FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020
Frage stellt, wie es mit dem Kapitalismus überhaupt weitergehen soll. Heuser: Mit welchen Veränderungen im Portfolio des Ethna-Aktiv haben Sie denn auf den Kurssturz reagiert? Pesarini: Es sind noch nicht einmal massive Änderungen, die wir im Portfolio vorgenom- men haben. Im Aktienbereich war der Fonds schon vor Beginn der Krise kaum noch in Einzelwerten angelegt, sondern in erster Linie über Futures und Optionen investiert. Da das sehr liquide Marktsegmente sind, hatten wir den Vorteil, dass wir unser Aktienexposure oh- ne Probleme relativ zügig reduzieren konnten, indem wir Future-Positionen geschlossen und Optionen verkauft haben. Auf der Rentenseite waren wir wie gesagt sehr stark in US-Dollar- Anleihen mit längeren Laufzeiten investiert, weil wir von weiteren Zinssenkungen ausge- gangen sind, wovon diese Positionen profitiert hätten. Das hat uns natürlich etwas an Per- formance gekostet, als es Mitte März zu einer regelrechten Unterbrechung der Liquidität an den Rentenmärkten gekommen ist. Valsangiacomo: Viele Händler wurden zu der Zeit von ihren Risikomanagern zur Zurück- haltung angehalten, daher sind vor allem Papiere mit langen Restlaufzeiten zeitweise erheblich unter Druck geraten. Entsprechend haben wir die Laufzeitenstruktur des Port- folios verkürzt. Wobei das im Grunde noch nicht einmal ein Nachteil war, denn die Zins- strukturkurve ist mittlerweile so flach, dass sich mit kürzeren Laufzeiten ein zwar etwas geringerer Ertrag erzielen lässt, aber dafür das Risiko wesentlich geringer ausfällt. Detlef Glow (Refinitiv/Lipper): Wie sieht denn das Durchschnittsrating Ihrer Ren- tenpositionen aus? Valsangiacomo: Wir waren schon zu Beginn des Jahres in einer Range zwischen „BBB+“ und „A–“ investiert. Daran hat sich im Grun- de auch nach der Verkürzung der Laufzeiten nichts verändert. Pesarini: Was uns allerdings zum Vorteil gereicht hat, ist tatsächlich unsere Konzentra- tion auf US-Rentenwerte. Die Hilfspakete von Regierungen und Notenbanken als Reaktion auf die Krise sind in den USA wesentlich üppiger ausgefallen als hier in Europa. Da- durch sind die Werte US-amerikanischer An- leihen sehr viel stärker und sehr viel schneller zurückgekommen. Auch die Spreads sind sehr viel stärker zurückgekommen als bei europäi- schen Unternehmensanleihen. Da- durch konnten wir die meisten Ver- luste in diesem Bereich wieder auf- holen und haben zum Teil sogar Kursgewinne verbuchen können. Valsangiacomo: Im Euroraum da- gegen ist der Anleihensektor weiterhin ange- schlagen. Da sind die Kurse noch zwischen fünf und zehn Prozent von ihrem Januar-Ni- veau entfernt. Und vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsge- richts kann es noch Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis die Kurse wieder den Stand vom Jahresanfang erreichen. Das hat weniger mit dem Thema Liquidität zu tun. Aber in Bezug auf die USA weiß man einfach, dass die Fe- deral Reserve sozusagen alles aufkaufen wird, wenn es hart auf hart kommt. Europa gibt da- gegen mit unterschiedlichen Hilfsprogrammen je nach Land ein sehr diffuses Bild ab. Heuser: Wobei Sie mit Ihrem Multi-Asset- Konzept eigentlich nicht ausschließlich auf Aktien oder Renten reduziert sind. Valsangiacomo: Das ist richtig, und das haben wir in der Krise auch durchaus bewusst ge- nutzt. Ein Kennzeichen gerade der jüngsten Entwicklung ist ja, dass sowohl das Aktien- wie auch das Anleihensegment zeitweise gleichzeitig Kursverluste aufgewiesen haben. Das bedeutet nichts anderes, als dass Diver- sifikation als der in normalen Zeiten einzige „Free Lunch“, den es überhaupt an den Märk- ten gibt, zuletzt nicht mehr funktioniert hat. Was aber andererseits geholfen hat, das waren unsere Positionen in Edelmetallen, insbeson- dere Gold, sowie unsere Fremdwährungs- positionen. Durch diese Investments sind wir nie in die Zwickmühle eines „Forced Sellers“ geraten, sondern konnten das Portfolio im Prinzip mit ruhiger Hand durch die Krise steuern, eben weil wir entsprechende Gegen- positionen zu Aktien und Anleihen hatten, die funktioniert und Geld verdient haben. Glow: Wie groß sind diese Positionen? Valsangiacomo: Die Goldposition ist beim Ethna-Aktiv regulatorisch auf zehn Prozent begrenzt. Und diese Grenze nutzen wir mit einemAnteil von derzeit acht Prozent nahezu aus, weil wir durchaus optimistisch für das gelbe Edelmetall sind. Auf der Fremdwäh- Arnoldo Valsangiacomo: „Was uns geholfen hat, das waren unsere Positionen in Edelmetallen – insbesondere Gold – sowie unsere Fremdwährungspositionen.“ 78 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Die Hilfspakete von Regierungen und Notenbanken als Reaktion auf die Krise sind in den USA wesentlich üppiger ausgefallen als hier in Europa. « Luca Pesarini, Ethenea Alle Fotos: © Fanny Taboada
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