FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

In diesem Umfeld ist mit einem vorüber- gehenden Konsumverzicht und einer erhöh- ten Sparneigung nach dem Vorsichtsprinzip (Notgroschen) zu rechnen. Die Sparquote steigt im Jahr 2020 laut WIFO von 8,3 auf 9,6 Prozent. Dieses Geld fällt naturgemäß für den Konsum aus, großteils liegt es unpro- duktiv und unverzinst auf Konten, wo es den Banken Kopfzerbrechen beschert, weil sie dafür eigentlich Negativzinsen verrechnen müssten. Part of the System Konjunkturprobleme in dieser Dimension bringen auch die Immobilien- und die Bau- wirtschaft in Bedrängnis. „Denn sie ist meines Erachtens nicht von der Gesamtwirtschaft entkoppelt“, meint Peter Karl, Vorstand der Erste Immobilien KAG. Erste Indikationen für die Auswirkungen gibt es bereits. Das WIFO prognostizierte zuletzt einen Rückgang der Bauinvestitionen um 5,25 Prozent, wovon alle Bausparten, vor allem aber Gewerbe- immobilien und am wenigsten der Wohnbau, betroffen seien. Unverblümt spricht Kurt Neuwirth von „handfesten Problemen“ in der Branche. „Bauträger und Projektentwickler stehen seit Wochen vor der Herausforderung, ihre Pro- jekte weiterhin unter den erschwerten Bedin- gungen finanziert zu bekommen“, berichtet der Geschäftsführer der deutschen Beratungs- gesellschaft Neuwirth Finance. Unverschuldet habe sich ihre Situation durch die Pandemie drastisch verändert. Bauvorhaben seien ins Stocken geraten, und die reibungslose Mate- rialbeschaffung war oft nicht mehr ge- währleistet. Auch bei Genehmigungen habe es Verzögerungen gegeben. Kursverluste bei Aktien Dass Wertpapiere mit täglicher Kursbildung in solch einem Umfeld unbehelligt bleiben, ist ausgeschlossen, tatsächlich sind die Aktien- kurse der börsennotierten Immobiliengesell- schaften nach dem Shutdown dramatisch eingebrochen (siehe Chart auf Seite 146). Das hatte im ersten Schritt allerdings mehr markt- psychologische als wirtschaftliche Ursachen. Die Immofinanz gab für das erste Quartal so- gar Steigerungen bei den Mieterlösen und beim operativen Ergebnis bekannt. Allerdings waren bei den Handelsimmobilien im März und April nur 27,5 Prozent der Flächen geöff- net, und daher mussten teilweise die Mieten gestundet und „partnerschaftliche Lösungen für die Krisenmonate“ gefunden werden. Im Mai korrigierte Immofinanz den Wert des 3,2 Milliarden Euro großen Bestands- portfolios um 45 Millionen Euro nach unten. „Wir setzen alle möglichen Maßnahmen, um potenzielle negative Auswirkungen auf den Konzern so gering wie möglich zu halten. Das betrifft etwa Kostensenkungen oder die Verschiebung von nicht zeitkritischen Investi- tionen“, erklärte CFO Stefan Schönauer. Auch die UBM kündigte schon im April eine „konsequente Vorbereitung auf ein rezessives Szenario“ an. Die Entwicklung der Nachfrage in den Assetklassen Hotel, Wohnen und Büro sei mit großen Unsicherheiten behaftet, und daher habe die Sicherung der Liquidität Prio- rität. Dazu sagte Finanzchef Patric Thate:  „Denn bei einer andauernden Rezession wird UBM einen längeren Atem benötigen.“ Schnelle Erholung Die Fondsmanager gehen mit der Krise relativ gelassen um. „Wir rechnen mit einer raschen Erholung und sehen diese auch schon“, so Lars Fuhrmann, Geschäftsführer der LLB Immo KAG. In den Märkten werde es unterschiedliche Erholungsgeschwindig- keiten geben, wobei Österreich und Deutsch- land, die beiden Zielländer der LLB-Fonds, insgesamt weniger betroffen seien als andere Länder. „Die Hauptsache ist, dass die Mieter die Miete langfristig gesehen bezahlen kön- nen“, betont Fuhrmann. Gravierende Ver- änderungen durch disruptive Kräfte sieht Fuhrmann akut nicht. Den rasanten Umsatz- sprung im Internethandel oder die neue Popularität des Homeoffice sieht er nur als „Beschleunigung langfristiger Trends“. Der Shutdown und seine Nachwehen gefährden jedoch in vielen Branchen die Existenz unzähliger Wirtschaftstreibender. „Es kann Friedrich Wachernig, S Immo: „Das Büro wird Bestand haben, weil der persönliche Austausch wichtig ist.“ Österreichs Wirtschaft bricht ein Die Konjunktur ist in eine Coronavirus-Krise geraten. Im Sog des Shutdowns bricht weltweit die Wirtschaft ein. In Österreich wird das BIP um 5,2 bis 7,5 Prozent schrumpfen. Quelle: WIFO ’18 ’20 ’22 ’24 ’16 ’14 ’12 ’10 ’08 ’06 ’04 -6 % -4 % -2 % 0 % 2 % 4 % Euro-Raum Österreich PROGNOSE Verbraucher reagieren zurückhaltend In der Krise sinkt der Privatkonsum, und es wird mehr gespart. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Zukunftssorgen führen zu einem Rückgang der privaten Ausgaben. Gleichzeitig steigt die Sparquote auf knapp zehn Prozent. Quelle: WIFO ’18 ’20 ’22 ’24 ’16 ’14 ’12 ’10 ’08 ’06 ’04 -4 % -2 % 0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % 14 % PROGNOSE Sparquote der privaten Haushalte in % des verfügbaren Einkommens Private Konsumausgaben Veränderung gegen das Vorjahr in %, real www.fondsprofessionell.at | 2/2020 147

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