FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019
der höheren Erstattung“, so Kumer. Ob Fondsgesellschaften dies in Österreich wirk- lich ungenutzt lassen, darauf geht sie nicht ein. Sie gibt aber zu bedenken, dass Refundierun- gen wohl in manchen Ländern „eher geringe Erfolgsaussichten“ haben. Wtax-Mann Stevens nennt hier Italien, das „uns in den vergangenen fünf Jahren keinen Cent zurückbezahlt hat“. Dennoch lohne sich der Weg, sagt Stevens, dessen Unternehmen von dem lebt, was andere liegen lassen: Im Schnitt hole Wtax, das 3.800 Fonds serviciere, pro Auftrag 800.000 Euro zurück – nachdem Steuerberater oder Depotbanken bereits Rück- erstattungen auf DBA-Basis erzielt haben. Quellensteuern würden auch von Profis vollkommen unterschätzt. „Wir betreuen euro- paweit Family Offices, die nicht einmal Ansprüche auf DBA-Basis erhoben haben“, sagt Stevens. Und was die noch komplexere EuGH-Variante betrifft: Diese würden selbst größere KAGs oft vermeiden. Schätzungen für Österreich will Stevens nicht anstellen. Er nennt aber einen plausibel erscheinenden Grund, warum diese Option gescheut wird: „Man muss bei jedem Fonds begründen, auf welcher EuGH-Judikatur der Antrag basiert. Macht man Fehler, könnte das die Behörde imAntragsland als Versuch zum Steuerbetrug auslegen. Daher gehen oft auch große Gesell- schaften nur dort in die EuGH-Erstattung, wo sie sich absolut sicher sind“, so Stevens. KAG: „Fordern, wo sinnvoll“ Die großen Verwaltungsgesellschaften in Österreich antworten zurückhaltend auf die Frage nach EuGH-Anträgen. Erste Asset Management, Amundi Austria und Raiffeisen KAG sagen, sie versuchen eher, diskriminie- rende Steuern gleich an der Quelle zu vermei- den. Das ist im Zusammenspiel mit der Lagerstelle in einigen Ländern möglich und sinnvoller als Rückforde- rungen, deren Erfolg ungewiss ist, wie es bei KPMG heißt. Die Raiffeisen KAG stellt echte EuGH-Rückholanträ- ge dort, „wo rechtlich möglich und für den Kunden ökonomisch sinnvoll“. Bei KPMG relativiert man die Wtax-Sicht, wonach „EuGH-Beträge“ zu Unrecht nicht zurückgefordert wer- den. Der Zusatznutzen, den man über die individuelle DBA-Erstattung hin- aus erzielen kann, sei wohl angesichts des Aufwands oft eher klein, sagt KPMG-Experte Alexander Cserny. Immerhin aber, so Cserny, kämen durch die Rückforderung auf Fondsbasis die Anleger, die selbst keine Anträge stellen, zu- mindest in den Ländern, die EuGH-Erstat- tungen erlauben, zu ihrem Geld. Wtax sieht hierzulande jedenfalls große Spielräume und hat nach Eigenangaben bei einigen Kunden angedockt. EuGH-Anträge können die Fonds laut Wtax-Mann Stevens derzeit in acht Ländern stellen: in Deutsch- land, Frankreich, Italien, Schweden, Spanien, Dänemark, Polen und Finnland. Was kann der Berater tun? Als Vermögensberater solle man im Kun- deninteresse bei der Fondsgesellschaft „aktiv hinterfragen, welche Rückholungswege ange- strebt wurden“, sagt Stevens. Wtax kooperiere mit Fondsgesellschaften, Depotstellen, Asset Managern, aber auch mit Fondshüllenanbietern. Eine Schweizer Hül- lenplattform arbeite etwa gerade an einem auf der Homepage integrierten Widget, über das Kunden Quellensteuern berechnen und Rück- forderungsaufträge für ihren Bestand abgeben können. Kleinere Einzelanleger seien hinge- gen bei Wtax vorerst kein Thema. Zumindest so lange der Prozess auf Behördenebene nicht digitalisiert ist: Wtax, eine Tochter des in Süd- afrika gegründeten globalen Steuerrückholers VAT IT, sieht sich selbst als IT-Anbieter, der die Daten auf Basis von künstlicher Intelli- genz verarbeitet. Doch spätestens beim Kon- takt mit den Finanzämtern ist Schluss mit digital. „Die Behörden verlangen alles in Papierform“, so Stevens. Im Unterschied dazu könne etwa die Umsatzsteuer vollautomatisch rückgefordert werden. EU: „Größtes Hindernis“ Die EU-Kommission hat Ende 2017 in einem „Code of Conduct“ Quellensteuern als das größte Hindernis für den freien Kapital- verkehr bezeichnet. Von den Staaten wird darin auch mehr Digitalisierung gefordert. Kommissionsberater Fähndrich betont, dass sich seither die Rückerstattungszeiten verbes- sert hätten. Und es gebe fast überall die ge- forderten Anlaufstellen. Aber am Ende könne man den Staaten in Steuerfragen nichts vorschreiben. In den kommen- den Monaten soll ein Fortschrittsbe- richt neue Anhaltspunkte liefern, so Fähndrich. Dann sind wieder die Staa- ten am Zug – natürlich freiwillig. VÖIG-Steuerexperte Thomas Zibuschka gibt sich hoffnungsvoll. Staaten wie Frankreich oder Deutsch- land hätten bereits ihre Fondsbesteue- rung diskriminierungsfrei ausgerichtet. Rückerstattungsanträge können dort meist entfallen. Andere, etwa Schwe- den oder Spanien, zeigen immerhin „Tendenzen, ihre Rechtsordnungen anzupassen“, so Zibuschka. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Foto: © Wtax Ein weltweites Ärgernis Liegengelassene Quellensteuern in ausgewählten Ländern 2017 Die Verluste, die Anleger weltweit erleiden, sind enorm. Darüber freuen sich die jeweiligen Finanzminister im Quellenstaat. Quelle: Goalgroup 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 Niederlande Frankreich Italien Deutschland Japan Schweiz Luxemburg Großbritannien USA Mio. USD 3.509 Mio. USD 460 Mio. USD 561 Mio. USD Nicht zurückgeforderte Quellensteuern (2017) » Fehler könnte die Steuer- behörde als Versuch zum Steuer- betrug auslegen. Daher gehen oft auch große Gesellschaften nur dort in die EuGH-Rückerstattung, wo sie sich absolut sicher sind. « Ian Stevens, Wtax Wtax-Regionaldirektor Ian Stevens sagt, man sollte hinter- fragen, ob der Fonds Rückholungen angestrebt hat. 232 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 steuer & recht I quellensteuer
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