FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020
Steven Maijoor, Chef der Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA, über die Ergebnisse der Evaluierung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II, die Aussicht auf Erleichterungen beim Taping und die Frage, welche Zukunft die Beratung auf Provisionsbasis hat. R ue de Grenelle, 75007 Paris: Das ist die Adresse der European Securities and Markets Authority, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, kurz: ESMA. Mitten im siebenten Stadt- bezirk, nicht weit entfernt vom beliebten Viertel Montparnasse, steht der quadrati- sche Sandsteinbau.Hier hat Europas obers- ter Finanzmarktaufseher Steven Maijoor sein Büro. Der gebürtige Niederländer ist der erste Vorsitzende der ESMA überhaupt und seit 2011 im Amt. Sein bisher größtes Projekt war die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Nun läuft die Evaluierung. Mai- joor hat bereits viele Ergebnisse vorliegen. Herr Maijoor, im Herbst 2017, knapp vier Monate vor dem Inkrafttreten der EU- Finanzmarktrichtlinie Mifid II Anfang 2018, sagten Sie im Interview mit FONDS professionell, diese Richtlinie sei ein echtes Großprojekt gewesen. Seit dem Frühjahr 2020 läuft der „Review“. Ist die Evaluierung von Mifid II ein weiteres Großprojekt? Steven Maijoor: Nun ja, es ist übliche Praxis, einige Jahre nach dem Inkrafttreten einer neuen EU-Richtlinie zu überprüfen, wie die Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erfolgt ist und ob die Ziele erreicht worden sind. Allerdings muss man schon sagen, dass Mifid II ein riesiges Regelwerk ist, somit haben wir es auch mit einem sehr umfassenden Review zu tun. Aber insge- samt ist eine solche Evaluierung Standard. In welcher Phase ist der Review derzeit? Weil Mifid II eine so umfassende Richtlinie ist, haben wir den Review geteilt. Zum einen evaluieren wir die gesamte Gesetz- e e gebung, die den Anlegerschutz betrifft. Getrennt davon überprüfen wir die Teile, die sich auf Kapitalmarktthemen beziehen. Was die Märkte angeht, so haben wir deut- lich mehr Berichte zu erstellen als für den Part, der dem Anlegerschutz gewidmet ist. Hier haben wir der Europäischen Kom- mission bereits vor der Sommerpause die meisten Empfehlungen zugeleitet. Ich den- ke, der zentrale Report ist der zu Provisio- nen und dem Ausweis von Kosten und Gebühren. Studien haben ergeben, dass sich Kunden von den zahlreichen Informationen, die Be- rater ihnen nach Mifid II übermitteln müs- sen, überfordert fühlen. Für Anlageberater bedeutet die umfangreiche Dokumentation von Beratungsgesprächen sehr viel Arbeit. Kleinere Banken ziehen sich daher sogar aus der Anlageberatung zurück. Ist Mifid II über das Ziel hinausgeschossen? Wissen Sie, es kommt immer auch darauf an, wer solche Studien erstellt und mit wel- chen Zielen. Ich weiß zum Beispiel, dass die Bafin im ersten Quartal 2019 in Deutschland eine breite Umfrage unter mehreren tausend Anlegern angestoßen hat. Dabei kam heraus, dass Kunden etwa die Ex-ante-Kosteninformation und das Ge- eignetheitsprotokoll durchaus positiv beur- teilen.Das zeigt, dass man immer hinterfra- gen muss, auf welcher Grundlage Studien- ergebnisse beruhen und was genau dahin- tersteckt.Wir wissen, dass manche Akteure in der Finanzindustrie Mifid II negativ „Ein Provisionsverbot ist durchaus eine Option“ » Ein System, in dem Provisionen verboten sind, schafft ein klareres Verhältnis zwischen Beratern und Kunden. « Steven Maijoor, ESMA STEUER & RECHT Steven Maijoor | ESMA FOTO: © FRANCOIS DABURON 256 fondsprofessionell.at 3/2020
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