FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2019

die Vermietungsphase wird oft geschummelt, um eine schöne Rendite darzustellen. Des- wegen rechnen die Kunden und ihre Steuer- berater die Projekte häufiger nach als früher. Wie kann ein Berater nachvollziehen, ob eine Kalkulation sauber ist? Man kann erkennen, wenn die Kalkulationen nicht vollständig und transparent sind und bei den Berechnungen optimistische Annahmen durch zu hohe Mietansätze oder zu geringe Bewirtschaftungskosten getroffen wurden. Daher muss sich der Berater mit der Immo- bilie und mit den Unterlagen beschäftigen. Es ist unbestritten, dass die Mieten in den vergangenen Jahren gestiegen sind! Ja, aber bei geförderten Projekten ist die Mie- te begrenzt. Das Problem ist, dass die Mieter- wartung oft zu hoch indexiert wird und für die Zeit nach der Förderung zu hoch angesetzt ist. Wenn man vorsichtig kalkuliert und alle Kos- ten berücksichtigt, gibt es keine Probleme. Wie hoch sind die laufenden Kosten? Es müssen zehn bis zwölf Prozent der Netto- miete für Kosten und Rücklagen kalkuliert werden. Zu hinterfragen sind aus Anlegersicht auch etwaige Investorenbetreuungshonorare und Geschäftsführungskosten. Außerdem ver- langen Projektentwickler mit eigenen Haus- verwaltungen teilweise hohe Zusatzhonorare, wenn sie Reparaturen in Auftrag geben und überwachen. Das sollte aber eine Dienstleis- tung an den Anleger und kein Körberlgeld für den Entwickler sein. Deshalb sollte sich jeder Berater die Kalkulationen und Verträge vom Anbieter erklären lassen und das Projekt, auch wenn die Immobilie später in der Vermietung ist, kritisch begleiten. Jeder, der nicht exklusiv für einen Anbieter arbeitet, kann kritische Fragen stellen und sollte das tun! Der Berater steckt doch in einem Dilem- ma: Die Anbieter sind gewieft und ver- kaufen sich gut. Wie kommt man dahin- ter, was nur geschicktes Marketing ist? Vermögensberater, die sich viele Jahre mit Im- mobilien auseinandersetzen, wissen, worauf sie achten müssen. Ein Bauherrenmodell ist anders als eine Vorsorgewohnung sehr trans- parent, man muss sich nur mit den Unterlagen beschäftigen. Leider sind Immobilien in der Vermögensberaterausbildung ein Stiefkind. Apropos Exklusivität: Hat diese für die Vertriebspartner nicht gerade jetzt den Vorteil, den Kunden laufend etwas anbieten zu können, während andere Berater Produkte suchen müssen? Das stimmt. Das System funktioniert aber nur, solange Sie Produkte bekommen, die Sie und Ihre Kunden haben wollen und solange Sie keine kritischen Fragen stellen. Außerdem än- dert die Exklusivität nichts daran, dass die Vertriebspartner ewig auf ihre Provision war- ten, wenn ein Produkt lang im Vertrieb ist. Sind Berater nicht kritischer geworden, seit sie von den Stellschrauben der Kal- kulation zumindest schon gehört haben? Viele Berater sind vorsichtiger geworden. Ich kenne keinen, dem es egal ist, wie ein Projekt gerechnet wurde. Das Geschäft ist für viele wichtig, hat sich aber verändert. Daher könnte noch tiefgehender nachgefragt werden. Wie hat sich der Vertrieb bei den Bau- herrenmodellen generell entwickelt? Ste- hen die Provisionen wegen der hohen Immobilienpreise ebenfalls unter Druck? Es gibt weniger Vermögensberater, die Bau- herrenmodelle anbieten, weil es aufwendig und ein beratungsintensives Produkt ist. Des- halb sind die Provisionen gleich geblieben. 3,5 bis vier Prozent sind im Markt üblich, zusätzlich sind Bonifikationen möglich. Lassen sich Vorsorgewohnungen nicht viel einfacher verkaufen? Die Unterlagen sind nicht so umfangreich, und die Beratung ist nicht so intensiv. Es handelt sich aber um ein ganz anderes Produkt, das Kunden anspricht, die exakt eine Wohnung kaufen und dabei auch nicht Steuern sparen wollen. Allerdings sind die Preise inzwischen sehr hoch. Bauherrenmodelle sind hingegen kein Massenprodukt, sondern nur für unter- nehmerisch denkende Investoren geeignet, die auch einen steuerlichen Nutzen sehen. Vielen Dank für das Gespräch. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Mag. Wolfgang Stabauer: „Man kann erkennen, wenn die Kalkulationen nicht vollständig und transparent sind und bei den Berechnungen optimistische Annahmen durch zu hohe Mietansätze oder zu geringe Kosten getroffen wurden.“ » Wenn man vorsichtig kalkuliert und alle Kosten berücksichtigt, gibt es keine Probleme. « Mag. Wolfgang Stabauer, Öko-Wohnbau Foto: © Günter Menzl Mag. Wolfgang Stabauer Wolfgang Stabauer ist geschäftsführender Gesell- schafter der Öko-Wohnbau GmbH in Linz, die auf den Vertrieb von Immobilieninvestments spezialisiert ist. Das Unternehmen arbeitet bei Bauherrenmodellen vornehmlich mit dem Projektentwickler Silver Living zusammen, der in Österreich Marktführer im Bereich „Betreutes Wohnen“ ist. Stabauer ist seit 1987 selbst- ständiger Vermögensberater. Mit seiner früheren Firma Stabauer Dialog Consulting hat er mehr als 20 Jahre die Bauherrenmodelle der IFA AG verkauft. sachwerte I wolfgang stabauer | öko-wohnbau 152 www.fondsprofessionell.at | 3/2019

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