FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019
positive Zahl auf dem Papier steht. Ab- surd: Einige steigen auf der Bonitäts- leiter deshalb sogar herunter, um die Rendite hoch zu halten. Unserer Mei- nung nach sollte man die Anlagestra- tegie nicht nach Kalendertagen aus- legen. Diese Denke hat etwa den Aus- verkauf vergangenen Oktober befeuert, als viele Anleger ihre Gewinne retten oder Verluste eindämmen wollten. Da- bei hatte sich fundamental oder an der Bonität der Emittenten rein gar nichts geändert. Solche Phasen der Volatilität eröffnen antizyklischen Investoren wie uns Chancen. Welche typischen Trugschlüsse kursieren noch? Einer ist die ungeheure Angst davor, eine Kasse-Position zu halten. Gewiss fallen Negativzinsen an, wenn ich mal einen größeren Anteil in Cash parke. Doch wenn ich wirklich antizyklisch investiere, ist das ein geringer Preis für meine Flexibilität. Um nochmal ein Bild zu bemühen: Ich möchte keine klagende Ente sein, die schnatternd am Boden rumläuft und verzweifelt jeden Brotkrumen aufpickt. Ich möchte viel- mehr der Adler sein, der oben kreist und alles im Blick hat. Wo finden Sie denn in Zeiten magerer Zinsen noch Rendite? Das ist eine Frage der Relationen. Ich traf vor einiger Zeit Vertreter eines Ver- sorgungswerks, das Immobilien kaufte. Das ist der neue Trend bei institutionellen Inves- toren. Die Mietrendite bezifferte sich auf 3,8 Prozent – vor Kosten und unter Annahme einer Vollauslastung. Der Mietstand lag jedoch nur bei 90 Prozent. Über zehn Jahre blieben also vielleicht noch zwei Prozent per annum übrig. Mein Vorschlag war, dann doch besser direkt die Anleihe einer Immobilien- gesellschaft zu kaufen. Die bot damals über 20 Jahre noch eine Rendite von drei Prozent – und da brauchen Sie noch nicht mal einen Hausmeister dafür. Als die Renditen im Gesamtmarkt fielen, stürzten sich auf einmal viele Anleger auf die Anleihe, weil sie merk- ten: Hier gibt es noch was. Drei Prozent klingt dennoch nicht gera- de üppig. Doch. Denn der folgende Kursgewinn auf- grund des Renditerückgangs lag in wenigen Wochen im zweistelligen Prozentbereich. Ein anderes Beispiel: Wir haben Anfang des Jah- res in eine 100-jährige Anleihe des Bundes- landes Nordrhein-Westfalen investiert. Manch einer mag sich fragen: Warum sollte ich mir ein Problem für 100 Jahre an den Hals bin- den? Wenn aber das Zinsniveau wie im Früh- jahr und Sommer deutlich fällt, ziehen die Kurse von lang laufenden Anleihen besonders stark an. Solche Titel können in bestimmten Marktphasen eine Versicherung gegen sinken- de Zinsen sein. Mittlerweile ist die Position etwas reduziert worden. Wie man an diesem Beispiel sehr gut sieht, sind also Kursbewe- gungen viel dominierender als die eigentliche jährliche Rendite. Aber was ist, wenn die Zinsen doch mal wieder steigen? Vorneweg: Wir rechnen nicht mit einer nach- haltigen Zinswende, behalten aber die Markt- entwicklungen im Blick. Deshalb möchten wir uns auch für den Fall einer vorübergehen- den Korrektur am sehr langen Ende der Zins- kurve wappnen. Wir setzen auf ein sehr akti- ves und flexibles Management. Es eröffnen sich immer wieder Opportunitäten, etwa wenn wir uns auf den Zinskurven rund um den Glo- ist der totale Killer“ » Die Anleihe einer Immobilienfirma brachte eine Rendite von drei Prozent – und da brauchen Sie noch nicht mal einen Hausmeister dafür. « Frank Lipowski, Flossbach von Storch 99 www.fondsprofessionell.at | 3/2019
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