FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

schen zu. Übergewicht kann zu Nierenschäden führen und eine Dialyse notwendig machen. Somit wächst der Kreis der Menschen, die auf die Geräte von Fresenius Medical Care ange- wiesen sind. Das ist ein wahrlich trauriger, gleichwohl aber konsistenter Wachstumsmarkt. Diese Entwicklung übersehen andere Marktteilnehmer? Solche Innovationen benötigen Investitionen. Und es braucht Zeit, bis diese sich auszahlen. Die Gewinne von Fresenius sinken dabei noch nicht einmal. Nur die Gewinnsteigerung fällt für eine gewisse Zeit nicht so hoch aus wie bisher. Die Märkte wollen jedoch rasch Resultate sehen. Das ist nicht der Fall, wes- wegen die Aktie ungewöhnlich günstig be- wertet war. Dieses Beispiel zählt doch zu einem der Trendthemen, die derzeit kursieren: demografischer Wandel und damit ein- hergehend der Bedarf an Heil- und Vorsorgeprodukten. Genau darum geht es mir ja: Man muss jedes Unternehmen, seine Besonderheiten und seine Nische individuell betrachten. Die Herde der Investoren drängt jedoch in teure Titel, weil diese kurzfristig hohe Gewinne versprechen. Dabei ignorieren sie viele gute Unternehmen mit langfristigem Gewinnpotenzial. Wie filtern Sie solche Unternehmen denn heraus? Dahinter steht die Arbeit unseres schlagkräf- tigen hauseigenen Research-Teams. Dieses hat eine Reihe von quantitativen Instrumenten zur Hand, um die Ertragskraft und die Bewer- tung eines Unternehmens zu taxieren. Zudem arbeiten bei Fidelity viele Fondsmanager. Wir tauschen uns natürlich aus und liefern uns gegenseitig Investmentideen zu. Dies ist so- zusagen das Sahnehäubchen auf dem Kuchen, den unser internes Research-Team backt. Ziehen Sie weitere Quellen heran? Unter den Analysen der Investmentbanken finden sich viele banale und einige wirklich pfiffige und fundierte Studien, die durchaus interessant sein können. Für diese externen Analysen müssen seit Inkrafttreten der Finanzmarktrichtlinie Mifid II die Abnehmer, also Fondsmana- ger wie Sie, bezahlen. Hat sich seither der Research-Markt verändert? Wir Asset Manager verlassen uns stärker auf unser internes Analyseteam und sind weniger vom Sell-Side-Research der Investmentbanken und Broker abhängig. Eine Folge von Mifid II ist, dass die Analysten immer jünger werden, weil die Kosten gesenkt werden müssen und erfahrene Kollegen abwandern. Besuchen Sie die Unternehmen auch persönlich? Oder wühlen Sie sich nur durch die Kennzahlen? Mein Team und ich führen regelmäßig Ge- spräche mit Vertretern der Unternehmen. Denn die rein quantitative Analyse der Unter- nehmenskennzahlen spiegelt nur den Blick in die Vergangenheit wider. Doch entspricht die- ses Bild zwingend auch der Zukunft? Manch- mal ja, manchmal ändern sich die Konstella- tionen jedoch. Daher erscheint es mir sinnvoll, die disziplinierte quantitative Auswertung mit der eher vorausblickenden, bewertenden Fun- damentalanalyse zu verbinden. Das ist das Herzstück meines Ansatzes. Sie betonten mehrfach, wie wichtig eine gute Qualität der Unternehmen ist. Wie viel Growth steckt überhaupt im Euro- pean Growth Fund – oder zählen viele Positionen nicht vielmehr zu den Quali- tätstiteln? Ich investiere nach wie vor stärker in Wachs- tumswerte. Der Technologiesektor ist höher gewichtet, ebenso das Gesundheitswesen und Industriewerte. Untergewichtet habe ich hin- gegen Branchen wie Banken, Automobil, Ver- sorger oder Telekommunikation. Der Fonds zielt zwar auf Wachstumstitel, aber auf solche, die günstig bewertet sind. Ich würde es als eine „Garp“-Strategie bezeichnen, die Abkür- zung für „Growth at a reasonable price“. Sie investieren hauptsächlich in Stan- dardwerte. Viele Anleger betrachten aber Nebenwerte als den besseren Weg, um eine Mehrrendite gegenüber dem Markt zu erzielen. Seit 2000 haben Small Caps Large Caps tat- sächlich übertroffen. Das war jedoch nicht im- mer der Fall. Ein Blick in die Vergangenheit offenbart: Small Caps holen einfach nur den Rückschlag auf, den sie in den 1990er-Jahren erlitten haben. Ein Jahrzehnt lang waren Nebenwerte ein desaströses Investment. Über einen längeren Zeitraum betrachtet liegen mal die Large Caps, mal die Small Caps vorn. Die Bewegung vollzieht sich wie die Gezeiten. Meiner Ansicht nach findet man derzeit güns- tige und zugleich gute Unternehmen eher im Lager der Large Caps. Diese sind zudem weniger schwankungsanfällig, insbesondere im Falle eines Abschwungs. Auch wenn Sie sich nicht als Konjunk- tur-Prophet betätigen möchten: Erwar- ten Sie eine Rezession? Matt Siddle: „Ein Blick in die Vergangenheit offenbart: Small Caps holen einfach nur den Rückschlag auf, den sie in den 1990er-Jahren erlitten haben. Ein Jahrzehnt lang waren Nebenwerte ein desaströses Investment.“ » Unter den Analysen der Investmentbanken finden sich viele banale und einige wirklich pfiffige und fundier- te Studien, die durchaus interessant sein können. « Matt Siddle, Fidelity International Foto: © Andy Lane markt & strategie I matt siddle | fidelity international 92 www.fondsprofessionell.at | 3/2019

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