FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020
Foto: © AP_FOOTAGE | stock.adobe.com I n den vergangenen Jahren waren es die Digitalisierung und die Globali- sierung, denen zugetraut wurde, die Immobilienwirtschaft strukturell zu ver- ändern. Zuletzt galt der Fokus auch den ESG-Kriterien, also ökologischen und sozialen Aspekten sowie den Grundsätzen guter Unternehmensführung. Der Markt war geprägt von Flä- chenknappheit, Preisexplosionen in begehrten Lagen und dennoch eher zu- als abnehmender Investitions- tätigkeit. Sie wurde von niedrigen Zinsen gleich auf zweifache Weise getrieben: Zum einen gab es für risikoarme Investments keine Ver- zinsung mehr, was Immobilien trotz hoher Preise viel Aufmerksamkeit bescherte, zum anderen waren Finanzierungen für Immobilien so billig zu haben wie seit Jahrzehnten nicht. Der Umbruch Seit einigen Wochen entfaltet jedoch das Coronavirus eine Dyna- mik, die Wirtschaft und Gesellschaft schneller und nachhaltiger umkrempeln könnte. Lang- fristig betrachtet werden in den bevorstehen- den Umbrüchen sicher viele Chancen zu ent- decken sein. Kurzfristig ist zunächst zu konstatieren, wie schnell und wie heftig die Auswirkungen der Corona-Pandemie in der Immobilienwirtschaft und bei Immobilien- investments angekommen sind. Das mit Wohn- und Gewerbeimmobilien erzielte Transaktionsvolumen belief sich im April auf rund 2,3 Milliarden Euro, schreibt Immobilienberater Savills in seinem jüngsten Bericht. „Damit war der April 2020 der um- satzschwächste Monat seit August 2012“, stellt Savills Researcher Matthias Pink fest. Zum Vergleich: Das durchschnittliche monat- liche Transaktionsvolumen der vergangenen zehn Jahre liegt mit rund fünf Milliarden Euro in Deutschland mehr als doppelt so hoch. Volle Breitseite Börsengelistete Immobilienunternehmen haben als Erste eine volle Breitseite ab- bekommen. Nicht nur die Dickschiffe unter ihnen, etwa die Deutsche Wohnen, Vonovia oder Patrizia, sondern auch klei- nere, der Hamborner REIT zum Beispiel oder die FCR Immobilien, sahen Mitte März ihre Kurse um 20 und teilweise so- gar um mehr als 30 Prozent jäh absacken. Während die Rutschpartie bei allen Immo- bilien-AGs ähnlich aussah, unter- scheiden sich die Entwicklungen der Kurse seither stark. Die großen Wohnbestandshalter Vonovia und Deutsche Wohnen oder auch die LEG Immobilien konnten sich bis Anfang Mai wieder ganz gut nach oben arbeiten. Ganz anders die Gesellschaften, die einen Schwer- punkt auf Einzelhandelsimmobilien haben. Die Kurse der Deutschen Euroshop etwa oder von FCR Immobilien bewegen sich seit Mitte März seitwärts. Wie ein Katalysator verschärft und beschleunigt das Coronavirus Prozesse, die sich ohnehin schon abgezeichnet haben. Dem Kurs der Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die verschiedenen Immobilien- segmente und Investitionsvehikel unterscheiden sich erheblich. Ansteckungs gefahr Wohnimmobilien verloren zuletzt wegen des Mietendeckels, der Mietpreisbremse und Enteignungsdiskussionen das Interesse von Investoren. Inmitten der Coronakrise erweisen sie sich als vergleichsweise widerstandsfähig. » Der April 2020 war der umsatzschwächste Monat seit August 2012. « Matthias Pink, Savills Krasse Unterschiede Wohn- contra Einzelhandelsimmobilien am Aktienmarkt Der Kurs der Deutsche-Wohnen-Aktien hat sich schon wieder erholt, der Kurs der Deutschen Euroshop nicht. Quelle: Bloomberg 40 % 60 % 80 % 100 % 120 % Deutsche Wohnen Deutsche Euroshop April Mai März Feb. 2020 190 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 sachwerte I immobilien
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