FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2019

die Taxonomie auf ihrem derzeitigen Stand zwar gut geeignet ist, umAnlage- fonds, die das Label „nachhaltig“ tragen wollen, zu definieren. Das seien derzeit in Deutschland aber nur drei Prozent des gesamten Fondsmarktes. Der Rest des Marktes werde von der Taxonomie gar nicht profitieren. Wir werden sicher niemanden davon abhalten, das neue Instrument Taxonomie für seine Arbeit zu nutzen. Selbst wenn ein Fondsma- nager, der den Nachhaltigkeitsanspruch gar nicht erhebt, die Performance von Unterneh- men in seinem Portfolio verstehen will und wie gut diese auf künftige Umweltziele aus- gerichtet sind, kann er die Taxonomie als Tool für seine Engagement-Gespräche mit diesen Unternehmen nutzen. Die Taxonomie hat also viele Einsatzmöglichkeiten für den gesamten Markt, und das ist eine wirklich wichtige Sa- che. Wir erwarten, dass die Anzahl der Fonds, die behaupten, ein Umweltziel zu erreichen, wachsen wird. Auch das war Grund genug, diese Klassifizierung zu entwickeln. Wenn man davon ausgeht, dass es einen wirklich großen Markt für nachhaltige Investments ge- ben wird, einen Finanzmarkt für Einzelanleger wie auch für institutionelle Investoren, die die Umweltleistung von Unternehmen verstehen wollen, dann könnte dieser in einer Größen- ordnung von vielen hundert Milliarden, wenn nicht Billionen Euro wachsen. In einem Markt dieser Größe braucht man klare Regeln. Wenn man die derzeit stetig steigende Nachfrage aus dem Bereich der institu- tionellen Anleger nach Produkten und Informationen zum ESG-Thema betrach- tet, ist diese Erwartung sicher berechtigt. Es gibt kaum eine Konferenz, auf der das Thema nicht eine besondere Rolle spielen würde. Oder nehmen Sie nur die Entwicklung bei un- serer eigenen Investoreninitiative Principles for Responsible Investments über die vergan- genen zwölf Jahre. Damals gab es gerade ein- mal sechs Investoren, die uns durch die Unter- zeichnung unserer Prinzipien unterstützt ha- ben. Heute sind es mehr als 2.500 Investoren, die ein Anlagevolumen von rund 90 Billionen US-Dollar verwalten. Heute versteht jeder die Relevanz von ESG-Aspekten und sucht nach Wegen, wie diese in den Finanzmärkten sinn- voll funktionieren können. Und Tools wie die Taxonomie sind ein wesentlicher Bestandteil zur Realisierung dieser Marktnachfrage. Was sich noch als Hemmschuh heraus- stellt, das ist die Beschaffung der benö- tigten Daten von Unternehmen – vor allem wenn es sich um Unternehmen außerhalb Europas handelt. Was damit zusammenhängt, dass es derzeit noch verschiedene Normen und Standards zur Sammlung und Bereitstellung dieser Daten gibt. Das ist uns durchaus bewusst und wurde auch bei den Rückmeldungen der Stakeholder zur Taxonomie immer wieder hervorgehoben. Aber dazu kann ich nur sagen: Wir alle sind Marktteilnehmer und wissen um diese Proble- me. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist aber auch bereits getan. Die EU-Leitlinien für die nichtfinanzielle Berichterstattung for- dern eine entsprechende Offenlegung von Daten nach den Taxonomie-Kriterien. Das wurde bereits in diese Richtlinie integriert. Auch wenn diese Vorgaben nicht für alle Unternehmen verbindlich sind, so gehen wir dennoch davon aus, dass die künftige Euro- päische Kommission wie auch das Europäi- sche Parlament noch sehr viel aufmerksamer im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte agie- ren werden. Unternehmen werden sich auf noch umfassendere Berichtspflichten einstel- len müssen, um dazu beizutragen, jene Daten bereitzustellen, die Investoren tatsächlich benötigen. Ansonsten können wir als TEG die Unternehmen nur dazu aufrufen, die notwen- digen Daten bereitzustellen. Dem werden vielleicht Unternehmen in Europa Folge leisten. Aber wie sieht die Kooperation auf internationaler Ebene aus? Staaten wie Kanada oder Japan arbeiten an ihren eigenen Taxonomie-Kriterien. China hat eine eigene Taxonomie und ist in Gesprächen mit der EU in Bezug auf eine Harmonisierung der beiden Klassifizierungssysteme. Und die internationale Normungsorganisation ISO hat angekündigt, zu prüfen, wie sie einen globalen Taxonomieansatz mit einem globalen Quali- tätsstandard unterstützen kann. Nicht zuletzt wurde beim Weltbanktreffen in Washington eine neue internationale Plattform für die Zusammenarbeit bei der nachhaltigen Gestal- tung des Finanzsystems ins Leben gerufen. Daran werden sich neben Europa auch Indien, China, Kenia, Marokko und Chile beteiligen, um die Arbeit an gemeinsamen Regeln und Vorschriften für das Finanzsystem einschließ- lich einer Taxonomie aufzunehmen. In Bezug auf die internationale Zusammenarbeit pas- siert also schon viel. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP Foto: © Sarah Weal Nathan Fabian: „Heute versteht jeder die Relevanz von ESG-Aspekten und sucht nach Wegen, wie diese in den Finanzmärkten sinnvoll funktionieren können.“ » Zum einen drängt die Zeit, zum anderen wächst der Markt für nachhaltige Invest- ments geradezu rasant. « Nathan Fabian, CIO der UN-Initiative PRI markt & strategie I nathan fabian |un-initiative pri 108 www.fondsprofessionell.at | 4/2019

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