem vorher nie dagewesenen Ausmaß gedruckt haben.Das birgt natürlich die Gefahr, dass es auf lange Sicht zu einem starken Anstieg der Infla- tion kommen könnte. Vieles wird davon abhängen, wie sich die von dem Virus aus- gehende Gefahr weiterentwickeln wird. Das ist allerdings eine Frage, die Sie einem Virologen stellen müssten, das gehört nicht zu meinem Fachgebiet. Heuser: Wie geht es Ihrer Erwartung nach weiter? Woolnough: Entscheidend wird sein, wie schnell die Wirtschaft wieder aus dem konjunkturellen Tal herausfindet. Die Marktteilnehmer haben eine ganze Reihe von Buchstaben benutzt, um ihre Erwar- tungen in dieser Hinsicht zu beschreiben. Da ist häufig von einer V-förmigen Ent- wicklung die Rede, bei der man davon aus- geht, dass auf den enorm schnellen Ab- schwung ein ebenso schneller Aufschwung folgen könnte, da wir inzwischen gelernt haben, wie wir mit der von dem Virus her- vorgerufenen Situation am besten umzuge- hen haben. Andere erwarten eher eine W- förmige Entwicklung, bei der es zu einem erneuten starken Abflachen der Konjunk- tur kommt und danach erst zu einemWie- deranstieg der wirtschaftlichen Aktivität. Wieder andere glauben an eine U-förmige Entwicklung, bei der es länger dauern wür- de, bis das Wirtschaftswachstum wieder Tritt fasst und auf seinen vorherigen Pfad zurückkehrt. Glow: Sie haben dem Ganzen einen voll- kommen neuen Buchstaben hinzugefügt, nämlich ein „t“. Was steckt dahinter? Woolnough: Meiner Ansicht nach wird sich das Wachstum nach der Rezession wieder normalisieren. Aber es ist immer noch unwahrscheinlich, dass es sehr schnell wie- der das frühere Niveau erreichen wird.Des- halb wird diese Art von Rezession meiner Erwartung nach wie ein „t“ geformt sein: ein starker Rückgang, danach ein starker Wiederaufschwung und dann die Rück- kehr zu einem normalenWirtschaftszyklus, in dem die Konjunktur dann aber wahr- scheinlich auf einem niedrigeren Niveau als zuvor weiterwachsen wird. Das scheint mir für die am stärksten betroffenen Volks- wirtschaften die wahrscheinlichste Entwick- lung zu sein. Es sei denn, das Eingreifen und die Hilfsmaßnahmen von Politik und Notenbanken übersteigen den Abwärts- trend. In diesem Fall könnten wir sogar wieder dorthin zurückkehren, wo wir vor- her waren, dann würde die Entwicklung dem Großbuchstaben „T“ entsprechen. Heuser: Welche Konsequenzenwird das für Anleihenmanager mit sich bringen? Woolnough: Für Anleiheninvestoren ist es in einer solchen Situation – wie im Übrigen eigentlich zu jeder Zeit – von besonderer Bedeutung, zwischen den Qualitäten der unterschiedlichen Anleihensegmente zu unterscheiden. Bei High Yield und Corpo- rate Bonds ist in einer solchen Situation mit einem deutlichen Anstieg von Ausfäl- » Entscheidend wird sein, wie schnell die Wirtschaft wieder aus dem konjunkturellen Tal herausfinden wird. « Richard Woolnough, M&G MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Richard Woolnough | M&G 52 fondsprofessionell.at 3/2020 FOTO: © SIMON PRICE KREUZ VERHÖR

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