FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

im Jahr erzielen – bei hochprofitablen Policen. Zum Angebot zählt ferner eine App, mit der die Kunden ihre Versicherungen digital ver- walten, einfache Policen selbst abschließen und für komplexe Produkte ihren Makler kon- taktieren können. Die Vermittler wiederum werden von einem Wefox-Team unterstützt. „Mit unseren System haben Makler den Rücken frei, um sich auf den Vertrieb zu fokussieren“, so der Chef, der zugleich be- stimmte Anforderungen an Partner stellt: „Un- ser Fokus liegt auf jungen Maklern, die nur online und digital arbeiten und nicht mehr auf persönliche Beratungsgespräche setzen.“ Als der Pool in seinen Anfängen stand und die Finanzlage angespannt war, kam übrigens eine für den Erfolg von Wefox sehr wichtige Eigenschaft von Teicke Junior zum Tragen: Er kann Leute überzeugen. „Wir entstammen einer Pastorenfamilie“, berichtet Hartmut Teicke. „Die pastoralen Ahnen sind auch bei Julian gut zu erkennen. Er ist in der Lage, eine Gemeinschaft um sich zu versammeln, zu ‚predigen‘, Visionen zu entwickeln.“ Dazu komme: Was er sich in den Kopf gesetzt habe, das schaffe er auch. Andere bestätigen das: „Julian Teicke ist sendungsbewusst und gut vernetzt, was man in der Start-up-Branche auch braucht“, beschreibt ihn Rieckhoff. So gelang es dem jungen Teicke Anfang 2016 auf einer Veranstaltung von Salesforce-Chef Marc Bennioff, Investoren davon zu über- zeugen, 5,5 Millionen Euro in Wefox zu stecken. Wie man mittlerweile weiß, konnte er seither viele weitere Geldgeber für seine Ideen gewinnen. One Das hängt aber sicher nicht nur mit seinem Verkaufstalent zusammen. „Die Wefox-Grup- pe hat noch ein anderes Standbein, das andere Maklerpools nicht haben“, erklärt Rieckhoff das Alleinstellungsmerkmal. Seit 2017, als auch der alte Name Financefox zugunsten von Wefox aufgegeben wurde, gehört der in Liechtenstein ansässige Digitalversicherer One zur Gruppe. Über diesen Anbieter kön- nen Kunden einfache Policen wie Haus- rats- und Haftpflichtversicherungen bruch- frei digital abschließen und bezahlen. Zu- dem ist One natürlich an die hauseigene Plattform angeschlossen, sodass auch die Makler und deren Kunden Policen dort beziehen können. Warum ein konzerneigener Digitalver- sicherer? Die Wefox-Gruppe hatte von Beginn an die Nähe zu bestehenden Ver- sicherern gesucht und mit einigen Gesell- schaften auch tiefergehende Partnerschaften geschlossen, um die Anbindungen an die Wefox-Plattform zu digitalisieren und medien- bruchfrei zu gestalten. Ziel ist es, Versicherer, Makler und Kunden auf einer Plattform zu- sammenzuführen. Viele Versicherer sollen aber abgewunken haben mit der Begründung, eine Digitalisierung der Prozesse sei nicht möglich. „Daher hat Wefox dann One über- nommen, um zu zeigen, dass die Digitalisie- rung sehr wohl möglich ist“, berichtet Hart- mut Teicke. Das Start-up sieht One daher auch nicht als Konkurrenz zu anderen Versi- cherern, sondern als Innovationsplattform, auf der an Schnittstellen und digitalen Prozessen gearbeitet wird, die zum Standard für alle bei Wefox angeschlossenen Versicherer werden sollen. „One soll Vorbild für die Partner sein. Sie können alle dort entwickelten Programme und Neuerungen übernehmen“, sagt Julian Teicke. Ist das geschafft – einige Versicherer zeigen dem Vernehmen nach großes Interesse an der Technik –, soll One als Brutstätte für neue Produkte oder Preismodelle fungieren. Nexus Zu One gehört auch eine intern „Nexus“ genannte Technologieplattform, die mithilfe von künstlicher Intelligenz und Datenanalysen maßgeschneiderte Marketingkampagnen für One anbietet, deren Software aber auch von Dritten integriert werden kann. Dieser Bereich scheint insbesondere die Investoren der jüngs- ten Finanzierungsrunde interessiert zu haben. „Die Wefox Group ist ein spannendes Bei- spiel für ein schnell wachsendes Unterneh- men, das Daten und KI nutzt, um die Ver- sicherungsindustrie zu verändern“, ließ sich damals Young Sohn zitieren, Präsident und Chief Strategy Officer von Samsung Electro- nics, einem der Geldgeber. Der Wefox-Gründer blickt zudem weiter nach vorn, was seine Investoren sicher auch wünschen. Zu seinen Ideen gehört demnach die „Verknüpfung von Lebenswelten“. So sol- len die Lebensumstände der Versicherungs- kunden auf Wunsch via Smartphone, im ver- netzten Auto und über allerlei Sensoren in ihrer Wohnung ausgewertet werden. Dann könnten die Versicherer frühzeitig vor mögli- chen Gefahren warnen. Die Kunden könnten das Risiko dann entweder vermeiden oder au- tomatisch eine passende Police abschließen. Eine andere – allerdings nicht ganz neue – Idee lautet, Kunden Versicherungsschutz zu bieten, wenn sie etwa in die Skiferien starten. Das ist dank der Standortdaten in der Smartphone-App möglich. Eine vollautoma- tisierte Reiseversicherung, sobald ein Kunde den Flughafen betritt, biete One schon an. Teicke verliert sich allerdings nicht im Kleinklein – er denkt groß. Sein eigentliches Ziel: „Wir wollen die größte Versicherungs- gesellschaft der Welt werden“, so sein Statement, das in vielen Medien zu lesen ist. Davon ist er zwar noch weit entfernt, aber die Geschäftszahlen, die zum guten Teil auf der internationalen Expansion in verschiedene europäische Länder beruhen (siehe Kasten), scheinen zumindest in die richtige Richtung zu zeigen – offensicht- lich so überzeugend, dass Investoren Ein- hörner sehen. JENS BREDENBALS | FP Die Wefox-Gruppe in Zahlen Wefox kooperiert derzeit mit 4.000 Maklern, davon 1.500 in Deutschland. Die übrigen verteilen sich auf Österreich, die Schweiz, Spanien und Italien. Der Umsatz stand im Jahr 2019 bei 124 Millionen Euro – nach 39 Millionen Euro im Vorjahr. Zahlen zum Vorsteuergewinn nennt das Fintech nicht. Der hauseigene Versicherer One hat aktuell 250.000 Kunden, die 450.000 Verträge abgeschlossen haben. Das Prämienvolumen des Liech- tensteiner Unternehmens beträgt 32 Millionen Euro. Hartmut Teicke, Julians Vater: „Was Julian sich in den Kopf gesetzt hat, das schafft er auch.“ » Unser Fokus liegt auf jungen Maklern, die nur online und digital arbeiten. « Julian Teicke, Wefox www.fondsprofessionell.at | 2/2020 167

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