FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019
die vielen Bauauflagen. Ist das auf dem Land besser? Baurechtlich gibt es fast keine Unterschiede zwischen Wien und Niederösterreich, und die Verwaltungsverfahren dauern beinahe gleich lang. Aber es gibt Gemeinden, die Zuzug haben wollen, zum Beispiel Wiener Neustadt, St. Pölten und Bruck/Leitha. Deshalb finden Sie dort jede politische Unterstützung. Und es gibt Städte wie zum Beispiel Baden, die ver- halten sind, weil sie Sorgen haben, dass ihre Infrastruktur überfordert wird. Ein zentrales Thema für neue Projekte ist die Akquisition von Grundstücken. Ist das in Niederösterreich einfacher? Die Akquisition ist schwieriger als in Wien, weil Niederösterreich different ist und der Markt von seiner Fläche her schwerer zu beobachten ist. In Wien kennen wir Liegen- schaften, die in Frage kommen, schon seit Jahren, und oft geht es letztlich nur darum, ob der Eigentümer des Grundstücks wirklich ver- kaufen möchte. In Niederösterreich müssen sie geeignete Baugründe erst identifizieren. Hier helfen gute Partner und Netzwerke. Es klingt, als wäre die Grundstücksak- quise in Wien nur eine Frage des Preises, nicht eine Frage des Angebots? Das ist komplexer. Ich wäre erfreut, wenn das so einfach wäre. Aber oft ist es vor allem eine Frage des Preises. Und wir staunen manch- mal, wie viel für ein Grundstück bezahlt wird. Die Grundstücksakquisition dauert heu- te länger, gleichzeitig sind die Baufirmen ausgelastet, und Bauverzögerungen sind keine Seltenheit. Um wie viel länger dauert heute ein Projekt von der Idee bis zur Fertigstellung? Früher galt: Jeweils zwei Jahre benötigt man für die Entwicklung und Genehmigung sowie für den Bau. Momentan sind es vier und zwei Jahre, weil schon allein die Grundstücks- akquisition mindestens ein Jahr dauert. Welche Rolle spielen die Größe und die Finanzstärke des Bauträgers dabei, Pro- jekte an Land zu ziehen? Haben Sie ge- genüber kleineren Bauträgern Vorteile? Diesen Unterschied gibt es schon. Aber wir tun uns etwas leichter, weil wir die Hypo Bank im Hintergrund haben und schnell Finanzierungen auf die Beine stellen können. Und wir versuchen, was die Großen vielleicht nicht so gut schaffen: Nischen zu erkennen und zu erschließen. Angesichts der hohen Gestehungskosten und der Prognose, dass die Preise mittel- fristig nicht fallen werden, muss man die Frage stellen, ob sich eine Vorsorgewoh- nung noch rechnet? Denn in guten Lagen mit einer guten, aber nicht übertriebenen Ausstattung liegen in Wien die Kosten ohne Bauträgermarge bereits bei über 4.000 Euro. Dabei ist kein Puffer für Kostenüberschreitungen berücksichtigt. In Wien, aber auch in Graz ist der Wohnungs- markt eng geworden. In diesen Städten sind die Renditen beispielsweise bei einem Leer- stand und bei Veränderungen im Finanzmarkt anfälliger. Aus diesem Grund weichen Inves- toren inzwischen immer wieder nach Nieder- österreich aus. Hier sind die Renditeerwartun- gen höher und stabiler. Bis zu welchem Verkaufspreis ist denn eine Vorsorgewohnung Ihrer Erfahrung nach als Investment marktfähig? Das ist abhängig vom Investor. In St. Pölten sind ein Verkaufspreis von 3.300 Euro brutto pro Quadratmeter und eine sehr gute Netto- miete von neun Euro realistisch. In Wien lie- gen wir bei rund 4.500 Euro, und die Miete beträgt auch bis zu zwölf Euro. Welche Finanzierung empfehlen Sie einem Privatanleger? Ich denke, dass 20 bis 30 Prozent Eigenkapi- tal ein guter Ansatz sind. Weniger würde ich nicht empfehlen, damit die Finanzierung robust ist und eventuellen Änderungen im Finanzmarkt standhält. Wir sehen bei unseren Projekten, dass die Investoren die Eigenmittel sanft einsetzen und die günstigen Immobilien- kredite nützen. Und ich schätze sie als sehr mündig ein: Sie können unterscheiden zwi- schen einem guten Finanzierungsmix und einer ungünstigen Finanzierung. In den vergangenen Jahren wurde viel in Immobilien investiert. Hat sich der Vertriebszeitraum neuer Wohnungen aufgrund einer Sättigung verlängert? In Niederösterreich gibt es das Anlageprodukt Vorsorgewohnung erst seit einigen Jahren. Insofern ist ein langfristiger Vergleich nicht möglich. Wir spüren bei unseren Projekten aber den Anlagedruck und haben unter den Käufern mehr Investoren als ursprünglich erwartet. Vielen Dank für das Gespräch. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Michael Neubauer: „Letztlich muss die Qualität der Immobilie den Wünschen und Bedürfnissen der Investoren und Nutzer entsprechen. Wenn die Mittel knapp sind, müssen die Planung clever und das Material klug ausgewählt sein.“ » Ich denke, dass 20 bis 30 Prozent Eigenkapital ein guter Ansatz sind. Weniger würde ich nicht empfehlen. « Michael Neubauer, Geschäftsführer der NOE Immobilien Development GmbH sachwerte I michael neubauer | noe immobilien development 158 www.fondsprofessionell.at | 4/2019
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