FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019

Verträgen zurückzutreten, die schlecht gelau- fen sind. Letztendlich ist entscheidend, was zum Kunden passt. Es ist sicher nicht ausrei- chend, wenn eine Familie nur eine Fondsge- bundene als alleinige Versicherung hat. Wenn aber abseits der nötigen Absicherung Geld überbleibt, warum kann ich ihm dann keine Fondsgebundene verkaufen? Es ist schon klar, dass Prozessfinanzierer da Kunden zum Rücktritt anspornen. Aber die hohen vorzeitigen Kündigungs- quoten oder Probleme beim Einsatz als Tilgungsträger zeigen, dass da auch mit falschen Hoffnungen verkauft wurde. Man muss bedenken, dass das zu einer Zeit verkauft wurde, wo jeder Kunde am Kapital- markt mitspielen wollte. Denn ob ihm der Vermittler eine Klassische oder eine Fonds- gebundene verkauft, ist von der Provision her ziemlich egal. Dieser Anreiz war gar nicht da. Nun legt die IDD aber viel Wert darauf, dass Produkt und Käufer zusammen- passen. Die Versicherung muss über- wachen, ob auf dem richtigen Zielmarkt verkauft wird. Manche Vertriebler sagen, die Kontrolle einiger Versicherer geht ihnen zu weit. Was ist da dran? Die Reihenfolge muss man richtig sehen. Ich muss dem Vermittler den Zielmarkt bekannt geben. Der Vermittler wiederum ist verpflich- tet zu melden, wenn er außerhalb des Ziel- marktes verkauft. Zusätzlich gibt es techni- sche Vorkehrungen und Überprüfungen im Nachhinein. Wir sehen uns schon in der Verpflichtung, aufzupassen. Aber aus meiner Sicht muss man die Verhältnismäßigkeit wah- ren. Wenn von hundert Stück fünf außerhalb des Zielmarktes verkauft werden, ist das was anderes als 90. Die Branche hatte anfangs große Beden- ken wegen der Kostenaufschlüsselung. Wie viele Kunden nutzen eigentlich dieses Recht? Ich würde das gern global beantworten. Die Bandbreite bei den Kosten ist nicht so groß. Und der Kunde kann ungefähr einordnen, wo er steht. Davon abgesehen kauft man am Ende nicht bei der Versicherung, sondern beim Vermittler, dem man vertraut. Man kauft ein Versprechen. Es hat geheißen, dass viele Vermittler die Umstellungen durch die IDD nicht verkraften werden. Merken Sie das an der Zahl Ihrer Kooperationspartner? Nein. Ich bin seit 30 Jahren in dem Geschäft und habe schon oft von einem Maklersterben gehört. Natürlich haben manche aufgegeben, weil sie sich das vor der Pensionierung nicht mehr antun wollten. Aber der Zeitraum ist noch zu kurz für gültige Aussagen. Ich gehe eher davon aus, dass die Vertriebspools Zulauf haben und dass neue Pools gegründet werden. Sie sind bei derWiener Städtischen auch für das wichtige IDD-Thema Makler- schulungen zuständig. Was hat sich für Sie verändert? Ich kann nur im Bereich der Stunden schulen, die bei abhängigen Institutionen absolviert werden dürfen. Wir machen Produktschulun- gen. Diese sind erlaubt, so lange sie nicht absatzorientiert sind. Und wir bieten darüber hinaus für Mitarbeiter der Vermittlerbüros in- tensive Produktschulungen auf BÖV-Niveau an (Bildungsakademie der österreichischen Versicherungswirtschaft, Anm.). Das ist unser sogenanntes Partner-College. Unsere Produkt- schulungen waren schon davor stark besucht. Wir sehen da keine großen Unterschiede. Bei dem Teil der Stunden, die bei unab- hängigen Instituten absolviert werden müssen, ist der Zulauf enorm, hört man. Ich kenne Leute, die Schulungsunternehmen gründen werden. Man darf vor allem nicht auf die große Gruppe der Nebentätigkeit verges- sen, die Auto- oder Sportartikelhändler, die Versicherungen mitverkaufen. Sie müssen fünf Stunden absolvieren. Die denken oft noch nicht an ihre Verpflichtung. Auch die Banken, die im Nebengewerbe Versicherungsprodukte verkaufen, müssen ihre Mitarbeiter schulen, und da gibt es kein gesondertes Angebot. Die IDD wird laut Plan 2021 überprüft. Welche Vorschrift würden Sie gern rück- gängig machen? Ich maße mir nicht an, eine Vorschrift kippen zu wollen. Aber ich wünsche mir, dass man etwas mehr darauf vertraut, dass die Vermitt- ler ordentlich arbeiten. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER| FP Gerhard Heine sieht die Frage der nun möglichen Kostenaufschlüsselung bei Kunden nicht im Vordergrund: „Am Ende kauft man nicht bei der Versicherung, sondern beim Vermittler, dem man vertraut. Man kauft ein Versprechen.“ » Ich gehe davon aus, dass die Vertriebspools Zulauf haben und dass neue Pools gegründet werden. « Gerhard Heine, Partnervertrieb Wiener Städtische Foto: © Günter Menzl fonds & versicherung I gerhard heine | wiener städtische 170 www.fondsprofessionell.at | 4/2019

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