FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

Bienenvölker angeschafft, und die – durchaus anstrengende – Arbeit mit ihnen begeistert mich jeden Tag. Sie verfolgen mit dem Biodiversitätspro- jekt Miëlo in erster Linie einen Umwelt- schutzgedanken, der mit den Verkaufs- erlösen finanziert werden soll. Wie kam es dazu? Ich habe mich immer wieder mit Waldviert- lern unterhalten, die mir erzählten, dass man noch vor 30 Jahren über Rebhühner und Fa- sane, Igel und Maulwürfe geradezu gestolpert sei. Und im Lauf der Zeit seien fast alle diese Lebewesen verschwunden. Gemeinsam haben diese Tiere, dass sie sich von Insekten ernäh- ren. Die Wissenschaft bestätigt mittlerweile diese Beobachtung: Insekten sterben, die wichtigste Nahrungsquelle für viele andere Tiere geht damit verloren, die Artenvielfalt, das ökologische Gleichgewicht, die Zu- kunft der Natur und damit auch unserer Ernährung steht auf dem Spiel. Als Halter von Bienen hat mich das natürlich auch betroffen gemacht – und ich habe erkannt, dass es nicht nur die Honigbienen sind, die geschützt werden müssen, sondern vor allem die Wildinsekten. Um das zu errei- chen, haben wir möglichst große zusam- menhängende Flächen in Krumau am Kamp und Traismauer auf der Farm des ehemaligen Bankers und Generali-Mana- gers Gustav Dressler geschaffen, auf denen keine Pestizide verwendet werden dürfen. Den benachbarten Bauern ersetzen wir den „Schaden“, den sie durch den Minderertrag bei Verzicht auf die Pflanzengifte erleiden. In der unmittelbaren Umgebung der auf 100 Völker angewachsenen Stände stehen den Bienen und Wildinsekten nun rund 100 Hek- tar nachhaltig bewirtschaftete Äcker und Wie- sen sowie weitere rund 500 Hektar Wald zur Verfügung, um unbelasteten Nektar und Pol- len zu finden und sich in Ruhe zu vermehren. Die Dimension ist groß: Im Sommer sind bis zu 3,5 Millionen Bienen auf unbelasteten Flächen in der Größe von 143 Fußballfeldern unterwegs. Seit 2014 haben wir rund 1.500 Obst-, Linden und Ahornbäume gepflanzt, die ebenfalls Nahrung für Insekten und Tiere bie- ten, die sich von Insekten ernähren. Weil der hohe ökologische Standard der Produktion und die „Entschädigungen“, die an die Bauern gezahlt werden müs- sen, Ihren Honig sehr teuer machen, wenden Sie sich in der Vermarktung verstärkt an Unternehmen, die mit dem Kauf ihre Ökobilanz verbessern können. Wie gut funktioniert das? Es funktioniert dann, wenn die Partner verste- hen, dass der Honig selbst nur ein Symbol für das gesamte Biodiversitätsprojekt und nur ein geringer Teil des Kaufpreises ist. Unsere Part- ner verstehen, dass sie sich durch den Kauf eines hervorragenden Lebensmittels an einem weit größeren Projekt beteiligen. Mittlerweile gibt es zahlreiche kleinere und einige größere Abonnenten, die genau das wollen. Besonders für die Finanzdienstleistungsindustrie ist die Unterstützung des Projekts durchaus mit ei- nem positiven Imagetransfer verbunden. Wie- wohl sich Fondsgesellschaften und Banken bisher vornehm zurückgehalten haben (lacht). Inzwischen sind Sie für Österreichs Imker ebenso wichtig wie bisher für die Finanzbranche. Wie sehr benötigt die heimische Umwelt anwaltliche Hilfe? Die Erwerbsimker Österreichs haben rasch verstanden, dass es ihre Schlagkraft durchaus verstärken kann, wenn sie einen Rechtsanwalt in den Reihen ihrer Interessenvertreter haben. Bei der Wahl der Funktionäre im heurigen Frühjahr haben sie mich deshalb in die Funktion des Vizepräsidenten des Österrei- chischen Erwerbsimkerbundes gewählt – ein Titel ohne Mittel. Viel nötiger haben es freilich die vielen Lebewesen ohne Lobby, denen wir durch das Miëlo-Projekt Lebens- raum und Aufmerksamkeit verschaffen. Ziel muss es sein, den institutionellen Käu- ferkreis zu vergrößern und damit die Aus- dehnung der existierenden Oasen zu errei- chen und auch neue Oasen zu finanzieren. Vielen Dank für das Gespräch. GEORG PANKL | FP Foto: © Privat Dr. Ernst Brandl Der 1966 in Wien geborene Jurist hat in Wien (Mag. Iur. 1990, Dr. iur. 1993), an der University of Chicago, The Law School (LL.M. 1991), sowie an der Harvard University Graduate School of Business Administration (M.B.A. 1995) studiert. Zwi- schen 2000 und 2020 war er Partner der von ihm mitgegrün- deten Kanzlei Brandl & Talos. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt war Brandl Leiter der Rechtsabteilung der Bundes-Wertpapier- aufsicht (1999–2000), aus der später die FMA hervorging. Schwerpunktmäßig will sich der Jurist in Zukunft einem Bio- diversitätsprojekt im Waldviertel widmen, in dessen Zentrum eine Bienenzucht steht. Unter der Marke Miëlo wird hier Privat- personen und Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten. » Besonders für die Finanz- dienstleistungsindustrie ist die Unterstützung des Projekts durchaus mit einem positiven Imagetransfer verbunden. « Dr. Ernst Brandl steuer & recht I dr. ernst brandl | brandl & talos 252 www.fondsprofessionell.at | 2/2020

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