FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

Foto: © Dmitriy | stock.adobe.com O hne Schlüssel kein Geld – ein zentraler Satz für jeden, der in Blockchain-basierte Assets wie Bitcoin, Ether, Ripple, Litcoin oder in irgendeine andere der rund 2.300 bisher geschaffenen Krypto- währungen investiert: Geht der per- sönliche digitale „Key“ verloren, ein Code aus Dutzenden Zahlen und Buchstaben, lässt sich das Guthaben nicht mehr aus der jeweiligen Block- chain lösen. Das mussten zum Bei- spiel die Erben des US-Krypto- währungsmillionärs Matthew Mellon erfahren. Mellon, ein Nachfahre der gleichnamigen alteingesessenen New Yorker Bankiersfamilie (Bank Mel- lon), hatte lang vor dem Kryptowäh- rungshype einen kleinen Millionen- betrag in die Kryptowährung Ripple investiert. Zu Spitzenzeiten wurde daraus ein Milliardenvermögen – zumindest auf dem Papier. Denn als Mellon im Jahr 2018 starb, stellte sich heraus, dass weder seine Familie noch enge Freunde oder seine Anwälte wuss- ten, wo sich die Zugangsdaten befanden. Laut mehreren Medienberichten blieb ihnen der Zugang zu diesem Reichtum verwehrt. Mel- lon hatte bereits zu Lebzeiten gesagt, er ver- wahre aus Angst vor Hackern die „private keys“ über das ganze Land verteilt, teilweise in auf andere Namen lautenden Bankfächern. Schwerer Spagat Ob die Codes in der Zwischenzeit gefunden wurden, ist nicht bekannt, der Fall zeigt aber, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig zu überle- gen, wie man Krypto-Assets sicher, gleichzei- tig aber trotzdem zugänglich für die Nachwelt aufbewahrt. Dass das mitunter kein leichter Spagat ist, zeigt sich im Gespräch mit Sven Hildebrandt, Partner beim Hamburger Berater Distributed Ledger Consulting GmbH (DLC). Das junge Unternehmen stand unlängst vor der Aufgabe, eine zuverlässige Bitcoin-Ver- wahrlösung für ein Family Office auszutüf- teln. Herausgekommen ist ein komplexes, aber originelles Konzept, das durchaus Erin- nerungen an Schatzsuche-Romane weckt. Zu Beginn ist die Methode noch relativ gewöhnlich: Die einzelnen privaten Schlüssel, die der Blockchain den Besitz von Bitcoin- Werten anzeigen, werden in ein Offline-Wallet übertragen. Offline-Wallets sind kleine Spei- chergeräte, etwa in Form eines USB-Sticks. Weil sie nicht dauerhaft an einem Rechner hängen, bieten sie Cyberdieben nur eine ge- ringe Angriffsfläche. Diese Wallets werden mit einer sogenannten Seed-Phrase versehen. Dabei handelt es sich um eine Abfolge von meist zwölf bis 24 Wörtern. Selbst wenn das Wallet zerstört wird, können die darauf befindlichen Daten mit der Seed-Phrase wie- derhergestellt werden; ohne Seed hingegen kommen die privaten Schlüssel und damit das virtuelle Geld nicht von der Wallet runter. Zersägte Metallplatten Im Plan von DLC wird nun diese Seed-Phrase auf eine unverwüstliche Metallplatte graviert. Dabei ver- tauscht man am besten einzelne Wörter – welche, das muss entweder testamentarisch notiert oder im Kopf behalten werden. Die gravierte Metallplatte wird darauf hin in meh- rere Teile zersägt. Diese werden von ausgewählten Personen der Familie in Bankfächern verwahrt. „Diese Personen sollten aus Sicherheits- gründen erstens nie gemeinsam ein Verkehrsmittel benutzen, zweitens ist es sinnvoll, wenn sie jeweils unter- schiedlichen Generationen ange- hören“, so Hildebrandt. Bei der wei- teren Ausgestaltung der Sicherheits- schritte könne man kreativ vorgehen – etwa bei der Frage, wer wie viel wissen dürfe. Im konkreten DLC-Beispiel wurde etwa dem jüngsten Mitglied, einem Jugend- lichen, der Zweck der Codeaufbewahrung nicht verraten. Es gebe zwar „Krypto-Custodians“ die ein- fache Verwahrlösungen anbieten – etwa die Börse Stuttgart. Diese seien aber in der Regel teuer oder nicht passgenau. „Bei höheren Beträgen ist eine individuelle Lösung sinnvoll, weil man so auf Vorgaben wie die Handels- frequenz eingehen kann“, so Hildebrandt. Das relativ aufwendige Vorgehen sei vor allem für Buy-and-Hold-Strategien gedacht. Immer mehr Family Offices würden Krypto- Assets in der Vermögensallokation berück- sichtigen. Sie wollen damit nicht zocken, son- dern im Sinne der Diversifikation auch in diese Assetklasse investieren. Generell sollte aber jeder Anlageberater die Verwahrthematik ansprechen, sagt Hildebrandt. Die erste Emp- fehlung sollte dabei immer lauten, das vir- tuelle Geld nicht auf einer Krypto-Börse lie- gen zu lassen, denn diese Handelsplätze werden vergleichsweise oft gehackt, das Geld ist dann weg. Ein weiterer wichtiger Rat: „Die Seed-Phrase nie in den Computer eintippen, weil eine Schadsoftware mitlesen kann“, so Hildebrandt. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Ein deutsches Start-up hat ein interessantes Konzept zur Verwahrung von Kryptowährungen entwickelt, das insbesondere Family Offices ansprechen soll. Graviert, zersägt, vertauscht An den Schatz kommt nur, wer die Karte richtig zusammensetzt. Family Offices vertrauen bei der Aufbewahrung von Bitcoins dieser alten Methode. » Die auserwählten Personen sollten erstens nie gemeinsam ein Verkehrsmittel benutzen. Und zweitens ist es sinnvoll, wenn sie jeweils unterschiedlichen Generationen angehören. « Dr. Sven Hildebrandt, DLC 256 www.fondsprofessionell.at | 3/2019 steuer & recht I kryptowährungen

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