FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020

„Umstritten“ ist ein gutes Stichwort: In Ihrem Portfolio finden sich auch Titel wie Gazprom. Gab es Investoren, die dieses Engagement kritisch hinterfragt haben? Ja, da mussten wir uns erst mal rechtfertigen, warum wir eine russische Aktie ins Portfolio aufnehmen. Der wichtigste Grund für dieses Investment: Es gibt ein Gesetz, dass russische Firmen mit Staatseinfluss um die 50 Prozent Ausschüttungsquote haben sollten. Durch eine Ausnahmegenehmigung aufgrund der hohen Investitionen in das Pipeline-Netz liegt die Quote von Gazprom erst bei 25 Prozent. Die Investitionen enden aber gerade, was für uns schlussendlich der Kaufauslöser war. Nicht nur, dass es sich hier wohl um die günstigste Aktie im Large-Cap-Bereich handelt, wenn die Dividendenausschüttung in zwei oder drei Jahren die volle Ausschüttungshöhe erreicht und die Gewinnbeiträge aus dem Pipeline- geschäft nach China kommen, denke ich, dass die Aktie eine zweistellige Dividendenrendite haben wird und dann noch mal einen Bewer- tungsschub bekommen müsste. Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, auch Invest- ments zu tätigen, die umstritten sind, wenn die Bewertung attraktiv ist. Das ist Value-Inves- ting! Gazprom und der slowenische Generi- kahersteller Krka sind allerdings unsere bei- den einzigen Osteuropa-Investments. Sonst suchen wir eher klassische deutsche Mittel- standsfirmen, die auch von Trends wie dem Klimapakt profitieren können. Wo wir gerade beim Klimapakt sind: Wie gehen Sie mit dem Thema Nach- haltigkeit um? Ich würde es als minimalistisches ESG be- zeichnen. Wir haben einige sehr einfache Aus- schlusskriterien, aber ich sage wie Bert Floss- bach, dass die Art, wie wir analysieren, ohne- hin schon relativ nachhaltig ist. Von Branchen wie Rüstung, Tabak, Kohle oder Atomkraft, bei denen es regulatorische Risiken gibt, halten wir uns normalerweise fern. Auch Titel wie Bayer, die zwar günstig sind, aber ein hohes Prozessrisiko bergen oder schwierige Über- nahmen tätigen, wollen wir tendenziell links liegen lassen. Governance, also eine gute Un- ternehmensführung, ist für uns wichtig! ESG ist definitiv fester Bestandteil unserer Analyse geworden. Das ist zum einen wichtig fürs Kurspotenzial, zum anderen aber auch um zu erkennen, warum eine Aktie unterbewertet ist. Das soll aber nicht heißen, dass wir nur in gut geratete oder ESG-konforme Firmen investie- ren. Gerade für Value-Investoren wird es in Zukunft einAnsatz sein, eine Firma zu kaufen, die Probleme hat und abgestraft wird. Wir se- hen uns gewissermaßen als Impact-Investoren: Wenn es ein Problem gibt, dann muss es ge- löst und mit dem Management kommuniziert werden. Im Squad Growth sind wir in Sachen Nachhaltigkeit ohnehin sehr gut aufgestellt, da Wachstumstitel oft aus Bereichen wie Med- tech, IT oder Software kommen, in denen die ESG-Ratings vorwiegend positiv ausfallen. Der Squad Value ist kein reiner Aktien- fonds. Wie halten Sie es im Portfolio mit Anleihen? Im Squad Value halten wir 80 Prozent Aktien, der Rest sind Spezialsituationen. Dazu zählen Beherrschungs- und Gewinnabführungsver- träge, Themen wie Übernahme-Arbitrage, De- listings, Squeeze-outs oder Unternehmens- anleihen in Sondersituationen, die aktienähn- liche Renditen bieten können. Wir kaufen zwar Anleihen – in aller Regel aber nur, wenn das Unternehmen selbst börsennotiert ist. Dann prüfen wir, ob die Anleihe oder die Aktie dieser Firma attraktiver ist. Als weiterer Punkt kommen Nachbesserungsrechte hinzu. Das erklärt auch die Schließung der Tranche A: Wir möchten diese Nachbesserungsrechte für die Altinvestoren schützen. Die Anteils- klasse A ist wie bereits erwähnt hart geschlos- sen. Da können nicht mal mein Partner oder ich nachkaufen. Im Idealfall sollten Spezial- situationen rund 25 Prozent des Fonds ausma- chen, aber da finden wir im Moment einfach nicht genug, weil wir sehr selektiv vorgehen. Wer von Ihnen ist für die Spezialsitua- tionen verantwortlich: Sie oder Christian Struck? Die Spezialsituationen sind Christian Strucks Fachgebiet. Aber auch Segmente wie Consu- mer Staples, also Basiskonsumgüter, zählen zu seinen Spezialitäten. Mein Steckenpferd sind eher die wachstumsstärkeren Firmen, etwa Softwareunternehmen und Internet- geschäftsmodelle. Ich sehe mich als den etwas risikofreudigeren und Christian als den kon- servativeren Part. Vielen Dank für das Gespräch. AZIM EL-MORSI | FP Stephan Hornung: „500 Millionen könnten wir ganz gut managen, mit einer Milliarde wird es mit unserer Strategie etwas schwieriger, würde ich meinen. Aktuell liegt der Fonds bei gut 200 Millionen Euro.“ » ESG ist definitiv fester Bestandteil unserer Analyse geworden. Das soll aber nicht heißen, dass wir nur in gut geratete oder ESG-konforme Firmen investieren. « Stephan Hornung, Squad Fonds Foto: © Daniel Weisser markt & strategie I stephan hornung | squad fonds 114 www.fondsprofessionell.at | 1/2020

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