FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

D ie erste Ausverkaufswelle der Corona- krise ist vorüber. In vielen Ländern scheint es dank harter Einschränkungen gelungen, das exponentielle Wachstum der Neuinfektionen zu stoppen. Damit ist zumindest das Horrorszenario einer totalen Überlastung der Spitäler vom Tisch. Diese Atempause gilt es jedoch nicht unge- nutzt verstreichen zu lassen. In der Schock- starre zu verharren und darauf zu hoffen, dass schon bald alles zur gewohnten Normalität zurückkehren wird, ist sehr gefährlich. Es gilt nun, das Portfolio kritisch zu durchleuchten und jede Position darauf zu überprüfen, wie sie in der neuen Realität bestehen kann. Aus zwei Gründen wird es so bald keine Rückkehr zur alten Normalität geben. Erstens ist schon jetzt absehbar, dass der Alltag auf Jahre hinaus oder gar für immer nicht mehr derselbe sein wird wie vor dem Ausbruch der Pandemie: Verschärfte Grenzkontrollen und Reisehürden, die ständige Gefahr neuer Ausbrüche und Zwangsquarantänen und generelle Einschränkungen von Mas- senveranstaltungen verunmöglichen dies. Der zweite Grund sind die gravierenden wirtschaftlichen und politischen Folgen, die aus den laufenden Zwangsmaßnah- men zur Bekämpfung des Virus entstehen. Millionen von Unternehmen im Dienstleis- tungssektor sind direkt in ihrer Existenz bedroht. Massenentlassungen und Pleitewellen sind die Folge, auch wenn die meisten Staaten versuchen, mit Rettungsprogrammen das Schlimmste zu verhindern. Schon jetzt ist auf- grund der jüngsten Zahlen absehbar, dass die Arbeitslosenrate in den Industrieländern bis Ende April auf 10 bis 20 Prozent steigen wird. Die Zweitrundeneffekte sind schlimmer als die Krise selbst Daraus wiederum ergeben sich zahlreiche Zweitrundeneffekte einer typischen Rezession: sinkende Konsumnachfrage, Zahlungsunfähig- keit und Kreditausfälle, Konkurse und neu auf- gedeckte Buchhaltungsskandale. Die rekord- hohe Verschuldung der Unternehmen und vieler Privathaushalte macht die Wirtschaft zudem besonders anfällig für Einbrüche beim Cashflow. Als Reaktion auf die Wirtschaftskrise sind so- ziale Unruhen und weitere massive politische Interventionen zu erwarten. Strafzölle, Export- verbote, Hochinflation, vieles ist denkbar. Die globalen Zuliefererketten werden wieder kürzer und robuster gestaltet, damit aber auch teurer. Gleichzeitig besteht auf internationaler Ebene die Gefahr, dass sich das ohnehin schlechte Klima der Beziehungen, besonders zwischen den Großmächten USA und China, weiter ver- schlechtert. Auch der EU dürfte die bisher schwerste Zerreißprobe ihrer Geschichte erst noch bevorstehen. Das alles sind keine schönen Aussichten, und das Geldanlegen dürfte in den nächsten Jahren alles andere als ein Sonntagsspazier- gang werden. Gleichzeitig ist es aber auch falsch, in Resignation oder Panik zu verfallen. Die Menschen und die Finanzmärkte haben schon ganz andere Krisen überstanden. Ein wacher und kritischer Blick ist jedoch gefragt. Die zahlreichen langfristen Folgen der Coronakrise sind natürlich noch längst nicht abschätzbar. Gleichwohl können bereits jetzt alle Aktien und Anleihen im Depot einer stren- gen Triage unterzogen werden. Wir haben dies mit unseren Unternehmen im Quantex Global Value Fund getan und sehen grundsätzlich vier Kategorien von Titeln: • Die Hochrisiko-Patienten: Darunter fallen grundsätzlich Firmen aus Sektoren, die durch das Virus und die Zwangsmaßnahmen für lange Zeit oder für immer eine massive Beein- trächtigung ihres Geschäfts zu erwarten haben. An erster Stelle steht hier die Flug- und Reise- branche. Wer hat die nächsten Jahre noch Lust auf eine Kreuzfahrt? Auch Veranstalter von Gro- ßevents, Konzerten oder Messen dürften noch lange ein Problem haben – und vermutlich der ganze Restaurantsektor. Das Problem ist hier besonders, dass die Lücke im Cashflow perma- nent sein dürfte: Ausgelassene Mittagessen können rein zeitlich nicht im nächsten Auf- schwung nachgeholt werden. Zu den Hochrisiko-Patienten gehören aber auch die zahlreichen total überschuldeten Firmen aus anderen zyklischen Sektoren wie Ölförde- rung, Autobau oder Einzelhandel, die größte Mühe haben werden, den laufenden Umsatz- einbruch und die Rezession zu überleben. Viele Vertreter der Kategorie waren schon vor der Kri- se im Niedergang begriffen: Wie viele Einkaufs- zentren und Ölquellen braucht es in der Welt nach Corona überhaupt noch? Anleger sollten sich bei den Hochrisiko- Patienten nicht naiv auf staatliche Ret- tungsprogramme verlassen. Das Unter- nehmen an sich mag dank einer Interven- tion überleben. Doch der Aktionär riskiert trotzdem einen Totalverlust oder eine mas- sive Verschlechterung seiner Position in der Kapitalstruktur. Man denke nur an die geretteten Banken der Finanzkrise von 2008 zurück: Die meisten Anleger sind mit ihren Aktien im Sektor bis heute nicht glücklich geworden. Aus unserer Sicht habe beide Unterkategorien – die direkt von Corona betroffenen und die über- schuldeten Zykliker – ein potenziell tödliches Problem, das zum Totalverlust führen kann. Ent- sprechend unserer auf Sicherheitsmarge be- dachten Strategie werden wir deshalb in diese Art Titel nicht investieren, ganz egal wie günstig sie aussehen mögen. • Die Rekonvaleszenten: Viele Firmen werden durch die Wirtschaftskrise einen zyklischen Ein- bruch ihrer Cashflows erleiden, sind aber durch die Maßnahmen zur Virusbekämpfung nur indirekt oder höchstens kurzfristig betroffen. Darunter fal- len in unseren Augen zum Beispiel der Bergbau- sektor, die Industrie- und Baubranche oder die Hersteller von Luxusgütern. Sofern diese Unter- nehmen über eine gute Bilanz verfügen, möglichst AKTIENFONDS IM FOKUS „Anleger sollten sich nicht naiv auf staatliche Rettungsprogramme verlassen. Das Unternehmen an sich mag dank einer Intervention überleben. Doch der Aktionär riskiert trotzdem einen Totalverlust.“ Peter Frech Nach einem steilen Börseneinbruch hat sich der größte Stress gelegt und es gibt Zeit zum Durchatmen. Diese Zeit gilt es jedoch nicht zu verlieren. Die Positionen im Portfolio müssen darauf überprüft werden, ob sie in der Wirtschaftskrise und der neuen Welt des Virus bestehen können. Die notwendige Triage fürs Portfolio

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