FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

durchaus mit einem Aufholeffekt an Firmen- pleiten ab Mitte des Jahres bis ins Jahr 2021 hinein gerechnet werden. Dies wird wohl Auswirkungen auf den Retail- und Büromarkt haben“, prophezeit Alexander Sablatnig, Geschäftsführer des Family Office Afom Advisors. Seiner Meinung nach könnten teure Retailflächen zugunsten des Onlineauftritts geopfert werden. Für die Investoren wird die Differenzierung nach Lage und Nutzungsart immer wichtiger. Der Erste-Immobilienfonds- Chef Karl ist davon überzeugt, dass es „für Nutzungsarten, die stärker von der Corona- Krise betroffen sind, und in schwierigeren Lagen höhere Risikoabschläge“ bei den Im- mobilienpreisen geben wird. „Aber gute Qua- lität in guten Lagen wird zumindest stabil bleiben“, so Karl. Hotels unter Druck Spannend ist die Frage, ob die Pandemie nicht auch längerfristige grundlegende Ver- schiebungen für Immobilienmärte bewirken könnte. Viele Experten sind etwa der Ansicht, dass sich einige Sparten nachhaltig ändern werden, indem beispielsweise das Homeoffice langfristig den Büroflächenbedarf reduziert, weil man in der Krise gesehen habe, dass man auch so arbeiten könne. Friedrich Wachernig, Vorstand der S Immo AG, widerspricht vor- sichtig: „Das Büro wird weiterhin Bestand ha- ben, weil der persönliche Austausch viel zu wichtig ist, als dass er sich zur Gänze durch eine digitale Welt ersetzen lässt. Wir müssen weiter umdenken und neue innovative und kreative Konzepte zulassen.“ Das bedeutet schlussendlich, dass klassische und starre Büroflächen, die ökonomisch und ökologisch häufig ohnehin uninteressant sind, eines Tages nur noch über den Preis vermietet werden können.Vor besonders großen Herausfor- derungen steht der Hotelmarkt. Es ist nicht vorhersehbar, wie sich das Reiseverhalten von Geschäftsleuten und Privatpersonen ent- wickeln wird und wann internationale Kon- gresse und Messen wieder stattfinden dürfen. Dass Urlaubsreisen im Sommer, wenn auch mit Einschränkungen, wieder möglich sind, ist für viele Hotelbetreiber ein schwacher Trost oder keine Lösung, wenn sie in diesem Segment kein Angebot haben. Fels in der Brandung Verglichen damit geht es den Zinshäusern und Lebensmittelhändlern richtig gut. „Woh- nen wird immer ein wesentliches Grund- bedürfnis sein, Einkaufen ebenso“, erklärt Wachernig. Alle Marktbeobachter gehen momentan davon aus, dass der Wohnsektor sehr stabil bleiben und allenfalls geringe Preis- rückgänge sehen wird, die auch nur von kurzer Dauer sein werden. Der Maklerpool Remax glaubt, dass die Preise für Einfami- lienhäuser in den nächsten zwölf Monaten nur um 2,3 Prozent sinken werden. Das könnte die Kauflust wecken, meint Andreas Luschnig, Leiter der Wiener Nieder- lassung des deutschen Finanzierungsvermitt- lers Interhyp: „Wenn die Immobilienpreise etwas sinken, wären Immobilien wieder attraktiver, und die Nachfrage könnte steigen. Dies würde einem stärkeren Preisrückgang entgegenwirken, zumal die Zinsen für Wohn- baufinanzierungen immer noch historisch niedrig sind.“ Preise könnten steigen Die Preise für Miethäuser könnten sogar kräftig steigen. „Wohnimmobilien sind bei risikoaversen Investoren in Krisenzeiten besonders beliebt, und das aktuelle Niedrig- zinsumfeld begünstigt diesen Umstand“, so Wachernig. Zudem ist nach wie vor sehr viel  Kapital von institutionellen Investoren im Markt, das den Käuferwettbewerb und somit die Preise verschärft. Mit Vorsicht zu genie- ßen sind aber hohe Erwartungen bei der Miet- entwicklung. Karl ist skeptisch, denn: „In Zeiten von hohen Arbeitslosenraten spielt der Faktor Leistbarkeit natürlich verstärkt eine zentrale Rolle.“ Sollten die Mieten nicht weiter steigen, die Häuser aber gleichzeitig teurer werden – eine wachsende Anzahl von Experten nimmt dies an –, müssen die Käufer mit sinkenden Renditen rechnen. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Foto: © Erste AM Peter Karl, Erste Immobilien: „Die Immobilienwirtschaft ist nicht von der Gesamtwirtschaft entkoppelt.“ Investoren ziehen die Handbremse an Das Investitionsvolumen im Immobilienmarkt sinkt deutlich. Bereits vor dem Ausbruch der großen Wirtschaftskrise ist das Investmentvolumen signifikant zurückgegangen. Quelle: CBRE ’17 ’18 ’19 ’20 ’16 ’15 ’14 ’13 ’12 ’11 ’10 0 1 2 3 4 5 6 7 Q1 Q2 Q3 Q4 Investmentvolumen Euro Mrd. Wohnimmobilien zeigen sich stabil F+B Corona Index: Das Vertrauen leidet nicht unter der Krise. Der F+B Corona Index bildet aus Immobilienannoncen die Entwicklung der angebotenen Miet- und Kaufpreise für Wohnungen und Einfamilienhäuser ab. Quelle: F+B GmbH KW 17 KW 18 KW 16 KW 15 KW 14 KW 13 KW 12 KW 11 KW 10 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % 110 % D-Index Anzahl Neuangebote D-Index Preise Neuangebote 148 www.fondsprofessionell.at | 2/2020 sachwerte I immobilien

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