FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

durchaus beobachten, dass die Nachfrage sich extrem in diese Richtung orientieren wird, ob das nun freiwillig oder gezwungenermaßen oder aus einem der Regulierung vorauseilenden Gehorsam geschieht. Sauren: Für mich steht außer Frage, das sich jede Fondsgesellschaft mit dem Thema wird beschäftigen müssen. Und wenn man genau hinschaut, dann tun es im Grunde alle schon jetzt. Das sagt mir, dass wir vielleicht noch darüber diskutieren können, wie weit die Bran- che oder ihre einzelnen Teilnehmer in dieser Hinsicht schon fortgeschritten sind, aber nicht mehr, ob entsprechende ESG-Kriterien in die Prozesse implementiert werden oder nicht. Denn das ist im Grunde schon heute Fakt. Richter: Genau aus diesem Grund müssten Sie als Dachfondsmanager es doch eigentlich begrü- ßen, wenn die Unternehmen, in die Sie investie- ren, sprich: die einzelnen Fondsgesellschaften, auch künftig frei entscheiden können, was sie für nachhaltig erachten oder nicht. Denn die Alternative wäre doch, dass die Branche über- reguliert wird beim Thema Nachhaltigkeit – oder möchten Sie von einem Gremium in Brüssel oder Berlin so enge Vorgaben vorgesetzt be- kommen, die Ihnen exakt vorschreiben, worin Ihre Anleger künftig nur noch inves- tieren dürfen? Wenn es so käme, dann wäre aus meiner Sicht eine rote Linie über- schritten. Für einen Dachfondsmanager wür- de das im Extrem bedeuten, dass er, statt Fonds zu selektieren, besser viele Com- pliance Officer einstellt, die abhaken, wel- cher Fonds in wie viele Unternehmen gemäß der Vorgaben investiert. Das stünde der treuhänderischen Pflicht von Asset Managern diametral entgegen. Deshalb plädiere ich dafür, dass die Wahlfreiheit, die wir in unserer Branche heute haben, bei der der einzelne Manager entscheidet, welches Unternehmen aus seiner Sicht nachhaltig agiert und welches nicht, auch künftig erhal- ten bleibt. Auch wenn oder gerade weil damit natürlich Interpretationsspielraum bestehen bleibt. Sauren: Diese Wahlfreiheit würden wir durchaus begrüßen. Aber gerade weil sich alle Marktteilnehmer mit dem ESG-Thema auseinandersetzen müssen, sind wir davon überzeugt, dass wir mit unserem qualitativ geprägten Scoring-Ansatz, den wir jetzt in den Markt hineinbringen, eine extrem inter- essante Idee verfolgen, die absolut neuartig ist. Denn eine solche qualitative Analyse der Investmentprozesse von Fondsgesellschaften unter gleichzeitiger Einbeziehung von ESG-Kri- terien gibt es doch im Grunde bisher nicht im Markt. Und es wird auch künftig nur wenige Dienstleister geben, die das können, weil man dafür einen guten direkten Zugang zu den jewei- ligen Fondsmanagern braucht. Aus diesem Grund sind wir eigentlich davon überzeugt, dass wir künftig eine wichtige Rolle gerade auch in Bezug auf die neue ESG-Orientierung des Marktes spielen können. Heuser: An der Stelle würde ich gern Herrn Mayer hören. Ihre Gesellschaft gehört zu den Skeptikern, was die bei anderen spürbare Begeisterung für das ESG-Thema angeht. Mayer: Ich kann natürlich grundsätzlich nicht über Firmenpolitik sprechen, dazu müssten Sie die beiden Namensgeber der Firma ansprechen. Dass Nachhaltigkeit in der Geldanlage für jeden Marktteilnehmer zu einem wichtigen Thema wird, steht auch aus unserer Sicht fest. Die Frage ist nur, wie man als Asset Manager dieses The- ma angeht. Bisher ist unsere Haltung, so weit wir das nach außen kommuniziert haben, dass wir uns auch künftig selbst um nachhaltiges Investieren kümmern wollen. Für uns war es schon immer wichtig, langfristig zu investieren. Deshalb stand für uns das Thema Governance stets im Vordergrund. Aber wir sind eben skep- tisch, wenn Regierungen oder EU-Behörden versuchen, Klimaziele durch Investitionslenkung zu erreichen. Und solange das nicht als harte Vorschrift formuliert ist, wollen wir uns diesem politischen Spiel nicht kampflos fügen, ganz einfach weil wir nicht bereit sind, einen damit verbundenen Performanceverlust hinzunehmen. Wenn es zu einer harten Vorschrift werden sollte, müssten natürlich auch wir irgendwie damit leben. Aber es kann meiner Ansicht nach eben nicht unsere Aufgabe sein, sozusagen den Job der Politik zu erledigen, indem wir für deren Versagen geradestehen. Heuser: Die Frage ist, ob es durch die Inte- gration von ESG-Kriterien unweigerlich zu einem Performanceverlust kommen muss. Mayer: Wenn ich eines gelernt habe in meiner theoretischen Ausbildung wie auch meiner prak- tischen Arbeit als Ökonom, dann den folgenden Satz: „There is no free lunch!“ Wenn ich einen Rohstoff bepreise, dann entstehen daraus Auf- wendungen in Form von Kosten welcher Art auch immer. Bisher war der Ausstoß von CO 2 sozusagen kostenfrei. Ein Unternehmen konnte Kohlendioxid in die Luft blasen, ohne dafür auf der Kostenseite belastet zu werden. Aber man muss den Menschen eben auch reinen Wein ein- schenken, mit welchen Auswirkungen sich das demnächst ändern wird. Denn natürlich wird es einen Einfluss auf die Wertschöpfung unserer Volkswirtschaft haben, wenn wir mit diesen Klimaschutzzielen so umgehen, wie wir das tun, nämlich indem wir sie ineffizient erreichen, durch Investitionslenkung, durch falsche sowie kleinteilige Vorschriften und durch ein völlig ineffektives Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wenn wir es mit einer solchen öffentlichen Governance zu tun haben, dann wird das unweigerlich dazu führen, dass das Rating unseres Investitions- standorts hier in Europa herabgesetzt wird. Der Thomas Richter (BVI): „ESG-Aspekte sollen durchgängig und sektorübergreifend Eingang in den Anlage- und Risikomanagementprozess finden.“ 200 www.fondsprofessionell.at | 3/2019 roundtable I nachhaltiges investieren I esg Fotos: © Jose Poblete » Nachhaltigkeit ist schon deshalb kein Trend mehr, weil die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten wie gesagt demnächst auf unter- schiedlichen Ebenen gesetzlich vorgeschrieben sein wird. « Thomas Richter, BVI

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