FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

geflügelte Wort benutzt man, wenn sich ein Schuft zum guten Menschen wandelt. Um den drohenden Imageschaden zu begrenzen, stimmten die Versicherungskammer Bayern, die Allianz und die Haftpflichtkasse Anfang April auf Druck der Hotels und Gaststätten in Bayern einem Kompromiss zu, den das baye- rische Wirtschaftsministerium zusammen mit Branchenverbänden vorangetrieben hatte. Das „Bayerische Modell“ besagt: Die Versicherer zahlen freiwillig zwischen zehn und 15 Pro- zent der bei Betriebsschließungen in Bayern jeweils vereinbarten Tagessätze für 30 Tage. Das sei ungefähr die Hälfte der Einbußen, die durch staatliche Unterstützung wie Kurzar- beitergeld und Soforthilfen aus Bund und Ländern nicht gedeckt sind. Dafür stellen die Versicherer gemeinsam einen dreistelligen Millionenbetrag zur Verfügung. Inzwischen sind mehrere Gesellschaften dem Kompromiss beigetreten und lassen ihn allesamt bundesweit gelten, darunter R+V, Zu- rich, Axa, Nürnberger, HDI, Gothaer, Sparkas- senversicherung, VGH, W&W sowie Signal Iduna. Letztere will sogar mit 25 Prozent ein- springen, ist aus dem Markt zu hören. Inzwi- schen stellt sich dieAgentur für Arbeit bei dem Kompromiss nicht mehr quer, nachdem es an- fangs hieß, bei Zahlung durch die BSV werde den Firmen das Kurzarbeitergeld gekürzt. Der Spatz in der Hand „Vertragsgemäß zahlen wir, wenn im ver- sicherten Betrieb ein versicherter Erreger auf- getreten ist und der Betrieb aus diesem Grund geschlossen wurde“, sagt Torsten Wetzel, Vor- stand für Betrieb und Schaden der Haftpflicht- kasse. Die Darmstädter zahlen in anderen Fällen freiwillig 15 Prozent der versicherten Tagesentschädigung. Den Zahlen lägen statis- tische Durchschnittswerte zur Zusammenset- zung der Betriebsaufwände im Hotel- und Gaststättengewerbe in Bayern zugrunde. Wie auch die Allianz werde man keine Obliegen- heitsverletzung wegen verspäteter Meldung geltend machen. „Betroffene können sich also auch jetzt noch direkt oder über ihre Vermitt- ler bei uns melden“, so Wetzel. Makler sollten also ihre Kunden auch auf die Möglichkeiten dieser Kulanzleistung auf- merksam machen – der Spatz in der Hand ist manchmal besser als die Taube auf dem Dach, weiß der Volksmund. Allerdings: „Wer eine solche Leistung annimmt, muss in allen Wann die Betriebsschließungsversicherung leistet Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ausgewählter Anbieter im Vergleich Quelle: AVB der Gesellschaften; eigene Recherche | Stand: April 2020 Foto: © Joerg Mueller, Wirth Rechtsanwälte; Daniel Möller | HDI, Münchener Verein Versicherungsgruppe Tobias Strübing, Wirth Rechtsanwälte: „Dem Grunde nach besteht in vielen Fällen Versicherungsschutz.“ Hans-Georg Jenssen, BDVM: „Die Auflistungen in den AVB haben nur deklaratorischen Charakter.“ Allianz HDI Haftpflichtkasse Signal Iduna Kosten Tagessatz Ja Ja Ja Ja Dauer 30 Tage 30 Tage 30 Tage 30 Tage Auslöser Infektionsschutzgesetz (IfSG) Ja Ja Ja Ja Bezug auf §§ 6, 7 IfSG Ja Ja Ja Ja Bezug auf IfSG-Stand: Nein Ja, Fassung zu Schadenzeitpunkt Nein Fassung zum 20. 7. 2000 Abschließende Aufzählung der Erreger Ja (unklar formuliert) Nein, dynamischer Verweis Nein Unklar formuliert Ver- siche- rungsfall Behördliche Anordnung Ja Ja Ja Ja Behördlich untersagte Tätigkeit für Beschäftigte Ja Ja Ja Ja Aus- schlüsse Bei Krankheiten und Erregern (K/E) Kein Ausschluss Zum Schadenzeitpunkt nicht im IfSG genannte K/E Zum Schadenzeitpunkt nicht im IfSG genannte K/E In Fassung vom 20. 7. 2000 nicht genannte K/E 246 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 fonds & versicherung I betriebsschließungsversicherung

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