FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019
Wohnung deckt. Durch die Wertsteigerung entsteht der echte Gewinn. Ich halte daher eine schwächere Mietentwicklung nicht unbedingt für schädlich. Dass man – wie vor 15 Jahren – mit der Vermietung schon vorweg gut verdient und beim Verkauf noch einmal einen guten Schnitt macht, das gibt es heute eher nicht mehr. Trotzdem ist die Vorsorge- wohnung ein sehr verlässliches Investment. Tatsache ist, dass die Einstandspreise und die laufenden Kosten stärker gestie- gen sind als die Mieteinnahmen. Wenn man das in den Kalkulation nicht realis- tisch berücksichtigt, können die Kalku- lationen nicht aufgehen. Letztlich geht es um die Frage, was die Woh- nung wirklich wert ist. Der Anleger muss wissen, was passieren kann, und ich würde in einer Beratung nicht optimiert, sondern kon- servativ rechnen. Denn es ist ein Faktum, dass eine Wohnung nach mehreren Mietern wieder hergerichtet werden muss. Außerdem muss man dem Investor den niederösterreichischen Markt erklären, damit er versteht, dass es hier mehr Rendite, aber auch mehr Risiken gibt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Mieterfluktuation in Niederösterreich immer noch geringer ist als in Wien. Worauf führen Sie das zurück? Die Niederösterreicher sind sesshafter und weniger bereit, den Ort zu wechseln. Das gilt auch für die jüngeren Generationen. Sie leben gleich in größeren Wohnungen und müssen bei Familienzuwachs nicht extra umziehen. Außerdem ist die Konkurrenz auf der Ange- botsseite kleiner als in Wien. Wie sind denn Ihrer Erfahrung nach aus Investorensicht die Positionen Instand- haltung, Leerstand und Verwaltung/- Mieterbetreuung zu kalkulieren? Wir rechnen mit 1,80 bis zwei Euro Betriebs- kosten pro Quadratmeter zuzüglich Ver- waltungskosten. Instandhaltungsmaßnahmen kosten in klug geplanten Wohnungen 1.000 bis 3.000 Euro. Dafür muss man Rücklagen bilden. Wir merken allerdings schon, dass auf dem Land mit den Wohnungen sorgsa- mer umgegangen wird als in Wien und dass es in Wohnhäusern in Niederösterreich noch viel öfter ein Zusammengehörigkeitsgefühl gibt. Wie hoch sind in den Ballungsgebieten aktuell die durchschnittlichen Geste- hungskosten, und gibt es hier Unterschie- de zwischenWien und Niederösterreich? Bei den Baukosten gibt es kaum Unterschie- de. Nur wenn Sie in Wiens Innenstadt bauen, wird es noch teurer. Der wesentliche Unter- schied sind die Grundstückskosten. Sie liegen in Niederösterreich im Durchschnitt bei nur einem Zehntel der Wiener Verhältnisse. Da- durch sind die Gestehungskosten um bis zu 1.300 Euro pro Quadratmeter günstiger als in Wien. Somit sind die Gesamtkosten auf dem Land um zirka ein Viertel niedriger. Einige Faktoren wie die Grundstücks- preise und die Anschaffungsnebenkosten können Projektentwickler kaum beein- flussen. Man könnte aber im Bau bei der Qualität und beimMaterial sparen, ohne dass Laien das bemerken. Das ist sicher nicht üblich, aber angesichts der hohen Gestehungskosen muss man sicher ab- wägen, ob man alle Vorstellungen des Archi- tekten umsetzt und was man sich leisten kann und möchte. Letztlich muss die Qualität der Immobilien den Wünschen und Bedürfnissen der Investoren und der Nutzer entsprechen. Wenn die finanziellen Mittel knapp sind, muss die Planung clever sein, und Materialien und Ausstattung müssen klug ausgewählt werden. Deswegen muss man aber nicht billig bauen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass insgesamt mit einer guten Qualität gebaut wird. Fakt ist aber, dass es auch Mängel geben kann, wenn Sie teuer bauen. In der aktuellen Marktsituation rufen die Verkäufer von Liegenschaften mit- unter sehr stolze Preise auf. Überschät- zen die Verkäufer nicht häufig den Wert ihrer Liegenschaften? Wir befinden uns in einer Zeit, in der sicher auch über dem Wert ver- und gekauft wird. Aber es werden leider immer wieder Käufer gefunden, die hier mitgehen. Gilt das nur für Wien oder auch für Niederösterreich? Für den Wiener Markt gibt es langfristige Vergleichswerte, mit denen man einen Preis beurteilen kann. In Niederösterreich hat sich der Markt erst in den vergangenen drei bis fünf Jahren so richtig entwickelt. Deshalb sind Vergleiche relativ schwer. Wir sehen zwar, dass die Preise steigen, aber ob das nun über dem langfristigen Wert ist, können wir schwer einschätzen. In Wien kritisiert die Immobilienbran- che regelmäßig die hohe Bürokratie und » Der Anleger muss wissen, was passieren kann, und ich würde in einer Beratung nicht optimiert rechnen. « Michael Neubauer, Geschäftsführer der NOE Immobilien Development GmbH Foto: © Marlene Fröhlich für Luxundlumen Michael Neubauer: „Baurechtlich gibt es keine Unterschiede zwischen Wien und Niederösterreich und die Verwal- tungsverfahren dauern beinahe gleiche lang.“ sachwerte I michael neubauer | noe immobilien development 156 www.fondsprofessionell.at | 4/2019
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