FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

dung in den Ländern der Euro- zone durch die Krise Ihrer Mei- nung nach steigen? Die Verschuldung wird abermals einen großen Sprung machen. Allerdings wird sie über die geplanten Schatten- haushalte in Form von Fonds gar nicht gemessen. Die EU darf sich gar nicht verschulden. Und doch tut sie es über die Europäische Investitionsbank, den Rettungsschirm ESM, den Juncker- Fonds, den Fonds mit dem Namen „Sure“ für das Kurzarbeitergeld und den Wiederaufbaufonds, von dem nun die Rede ist, wobei völlig unklar ist, was hier wiederaufgebaut werden soll. Die Mittel werden vor allem für Ver- staatlichungen von nicht mehr wett- bewerbsfähigen Unternehmen und für die Rettung der Gläubigerbanken ver- wendet werden. Von Wiederaufbau kann nicht die Rede sein. Das Sorgenkind innerhalb der Eu- rozone ist vor allem Italien, dessen Staatsschuld mit 136 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bereits vor dem Ausbruch der Epidemie viel zu hoch war. Wie schätzen Sie die Zukunft des Landes ein? Italien steht schon seit vielen Jahren am Rande des Konkurses. Das war auch schon so, als das Land den Euro eingeführt hat. Damals musste es Zinsen von zwölf Prozent für zehn- jährige Staatspapiere zahlen. Die Situa- tion hat sich seitdem laufend ver- schlechtert. Kurzum: Das italienische Desaster ist noch meilenweit von einer Lösung entfernt. Vor allem die bereits hoch verschuldeten Länder wie Italien fordern nun Euro- beziehungsweise Corona-Bonds. Deutschland und Österreich sprechen sich derzeit dagegen aus. Was halten Sie von der Idee? Nichts. Wenn die Großschuldner keine höhe- ren Zinsen als die Sparsamen zahlen, dann fehlt die Schuldenbremse in Form wachsender Zinsspreads, ohne die eine Föderation nicht überleben kann. Corona-Bonds sind der Ein- stieg in Eurobonds, und Eurobonds sind das sichere Rezept für eine Schuldenlawine. Die EZB hat ja bereits bekannt gegeben, unbegrenzt Anleihen der Eurozone zu kaufen. Der explosionsartige Anstieg der EZB-Bilanzsumme ist doch im Prinzip nichts anderes als eine faktische Ver- gemeinschaftung der Staatsschulden. Sitzen die Länder der Eurozone nicht bereits längst gemeinsam in einem Schul- denboot? Ja, durch das „Whatever it takes“ wurden die Staatspapiere bereits implizit vergemeinschaf- tet. Auch die Target-Salden, die durch das EZB-Ankaufsprogramm wuchsen, bedeuten eine Vergemeinschaftung der Verschuldung. Aber Corona-Bonds würden das Ganze nun auch noch offiziell machen. Die EU-Finanzminister haben ein 540- Milliarden-Euro-Hilfspaket geschnürt. Auch ein neuer Fonds zur Wiederbele- bung derWirtschaft soll kommen. Getra- wurde übertrieben“ » Die EU darf sich gar nicht verschulden. Und doch tut sie es über die Europäische Investitionsbank, den Rettungsschirm ESM, den Juncker-Fonds … « Hans-Werner Sinn, emeritierter Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung www.fondsprofessionell.de | 2/2020 117

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