FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020
Anteilsrückgaben begrenzen, sobald der festgelegte Schwellenwert erreicht ist – sie muss es aber nicht. Die neuen Maßnahmen müssen aber alle in die Anlagebedingungen des entsprechenden Fonds aufgenommen werden, oder nicht? Ja. Die KVG muss die Tools, die sie nut- zen möchte, in den Anlagebedingungen und im Verkaufsprospekt des betreffenden Fonds festschreiben. Für die Anlagebe- dingungen entwickeln wir gerade Muster in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem BVI, den depotführenden Stellen und den Verwahrstellen. Die Anpassung der Dokumente sollte aber kein großes Problem darstellen. Die technische Um- setzung könnte allerdings – nach allem, was wir von den KVGen hören – mit Herausforderungen verbunden sein. Was ist der Grund dafür? Ursache dafür ist die Struktur des Ab- wicklungsprozesses. Der Anleger gibt Fondsanteile bei seiner depotführenden Stelle zurück. Diese saldiert alle Rückga- ben und Zeichnungen von Anteilen dieses Fonds, die saldierte Position leitet sie über die Verwahrstelle an die KVG weiter. Wenn die KVG den saldierten Betrag mit- geteilt bekommt, muss sie entscheiden, ob sie zum Beispiel eine Rücknahmebe- schränkung ausüben will. Diese Information spielt sie an die depotführende Stelle zurück, die jetzt ein Problem hat: Da alle Positionen saldiert wurden, kann die depotführende Stelle nicht erkennen, welchem Rückgabeverlangen sie in dem gewünschten Umfang nachkom- men darf und welchem nicht. Schließlich ist nicht zu sehen, welche Rückgabe vor dem Erreichen des Schwellenwerts erfolgt ist und welche danach. Damit das künftig funktio- niert, müssen die Systeme angepasst werden. Das ist wie gesagt nach Aussage der betrof- fenen Häuser technisch sehr aufwendig. Eine Fondsgesellschaft, die Rücknahme- beschränkungen einführt, hat im Ver- trieb möglicherweise einenWettbewerbs- nachteil gegenüber Anbietern, die dies nicht tun. Denken Sie, dass sich die Asset Manager der Instrumente überhaupt bedienen werden? Wer der Ansicht ist, dass beispielsweise Rück- nahmebeschränkungen ein Wettbewerbsnach- teil sein könnten, denkt nicht weit genug. Spä- testens wenn es zu hohen Mittelabflüssen kommt, ist ein Fonds mit einer Beschränkung immerhin im Vorteil gegenüber einem Son- dervermögen, das in dieser Situation geschlos- sen werden muss. Wir sehen in der Nutzung der Tools ganz klar auch eine anlegerschüt- zende Maßnahme. Und wir haben durchaus die Erwartung, dass die KVGen sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, ob und welche der neuen Maßnahmen sie umsetzen werden. Die Fondsbranche sollte die Liquiditätstools zügig nutzen. Gerade die aktuelle Situation zeigt ja, dass solche Instrumente sehr sinnvoll sein können. Und was ändert sich für Berater? Berater müssen ihre Kunden darüber infor- mieren, wenn ein Fonds ein solches Tool nutzt. Das dürfte aber kein Problem sein. Immerhin gibt es bereits Erfahrungswerte aufgrund der Halte- und Rückgabefristen bei offenen Immobilienfonds. Wer Finanzanlagen vermittelt, vertreibt normalerweise auch Immobilienfonds und sollte die entsprechen- den Beratungselemente kennen. Und man sieht ja: Die Berater haben es geschafft, über die sogar sehr langen Haltefristen bei den offenen Immobilienfonds so zu informieren, dass diese dem Segment nicht geschadet haben. Ich würde im Gegenteil sogar sagen, sie haben stabilisierend gewirkt. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | FP Liquiditätstools zügig nutzen“ » Wir haben durchaus die Erwartung, dass die KVGen sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, ob und welche der neuen Maßnahmen sie umsetzen werden. « Elisabeth Roegele, Bafin www.fondsprofessionell.de | 2/2020 423
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