FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019
Foto: © Marlene Fröhlich für Luxundlumen W ien genießt als einzige Millio- nenstadt Österreichs einen Hauptstadtbonus. Der bewirkt unter anderem, dass sich Immobilienanle- ger weiterhin auf die Donaumetropole konzentrieren, obwohl die Kaufpreise – nüchtern betrachtet – eigentlich schon zu hoch sind. Fehlende Anlagealternativen, aber auch die Verfügbarkeit günstiger Hypothekarkredite sorgen seit Jahren dafür, dass die Preise für Wohnungen und Häuser stärker steigen als die Mieten. Die Renditen sind daher aus Vermietersicht nur mehr im Vergleich zu den Nullzinsen risikoloser Alternativinvestments inter- essant. Wer etwas weiter denkt, sucht längst nach Alternativen in den Bundes- ländern. Daher sind auch in anderen Großstädten des Landes wie Graz oder Salzburg keine Schnäppchen mehr zu finden. Wer noch vernünftig bewertete Immobilien sucht, muss an die Peripherie ausweichen. Nach Einschätzung von Michael Neubauer, Geschäftsführer der NOE Immobilien Deve- lopment, die in Niederösterreich und in Wien Wohnungen baut, eignen sich dafür am besten mittelgroße Städte wie St. Pölten, Korneu- burg, Klosterneuburg und Schwechat. Denn in den wachsenden Bezirksstädten seien hoch- wertige Projekte noch im mittleren Preis- bereich möglich und die Renditen bei ausrei- chend guter Nachfrage deutlich höher als in Wien. Außerdem sind diese Lagen bei Immo- bilienentwicklern noch nicht so umkämpft wie die Großstadt. Das lockt private Käufer von Vorsorgewohnungen ebenso aufs Land wie professionelle Investoren, die ganze Pro- jekte erwerben. Herr Neubauer, worin bestehen die markantesten Unterschiede zwischen demWiener und dem niederösterreichi- schen Markt? Michael Neubauer: Zwischen der Stadt und dem Land gibt es schon noch sehr große Ein- kommensunterschiede. Deshalb muss man die Wohnbauprojekte so aufsetzen, dass sie zum Publikum mit etwas geringerem Einkommen passen. Das bedeutet nicht, dass das ein Nach- teil im Investment ist, sondern dass man in Niederösterreich etwas anders planen muss, um den Markt nicht zu überfordern. Wenn man wie in Wien arbeitet, kann es passieren, dass man in Niederösterreich Schiffbruch erleidet, weil die erwarteten Verkaufspreise und Mieten nicht angenommen werden. Können Sie das ein bisschen konkreter machen? Welche Gefahren sehen Sie? Die Gefahr besteht darin, dass man ein Pro- dukt generiert, das zu teuer ist, weil zum Bei- spiel die Wohnungen überausgestattet sind. Außerdem muss man die Verkehrsanbindun- gen beachten, weil auf dem Land mehr mit demAuto gefahren wird. Wo stehen wir heute im Vergleich von Wien und Niederösterreich in Bezug auf Angebot und Nachfrage bei Woh- nungsinvestments? Das muss man differenziert sehen. In Wien hat sich der Markt sehr gut ent- wickelt. In einigen Lagen gibt es bei Eigentumswohnungen aber schon ein Überangebot. In den Bezirkshauptstädten in Niederösterreich gibt es noch eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage; hier muss noch einiges gebaut werden. Deshalb gehen viele Entwickler nach Nie- derösterreich. Hier ist noch Platz für grö- ßere Projekte und Stadtentwicklungen. Mit welchen Motiven gehen die institu- tionellen Investoren aufs Land? Es geht in erster Linie um die Rendite, wobei die Produkte genauso verlässlich wie in Wien sind, wenn nicht noch verlässlicher. Außer- dem sind die Verwertungsaussichten gut. Wo sehen Sie in Wien schon Sättigungs- anzeichen? Bei bestimmten Produkten ist der Markt gesättigt. Es gibt bei klassischen Zweizimmer- wohnungen etwa beim Hauptbahnhof oder im 22. Bezirk ein Überangebot. Das merkt man daran, dass die Verwertungszeiträume länger werden und dass es Leerstände gibt, die nicht erwartet wurden. Aber ist nicht gerade bei den Zwei- bis Dreizimmerwohnungen die Nachfrage am größten? Ja, im urbanen Wien ist das „Wohnen auf klei- nem Raum“ angenommen worden. Die Kun- den können sich diese Wohnungen leisten. In Niederösterreich ist das etwas anders, da lebt man etwas großzügiger. Hier gibt es noch einen ordentlichen Anteil an Vierzimmer- wohnungen, und das Familienwohnen wird in Niederösterreich von der Politik gefördert. Auf dem Land wohnen die Menschen etwas anders als in der Stadt, meint Michael Neubauer im Gespräch mit FONDS professionell. Er baut mit der NOE Immobilien Development in Niederösterreich Wohnungen, die nicht nur bei Mietern, sondern auch bei privaten und institutionellen Investoren gut ankommen. „In Wien sind die Renditen an » In Niederösterreich gibt es noch keinen Druck, die Wohnungen möglichst klein zu bauen, damit sie leistbar sind. « Michael Neubauer, Geschäftsführer der NOE Immobilien Development GmbH Michael Neubauer Baumeister Michael Neubauer ist seit August 2018 Geschäftsführer der NOE Immobilien Development GmbH. Die Gesellschaft wurde im November 2015 von der Hypo Niederösterreich gegründet. Der Bau- träger entwickelt Wohnimmobilien, die bevorzugt in Niederösterreich, aber auch in Wien errichtet werden. Das bisher umgesetzte Projektvolumen beträgt mehr als 220 Millionen Euro. Neubauer war in seiner aktu- ellen Funktion unter anderem bei der Buwog und bei der Genossenschaft Alpenland tätig. sachwerte I michael neubauer | noe immobilien development 154 www.fondsprofessionell.at | 4/2019
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