FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020
Die Corona-Pandemie sorgte bei den großen Finanzvertrieben für Zuwächse. Swiss Life Select, DVAG oder OVB konnten mit Bestandskunden das weggefallene Neukundengeschäft kompensieren. Kräfte freigesetzt Die großen Finanzvertriebe Österreichs gehen nach Eigenangaben mit einem hohen Plus aus dem Krisenhalbjahr. Die Geschäftsführer erklären, wie es zu dem unerwartet positiven Ergebnis kommt. W ir sehen vom Büro aus auf einen Handelsmarkt und haben die Leu- te bei den Hamsterkäufen beobachtet. Man hat sich gedacht, da kommt weiß Gott was. Die ersten ein, zwei Tage waren wir wirklich schockiert“, beschreibt ein hochrangiger Manager eines österreichi- schen Finanzvertriebs, der nicht genannt werden will, seine Erinnerung an den Corona-Lockdown. Öffentlich bekennen will sich zur ersten Panik niemand; der Schock ist noch zu nahe und ein weiterer Einbruch der Wirtschaft nicht ausgeschlos- sen. Angesichts der Ungewissheiten zeigen sich alle Gesprächspartner extrem vorsich- tig – dabei müssten sie mit Blick auf die Halbjahreszahlen eigentlich jubeln: Die großen Finanzvertriebe blicken momentan auf Rekordergebnisse, obwohl ihnen wäh- rend der sechs Wochen des Lockdowns das Neukundengeschäft nahezu komplett weg- gebrochen ist. Hohe Steigerungen meldet etwa die OVB. „Im Corona-Monat März hatten wir umsatzmäßig den besten Monat seit über zehn Jahren“, sagt Markus Spellmeyer, Hauptgeschäftsführer in Österreich. Im ers- ten Halbjahr 2020 schreibt die OVB hier- zulande ein prozentual zweistelliges Um- satzwachstum gegenüber dem Vorjahr; ge- naue unterjährige Österreich-Zahlen gibt der börsennotierte Konzern nicht bekannt. Den Grund für das Plus sieht Spellmeyer unter anderem in der raschen Anpassung der Vermittler. Sie konnten den Einbruch des Neukundengeschäfts durch stärkere Betreuung der Bestandskunden kompen- sieren. „Die Vertriebsmannschaft war wirk- lich aktiv. Alle haben nach vorn geschaut. Wir hatten deutlich mehr Kundenanfragen und haben gemerkt, dass unsere Dienstleis- tung für die Menschen sehr wichtig ist“, sagt Spellmeyer. Zeit für Finanzen Dieselbe Erkenntnis hatten alle großen Vertriebe,mit denen FONDS professionell gesprochen hat: Das Bestandspublikum ist gut auf Beratungsangebote angesprungen, weil die Leute im Lockdown viel Zeit hat- ten, weil sie im (engen) Homeoffice den Kauf einer größeren Immobilie überlegt haben oder weil sie angesichts der Pan- demieberichterstattung eher bereit waren, über Vorsorge nachzudenken. „Die Kran- kenversicherung war bei uns gefragt wie nie“, sagt Spellmeyer etwa. Für die OVB, die rund drei Viertel der Erträge außerhalb Deutschlands erwirt- schaftet, sind die Auslandsmärkte beson- ders wichtig. Österreich hatte sein Pande- miemanagement vergleichsweise rasch im Griff und erwies sich daher als Anker: Während die stark betroffenen OVB-Län- der Frankreich, Italien und Spanien hohe einstellige Rückgänge hatten, sorgten Bel- gien und Österreich dafür, dass die Region » Im Corona-Monat März hatten wir umsatzmäßig den besten Monat seit über zehn Jahren. « Markus Spellmeyer, OVB Österreich VERTRIEB & PRAXIS Finanzvertriebe FOTO: © BEEBOYS | STOCK.ADOBE.COM 194 fondsprofessionell.at 3/2020
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