FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019

und -ort mit früheren Zahlungen“, berichtet Deutsche-Bank-Analyst Kaya. „Wenn ein Risiko erkannt wird, blockiert die KI die ent- sprechende Transaktion.“ Ebenso kann KI die Identität eines Kunden überprüfen. Dabei werden eingescannte Kun- denunterlagen mit Informationen aus dem Internet verglichen, um festzustellen, ob die Angaben vertrauenswürdig sind. „Die Metho- den der KI entwickelten sich in den letzten Jahren rasant weiter“, sagt Ralph Werner, Lei- ter Finanzdatenmanagement bei Capgemini Invent, einer Einheit der Beratungsgesellschaft Capgemini in Frankfurt. „Es gibt inzwischen zahlreiche Anwendungsfälle, die von KI-Sys- temen mindestens so gut, wenn nicht sogar besser als von Menschen ausgeführt werden.“ Dazu gehörten unter anderem Objekt-, Ge- sichts- und Spracherkennung sowie die Spra- che-zu-Text-Konvertierung. Die mittlerweile sehr großen über das In- ternet verfügbaren Datenmengen sowie die gestiegenen Rechenleistungen der Computer begünstigen den Einsatz von KI extrem. Zu- dem sanken die Speicherkosten im IT-Bereich in den letzten Jahren stark. Ein Gigabyte Fest- plattenspeicherplatz kostet nur noch 0,025 US- Dollar, während es 1990 noch 5.000 Dollar waren, berichtet DB Research in der Kurzstu- die „Künstliche Intelligenz im Bankensektor“. Auch inländische Institute setzen auf KI, darunter die Bank Austria. „Bei unserer Funk- tion Fotoüberweisung in der MobileBanking App erkennt künstliche Intelligenz (AI) auf dem Foto der Papierrechnung, welche Infor- mationen für eine Überweisung wichtig sind, und ordnet diese den einzelnen Feldern einer Transaktion richtig zu. Künstliche Intelligenz kommt bei uns aber auch für Alerting-Funk- tionen zur Betrugsprävention zum Einsatz so- wie bei der Kundenidentifizierung bei einer Geschäftseröffnung“, erklärt Marion Morales Albinana-Rosner, Leiterin Digitalstrategie der UniCredit Bank Austria. Ähnliche Ansätze sieht man auch bei der Erste Bank und Spar- kassen. So erklärt Dietmar Böckmann, Mana- ging Director von s IT Solutions Austria, dem IT-Partner von Erste Bank und Sparkassen: „KI und insbesondere Machine Learning kommen konkret bei der technischen Über- wachung unserer IT-Systeme zum Einsatz. Die wenigsten technischen Probleme treten spontan auf, sondern kündigen sich durch ge- ringfügige Abweichungen von Normwerten an. Die KI hilft uns, diese Warnsignale früh- zeitig zu erkennen und darauf zu reagieren, um so Ausfälle gar nicht erst entstehen zu las- sen. Ebenso haben wir im Bereich der Be- trugsbekämpfung erste Erfolge durch Machi- ne Learning-Tools erzielt, die verdächtige Transaktionen schnell identifizieren und un- sere Kunden vor finanziellem Schaden schüt- zen.“ Länger kommen KI-Systeme bereits bei deutschen Instituten zum Einsatz, so setzen etwa die Commerzbank, die Deutsche Bank und einige deutsche Sparkassen auf künstliche Intelligenz. „Seit Jahren nutzen wir Affinitäts- modelle, um Kunden bedarfsgerechte Pro- duktempfehlungen zu geben“, erklärt etwa Matthias Nolte, der bei der Berliner Sparkasse den Bereich Business Intelligence Services leitet. „Hinzu kamen unter anderem die al- gorithmenunterstützte Vermögensverwaltung sowie Chatbots.“ An Noltes Aussage lässt sich der Paradigmenwechsel erkennen, der sich derzeit vollzieht: Früher half die Automati- sierung, die Prozesskosten zu verringern, heute verbessert man mittels KI den Kunden- service und möchte das Geschäftsvolumen steigern. KI ist somit ins Front-Office einge- zogen. Datenschutz als Hürde Laut den Experten von Capgemini nutzten im Jahr 2016 erst vier Prozent der Banken KI im Retailgeschäft, zwei Jahre später lag die Quote schon bei 28 Prozent. Mittlerweile setzt fast jedes dritte Institut auf künstliche Intelli- genz. Damit löste KI die Robotic Process Automation als bisher führende Automatisie- rungstechnologie ab. Der Einsatz kann sich lohnen: 2018 steigerte ein Drittel der von Capgemini befragten Banken mit der Nutzung von KI ihren Umsatz um zwei bis fünf Pro- zent. „Erste Prototypen zeigen, dass sich die Einrichtung von Analytics-Einheiten, ausge- stattet mit der notwendigen Infrastruktur, innerhalb von ein bis zwei Jahren amortisieren kann“, sagt Werner. Bevor KI ihre vollen PS auf die Straße bringen kann, sind jedoch noch einige Hürden zu überwinden. „Um das ge- samte Potenzial auszuschöpfen, benötigen Unternehmen die richtige digitale Infrastruktur – Stichwort Datenzentrierung. Das ist mit teil- weise erheblichen Investitionen verbunden“, berichtet Nolte. Doch in den vergangenen Jahren floss der überwiegende Teil der IT- Budgets der Kreditinstitute in die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Aus Fleisch und Blut Auch der Datenschutz könnte den Sieges- zug der KI im Bankensektor bremsen. So ent- hält die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bereits heute präventive Klauseln zu automatisierten Entscheidungen. In Artikel 22 der Verordnung heißt es: „Die betroffene Person hat das Recht, nicht einer ausschließ- lich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhenden Ent- scheidung unterworfen zu werden.“ Wenn ein Mensch in den Prozess eingebunden wird, der beispielsweise am Ende der KI-Kette die Ent- scheidung trifft, wäre diese Hürde jedoch genommen. Ein weiteres Risiko: Kriminelle könnten Daten manipulieren, um KI-Entschei- dungen zu beeinflussen. So könnten Hacker versuchen, Systeme mit falschen Daten zu füttern, beispielsweise mit fiktiven Social- Dietmar Böckmann, Erste Bank: „Die KI hilft uns Warnsi- gnale frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren.“ Marion Morales Albinana-Rosner, Bank Austria: „KI kommt bei uns auch zur Betrugsprävention zum Einsatz.“ www.fondsprofessionell.at | 4/2019 239

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