FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

daran ist das große Gewicht von Energie- und Rohstofftiteln – in diesen Branchen gibt es viele ESG-Risiken, die eine Firma kaum ma- nagen kann. Auch jeder zweite Fonds, der auf Edelmetallaktien setzt, büßte einen Globus ein. Damit nimmt Morningstar Kritikern zumindest teilweise den Wind aus den Segeln. Der große Vorteil des Morningstar Sustai- nability Ratings ist die Verbreitung: Für über 17.000 Fonds in Europa gibt es ein Rating, das sind 42,6 Prozent aller Produkte. Verteilt Morningstar keine Globen, heißt das, dass der Anbieter sein Portfolio nicht offenlegt oder Sustainalytics nur zu weniger als 67 Prozent der Einzeltitel im Sondervermögen einen ESG-Score berechnen kann. Umweltzeichen Das Wiener Umweltministerium entwickel- te bereits in den 1980er-Jahren ein Gütesiegel, das Verbrauchern helfen sollte, ökologisch fundierte Kaufentscheidungen zu treffen: das Umweltzeichen. 1991 wurden die ersten Pro- dukte zertifiziert, seit 2004 können sich auch Finanzprodukte für das von Friedensreich Hundertwasser entworfene Logo bewerben. Damit war Österreich Vorreiter in Europa. Fonds müssen eine dezidierte Nachhaltig- keitsstrategie verfolgen und einen umfangrei- chen Katalog von Ausschluss- und Auswahl- kriterien erfüllen, der von externen Spezialis- ten überprüft wird. Hat ein Finanzprodukt die Prüfung bestanden, darf es für vier Jahre das Umweltzeichen tragen, wobei jährliche Up- dates gefordert werden. Relevant ist dieses Siegel in erster Linie für Fonds, die in Öster- reich vertrieben werden. Die Gebühren sind nach Umsatz gestaffelt. Größere Unternehmen zahlen 640 Euro für den Antrag und jährlich 2.560 Euro für die Zeichennutzung. EDA Ebenfalls aus Österreich kommt die Kenn- zahl EDA, die von Mountain-View Data berechnet wird. Die Abkürzung steht für Ethisch-Dynamischer Anteil und gibt an, zu welchem Prozentsatz ein Fonds Standardvor- gaben zu den wichtigsten Ethik-, Sozial- und Umweltkriterien erfüllt. Dafür werden die Einzeltitel jedes Fonds nach einer Positiv- und Negativliste bewertet. Mountain-View stützt sich seit 2004 auf ein eigenes Research-Team, das mit öffentlich zugänglichen Informationen von Nichtregierungsorganisationen und ande- ren Quellen arbeitet. Einen EDA-Score gibt es für jeden Fonds, dessen Einzeltitel Moun- tain-View kennt. Der größte Unterschied zum Morningstar-Rating ist, dass der EDA-Score absolut vergeben wird, nicht relativ zur Ver- gleichsgruppe. Climetrics Seit knapp drei Jahren gibt es mit Clime- trics ein erstes Klimarating für Fonds. 85 Pro- zent der Ratingnote gehen darauf zurück, wie klimafreundlich die einzelnen Unternehmen im Portfolio wirtschaften, basierend auf Infor- mationen von Datenanbietern wie CDP und ISS ESG. Daneben tritt ein Urteil darüber, wie stark die Fondsgesellschaft den Klimawandel in ihre Anlageprozesse und die eigene Unter- nehmensführung einbezieht. Außerdem wird berücksichtigt, inwieweit der Fonds bei der Titelselektion auf Nachhaltigkeitskriterien achtet. Produkte, die das FNG-Siegel oder das Umweltzeichen tragen, erhalten in dieser letzt- genannten Kategorie automatisch die höchste Punktzahl. Das beste Drittel der Fonds qualifiziert sich für die zweitbeste Note, symbolisiert mit vier Blättern. Fünf Blätter erhalten nur Sonder- vermögen, deren Portfolio-Scoring besonders hoch liegt und deren Asset Manager eine gewisse Mindestpunktzahl erreicht. So wird verhindert, dass ein Fonds ein Toprating erhält, der mehr oder weniger zufällig in klimafreundliche Unternehmen investiert. Your SRI Anfang 2017 lancierte das Liechtensteiner Beratungs- und Analysehaus CSSP seine PlattformYour SRI. Dort wird mit Daten von MSCI ESG Research berechnet, wie gut die Unternehmen im Fonds mit Blick auf Nach- haltigkeitsrisiken und -chancen aufgestellt sind. Je nach durchschnittlichem ESG-Score wird eine Note von „C“ bis „AAA“ vergeben. Das Fintech berechnet außerdem, wie gut der Fonds im Vergleich zu seiner Lipper-Kate- gorie abschneidet. Es kann durchaus passieren, dass die ver- schiedenen Ratinganbieter ein und denselben Fonds völlig unterschiedlich bewerten. Das ist ein guter Hinweis auf die Tatsache, dass die Ratings nur eine erste Orientierung bieten. Eine eigene Analyse und Meinungsbildung können sie nicht ersetzen. BERND MIKOSCH | FP Werkzeuge für Berater Finanzberater, die Nachhaltigkeitsfonds vergleichen möchten, stoßen schnell auf ein Problem: Jeder Anbieter handhabt das Thema anders. Anfang 2010 ging eine Arbeitsgruppe um Ingo Scheulen, Gründer des Berater- netzwerks Ökofinanz-21 (siehe Kasten Seite 342), das Problem an. Die Experten entwickelten zwei hilfreiche Werkzeuge, das FNG-Nachhaltigkeitsprofil und die FNG- Matrix, die über die Website des Forums Nachhaltige Geldanlagen (www.forum-ng.org ) abrufbar sind. Das FNG-Nachhaltigkeitsprofil ist ein PDF-Dokument, das auf zwei Seiten einen standardisierten Überblick zum Nachhaltigkeitsansatz des Fonds und weitere Eckdaten bietet. So ist beispielsweise klar ersichtlich, ob der Mana- ger Investments in Kernenergie ausschließt oder nicht. Die FNG-Matrix ist eine laufend aktualisierte Datenbank im Excel-Format, in der sich die Fonds nach ESG- und anderen Kriterien sortieren und vergleichen lassen. Per Link öffnet sich das jeweilige Nachhaltigkeitsprofil. Der große Vorteil der beiden Dokumente ist die Tatsache, dass sie einen schnellen Überblick geben und einfache Vergleiche ermöglichen. Für die Anbieter, die die Daten einpflegen, fallen keine Kosten an, darum ist die Daten- bank mit rund 340 Fonds recht umfangreich. Die Eingabe durch die Fondsgesellschaften ist zugleich der Nachteil: Die Nutzer müssen sich darauf verlassen, dass die Daten korrekt sind, denn eine unabhängige Überprüfung gibt es nicht. Manche Angaben im FNG-Profil und der FNG- Matrix wurden zudem seit Jahren nicht aktualisiert. » Erstbewerber schätzen die Rückmeldungen, die sie für weitere Verbesserungen im Research und im Invest- mentprozess nutzen. « Timo Busch, Universität Hamburg Ali Masarwah, Morningstar: „Wir haben uns zum Teil vom Best-in-Class-Ansatz verabschiedet.“ Foto: © Sebastian Reimold 356 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 esg-spezial I fondsratings

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