FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019
Foto: © weerapat1003 | stock.adobe.com N icht nur in der Politik feiert Grün eine Renaissance – auch in der Wirtschaft sind Umweltverträglichkeit und Co. von zentraler Bedeutung. Gleiches gilt an den Finanzmärkten, wie sich etwa an den Börsen- kursen von Tesla – inzwischen wertvollster US-Autohersteller – oder an Bayer – seit der Übernahme des Biotechnologiekonzerns Monsanto schwer unter Druck – zeigt. Nach- haltigkeit ist omnipräsent in unserer Gesell- schaft, sodass es wenig verwundert, dass auch immer mehr Privatanleger ökologische und soziale Aspekte bei ihren Investitionsentschei- dungen berücksichtigen. Doch was sind über- haupt nachhaltige Finanzprodukte und was haben Anlageberater beim Vertrieb solcher besonders zu beachten? Nachhaltige Finanzprodukte Derzeit existiert noch keine gesetzliche Definition, was unter nachhaltigen Finanz- instrumenten zu verstehen ist. Vielmehr orien- tiert sich der Begriff der Nachhaltigkeit an den sogenannten ESG-Kriterien „Environmental, Social und Governance“. Nachhaltige Finanz- produkte zeichnen sich somit dadurch aus, ökologischen, sozialen, ethischen und klima- freundlichen Aspekten Rechnung zu tragen. Doch wie genau beeinflussen die ESG-Krite- rien ein Finanzprodukt? Als Faustregel gilt: Der Schlüssel ist immer der „Verwendungs- zweck“ der Gelder. Ob ein Finanzprodukt die ESG-Kriterien berücksichtigt, hängt also da- von ab, was der Emittent des Produktes mit dem eingesammelten Kapital tun möchte. Der Emittent muss sich am Ende daran messen lassen, wie er das Kapital einsetzt. Allerdings sind auch mit den ESG-Kriterien viele Un- klarheiten verbunden. Was etwa, wenn eine Anleihe dazu dient, den Bau eines Atomkraft- werks zu finanzieren? Kann das den ESG-An- sprüchen gerecht und die Anleihe somit als grün bezeichnet werden? Atomstrom ist ver- meintlich klimaschonender als andere Ener- giequellen, und es gibt durchaus Stimmen, die die Ansicht vertreten, eine erfolgreiche Ener- giewende könne nur mit dem Einsatz von Atomkraft funktionieren. Dies zeigt sich auch bei einer im Auftrag der deutschen Bafin durchgeführten Umfrage, wonach fast 20 Pro- zent der Befragten meinten, dass es nachhaltig sei, in Atomkraft zu investieren, um den Kli- mawandel zu bekämpfen. Ob auch ein Fünftel der österreichischen Anleger diese Ansicht teilt – schließlich sind wir seit „Zwentendorf“ ein Bollwerk gegen Atomkraft – sei dahinge- stellt. Das Beispiel soll vielmehr veranschau- lichen, dass grün nicht gleich grün ist und sich hier weder bei den Emittenten noch den An- legern ein allgemein gültiges Verständnis eta- bliert hat. Selbiges gilt in Bezug auf Nachhal- tigkeit: Hier stimmten in der Bafin-Umfrage rund 22 Prozent der Befragten zu, dass die Aktien eines Herstellers von Biokleidung nachhaltig sind, unabhängig davon, ob beim Anbau der Baumwolle Kinder beschäftigt werden. Anlageberater stehen somit vor der Herausforderung, anhand der unzähligen ver- schiedenen Abgrenzungskriterien, die sich hinter dem Begriff Nachhaltigkeit verstecken, jene Produkte auszuwählen, die den indivi- duellen Erwartungen und Vorstellungen des Kunden entsprechen. Bezeichnungsschutz Als Reaktion darauf sind, ähnlich wie zum Beispiel bei Bioprodukten oder Ökostrom, Gütesiegel für Öko-Investments entstanden. Im deutschsprachigen Raum existieren etwa das FNG-Siegel oder das österreichische Um- weltzeichen (UZ 49), die nachhaltige Finanz- produkte beziehungsweise grüne Fonds kenn- zeichnen. International oder EU-weit konnte sich jedoch noch kein generell anerkanntes Gütesiegel uneingeschränkt etablieren. Viel- mehr ist zu beobachten, dass neue Nachhal- tigkeitssiegel oder -zertifikate wie Schwam- merln aus dem Boden schießen und Konsu- menten wie Berater eher ratlos zurücklassen. Häufig kann man nur rätseln, ob diese Siegel tatsächlich das bescheinigen, was im Produkt vermeintlich enthalten ist, oder ob damit nicht vielmehr „Greenwashing“ betrieben wird. Die EU-Kommission hat dieses Problem erkannt und den Wunsch nach einer einheit- lichen Lösung aufgegriffen. Ergebnis ist die sogenannte Taxonomie-Verordnung. Damit will die EU-Kommission einen Rahmen für nachhaltige Investitionen schaffen, wobei statt eines Gütesiegels ein Bezeichnungsschutz ein- geführt wird. Demnach ist künftig einheitlich geregelt, wann eine Investition ökologisch Auch vor der Finanzbranche macht der grüne Trend nicht halt. Doch was hat man als Anlageberater in der Praxis zu beachten? Alles im grünen Bereich Klimaschutz, Sozialverträglichkeit und Co. sind in aller Munde. Dementsprechend steigt auch das Interesse an nachhaltigen Investments. Finanzberater sollten in der Praxis allerdings einige Dinge beachten. 252 www.fondsprofessionell.at | 4/2019 steuer & recht I nachhaltige anlageberatung
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