FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019

noch interessant. Denn die Bruttorenditen sind rapide gesunken, weil die Mieten nicht einmal annähernd so stark gestiegen sind wie die Kaufpreise. In zentralen Lagen und mit einer guten Ausstattung sind Renditen von mehr als drei bis 3,5 Prozent kaum noch möglich – vor Kosten! Nur in Randlagen gibt es noch vier Prozent. Obwohl sich die Preise in den Augen vieler Marktteilnehmer „auf ein vernünftiges Maß“ eingependelt haben, muss man dennoch kon- statieren, dass die Ertragslage durch die hohe Liquidität angespannt bleiben wird. „Ist wie bei institutionellen Großanlegern der Druck, zu veranlagen, hoch, sind die Renditen fast egal. Auch eine geringere Rendite ist besser als Strafzinsen“, sagt Marion Weinberger, Ge- schäftsführerin der Raiffeisen Vorsorgewoh- nungen GmbH. Für Privatanleger gilt das einstweilen noch nicht, sie sollten aber daran denken, dass ihre Erträge auch erst erwirt- schaftet werden müssen. Auf dem Papier lassen sich Projekte durch- aus schönrechnen, während die Realität oft anders aussieht. Die von FONDS professio- nell befragten Anbieter weisen das vehement zurück – jedenfalls für das eigene Unter- nehmen. Sie sehen sich als langfristige Partner ihrer Kunden, achten auf Qualität und markt- fähige Ausstattung und kalkulieren kauf- männisch vorsichtig. „Im Gegensatz zu eini- gen ,Wegbegleitern‘ preisen wir die prognos- tizierten Mieten immer sehr konservativ ein. Dadurch sind unsere Renditen sicher niedriger als andere, dafür realistisch“, erklärt Martin Müller, Geschäftsführer der J&P Immobilien- makler GmbH. Allerdings müssen nicht nur die Einnah- men, sondern auch die Ausgaben richtig kal- kuliert werden, damit es keine bösen Überra- schungen gibt. Schließlich müssen nach der Anschaffung laufende Immobilienkosten – et- wa für Leerstand, Instandhaltung und Verwal- tung – bezahlt werden. Befristete Mietverträge mit kurzen Intervallen sind tendenziell mit höheren Kosten verbunden, und auch dafür werden im Idealfall entsprechende Rücklagen gebildet, was sich herumgesprochen haben sollte. Unterm Strich schauen keine großarti- gen Nettogewinne mehr heraus. „Die Vorsor- gewohnung hat sich zu einer reinen sicheren Kapitalanlage entwickelt. Mehr ist oft nicht mehr drin“, bestätigt Bauunternehmer Hans Jörg Ulreich, der auch Bauträgersprecher in der Wiener Wirtschaftskammer ist. Kluge Köpfe ziehen vorsichtshalber auch stagnierende Erträge in Betracht. Denn in Lagen mit einem großen Fertigstellungsvolu- men könnte es vorübergehend zu einem Über- angebot und zu fallenden Verkaufs- und Miet- preisen kommen. „Für Anbieter werden daher Serviceleistungen wie Erstvermietungen, Mietgarantien und Gesamtabwicklungspakete wichtiger werden, um die passende Käufer- schicht abzuholen und die Nachfrage auf- rechtzuerhalten“, meint Philipp Hain, Ge- schäftsführer der Vermittlungsplattform Selec- ted Estate. Der Fokus der Errichter müsse sich noch mehr an den Mieterbedürfnissen und nachhaltigen Mieterträgen orientieren. Hohe Kosten Eine umsichtige Planung ist angesichts der hohen Gestehungskosten für den langfristigen Projekterfolg unerlässlich. Diese setzen sich aus dem Aufwand für Grundstück, eventuell Makler, Grundstückszwischenfinanzierung, Planung, Erschließung, Genehmigung, Bau- kosten, Baunebenkosten und Bauzeitfinanzie- rung zusammen und bieten wenig Spielraum. Müller dazu: „Leider sind in den letzten Jahren viele Glücksritter in den Markt gedrungen, die oft zu hohe Grundstückspreise bezahlen und den Markt somit in die Höhe treiben. Wenn ein interessantes Grundstück auf den Markt kommt, muss eine Zusage oft innerhalb von 24 Stunden erfolgen, um sich dieses zu si- chern.“ Neubauprojekte kosten mit den aktu- ellen Grundstücks- und Baukosten durch- schnittlich 3.500 bis 4.000 Euro pro Quadrat- meter. „Rechnet man Finanzierung, Neben- kosten und notwendigen Gewinn dazu, wird schnell klar, dass ein Quadratmeterpreis unter 4.500 Euro kaum realistisch ist“, rechnet Marion Weinberger vor und ergänzt: „Die massive Nachfrage auch von internationalen institutionellen Investoren lässt einen weiteren Aufwärtstrend erwarten.“ Die Projekt- und Nebenkosten haben einen gewichtigen Anteil am Gesamtaufwand, weil sie teilweise mit den immobilienspezifischen Kosten mitwachsen. Mario Deuschl, Ge- schäftsführer des Bauträgers Wertbau, dazu: „Die Kosten beispielsweise für Immobilien- treuhänder und Planungen sind zwar prozen- tuell zum Gesamtaufwand unverändert. In absoluten Zahlen sind sie aber kräftig gestie- gen, weil die Verkehrswerte beziehungsweise Einkaufspreise als Berechnungsgrundlage der Vergütungen höher sind.“ Auch bei den Erschließungskosten, die von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sind, seien modera- te Preissteigerungen zu verzeichnen. Verzöge- rungen von Projekten und Zurückweisungen Preisgefälle im Wohnungsmarkt Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den Wiener Bezirken Im verdichteten Stadtzentrum haben die Preise massiv angezogen. In den Randlagen sind sie noch überschaubar. Insgesamt stiegen die Kaufpreise im ersten Halbjahr um 4,6 Prozent. Quelle: Remax ImmoSpiegel 1. Halbjahr 2019 über 10.000 Euro 5.000 bis 10.000 Euro 4.000 bis 4.500 Euro 3.750 bis 4.000 Euro 4.750 bis 5.000 Euro 4.500 bis 4.750 Euro unter 3.500 Euro 3.500 bis 3.750 Euro 1. 4. 5. . 6 7. 2. 3. 11. 10. 23. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 8. 9. 22. 20. 21. Foto: © J&P, Ulreich Martin Müller, J&P: „Oft muss binnen 24 Stunden die Zusage für ein interessantes Grundstück erfolgen.“ 162 www.fondsprofessionell.at | 4/2019 sachwerte I vorsorgewohnungen

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